AW: Unverständnis und Fragen....
Guten Morgen Ihr lieben Seelen,
bei uns gibt es keine neuen Nachrichten. Nachdem Mama am Samstag einen unglaublich wachen und guten und klaren Tag hatte, nach Aussage der Schwestern die ganze Nacht von Samstag auf Sonntag mit den Nachtschwestern erzählt hat und "wie früher war", hat sie gestern nur geschlafen.
Den ganzen Tag. Ich bin bis heute nacht im Krankenhaus geblieben, bis ich mich überzeugt hatte, dass sie ruhig schläft und keine Atemnot hat. Die Bronchitis plagt sie so ungemein, das Abhusten des Schleims ist furchtbar mühsam.
Aber sie kann nicht mehr aufstehen, die Beine knicken weg, weil sie zu schwach ist.
Seit vier Tagen hat sie nichts mehr gegessen, nur ab und an ein bisschen Eis, das war es. Ich kümmere mich heute noch um Fresubin, vielleicht bringt das ein bisschen Kraft zurück. Trinken hingegen tut sie gut. Aber sie ist unglaublich schwach.
Die Nachtschwestern, die in der letzten Woche Dienst hatten, sind unheimlich lieb und nett gewesen, ab heute gilt nun ein neuer Plan.
Ich hab mich heute nacht von der einen verabschiedet, denn sie hat jetzt eine Woche frei und die sagte zu mir "wie schade, dass wir uns wahrscheinlich nicht mehr sehen, Sie sind mir richtig ans Herz gewachsen". Das war dann wieder so ein Hammerschlag.
Im Grunde weiss ich es, aber trotzdem hoffe ich noch auf irgendein Wunder.
Ich weiss nicht, wo das herkommen soll, aber auf der einen Seite bin ich sehr klar und realistisch, auf der anderen Seite denke ich "ich kann doch nicht leben ohne meine Mama", darum wird sie auch noch nicht gehen.
Heute habe ich einen schlimmen Tag, vor allem schläft man nicht mehr, weil man immer denkt, sofort wach sein, wenn das Telefon klingelt. Ganz schlimm ist es mit an- und ausziehen. Damit habe Mühe, weil es mir so ein Gefühl gibt von "ich brauche noch 10 Minuten länger, um im Notfall loszukommen".
Trotzdem bin ich nach wie vor sehr dankbar, dass Mama keine Schmerzen hat. Einzig das Husten belastet.
Wenn sie schläft, dann sieht sie toll aus, ganz entspannt. Und wenn man dann bei ihr ist und nicht redet, dann scheint sie das auch zu geniessen. Einfach, dass jemand da ist.
Meine Mama, die, die ich so über alles in der Welt liebe. Obwohl ich keine Fragen nach dem Warum stellen will, so muss man doch vieles ertragen im Leben.
Ich bin so furchtbar traurig.
Eure Thessa
__________________
Meine Mutter, ED 03/08 Adenokarzinom nicht operabel; T4N3M0.
Chemokonzept: seit 03/08 Carboplatin/ Vinorelbine, Umstellung aufgrund von Versagen von Carboplatin auf Taxotere am 22.07.08. Letzte Chemo am 27.11.08 - nun watch and wait. 
14.01.: Lunge fast tumorfrei, multiple Hirnmetastasen, 10 Ganzhirnbestrahlungen ab dem 22.01.
 am 09.02.2009 in unseren Armen eingeschlafen 
1946 - 2009
|