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Alt 05.07.2009, 23:47
Thessa76 Thessa76 ist offline
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Standard AW: Meine Mama: nichts ist mehr wie es mal war. Und die Welt steht still.

Guten Abend, Ihr Lieben,

seit so langer Zeit die ersten Zeilen. Leicht fallen sie nicht.

Meine geliebte Mama,
nun sind es fast schon 5 Monate ohne Dich. Zeit, die so schnell und gleichzeitig so quälend langsam vergeht. Es ist kaum auszuhalten.
Wie einige andere, so frage ich mich, hätten wir eine Chance gehabt, warum habe ich nicht an Weihnachten sofort geschaltet, hätte das etwas geändert?
Aber umso mehr realisiere ich immer, immer, immer mehr, dass Du niemals wieder kommst, dass ich Dich niemals wieder sehe, bis zu dem Tag, an dem ich über die Brücke gehen werde.
Erahnst Du, wie sehr Du fehlst? Weisst Du, wie sehr wir alle Dich mit jeder Herzensfaser vermissen? Kannst Du sehen, wie schlecht es Deiner Mutter geht? Wir kümmern uns, aber sie ist ein gebrochener Mensch. An meinem Geburtstag, einem weiteren ganz schlimmen Tag, hat sie versucht, Deinen Platz einzunehmen und mir den Tag aus der Ferne so zu gestaltetn, wie Du es immer gemacht hast - im selben Moment erkennend, dass sie schonungslos scheitern muss, was sie noch trauriger gemacht hat.
Papa ist am Boden, im Moment ziemlich heftig - und dass nach einer Scheidung, die 10 Jahre her ist. Wie oft hast Du gesagt, Du würdest Dir den Weg zurück wünschen. Mama, er liebt Dich und hat Dich immer geliebt. Siehst Du das von dort, wo Du jetzt bist? Macht Dich ein bisschen glücklich dort, an Deinem neuen Zuhause?
Ich hatte jetzt ein paar gute Tage, war abgelenkt und seit ewigen Zeiten mal wieder in NY. Es war schön, eindrücklich und vor allem mit G. hatte ich eine gute Zeit. Aber so oft habe ich gedacht: wie gerne würde ich das mit Dir erleben. Wie gerne würde ich Dich unterhaken?
Gerade beim Schreiben rieche ich Deinen Duft in meiner Nase. Ich möchte Dich wieder hier, Mamilein. Ich möchte, dass Du hier bist, dass Du gesund bist. Weil wir alle doch noch so sehr Deine Kinder sind. Und wir eine Mutter haben sollen.
Ich brauche Dich. Und ich weiss nicht, wie dieser Schmerz mal aufhören soll. Es blutet ununterbrochen. Mehr als ganz leichter Schorf geht nicht. Ständig platzt alles wieder auf und blutet neu.
Ich liebe Dich so sehr. Und wie ich es verstehen soll, dass Du so viele Dinge nicht mehr erleben darfst, das weiss ich nicht.

Ich bin so traurig, Mama.

Jetzt geh ich erstmal ins Bett.

und allen anderen schreibe ich morgen!

Liebe Grüsse,

Eure Thessa
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Meine Mutter, ED 03/08 Adenokarzinom nicht operabel; T4N3M0.
Chemokonzept: seit 03/08 Carboplatin/ Vinorelbine, Umstellung aufgrund von Versagen von Carboplatin auf Taxotere am 22.07.08. Letzte Chemo am 27.11.08 - nun watch and wait.
14.01.: Lunge fast tumorfrei, multiple Hirnmetastasen, 10 Ganzhirnbestrahlungen ab dem 22.01.
am 09.02.2009 in unseren Armen eingeschlafen
1946 - 2009
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