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Alt 11.08.2010, 23:09
Superfrog Superfrog ist offline
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Standard AW: Erfahrungen einer Angehörigen

Hallo, habe mich gerade hier angemeldet. Wenn der Beitrag hier nicht richtig aufgehoben ist, bitte verschieben.

Ich wollte mal meine erlebte Situation schildern, welchen Gang meine am 07.08.2010 verstorbene Mutter durchschritt. Ich kann nicht warten, obwohl es noch ganz frisch ist, aber ich muss es mir von der Seele schreiben.

Meine Mutter klagte über Oberbauchschmerzen die sie soweit trieben bis sie den Gang ins Krankenhaus an trat. Erkannt wurde BSDK Ende September 09. Dabei wurden auch Metastasen in beiden Leberlappen festgestellt.
Meine Mutter bestritt im Laufe der Zeit mehr oder weniger gut 18 Chemos mit Gemcitabin + Erlotinib, die den Tumor und die Metas laut CT´s etwas verkleinerten. Am 09.05.10( Gewicht verloren, von 78 kg auf 58 kg) stellte sich braunes Erbrechen ein. Es erfolgte eine Einweisung auf die onkologische Station. Dort wurden die üblichen Untersuchungen wie Ultraschall, Magenspiegelung, Kontrast-Untersuchung usw. durchgeführt.

Ergebnis: mehrere Verschlussstellen im Dickdarm.

Der Tumor war trotz 18 Chemos in den Dickdarm eingewachsen und hat Metastasen in den Zwölffingerdarm abgelegt.

Am 21.05. erste OP, dabei wurden 30 cm Dick-und Dünndarm entfernt. Es wurde ein künstlicher Dickdarm gelegt.
3 Tage später, am 24.05 war braunes Sekret im Ablaufbeutel erkennbar.

Notoperation da Stuhlgang in den Magen läuft. Beim ersten mal war genäht wurden, das Fleisch starb ab und somit löste sich die Naht. Es sollte diesmal besser werden. Es wurde diesmal geklammert und zwar doppelt.
Aus der zweiten OP wieder hoch auf Station. Die halbe Belegschaft der Krankenschwestern hat kein Pfifferling mehr auf meine Mutter gegeben das sie lebend den Operationssaal verlässt.

Das sollte es aber noch nicht gewesen sein

. Wieder 3 Tage später wurde braunes Sekret entdeckt. Runter in den OP Saal. Die klammern lösten sich.
Meine Mutter sprach ein Gebet vor dem dritten Eingriff. Die letzten 2 OP´s hatten ihr die ganze Kraft geraubt. 45 kg hatte sie zu dem Zeitpunkt auf der Waage.

Der Arzt entschied sich bei der dritten OP keine Naht mehr zu setzen sondern direkt einen Dünndarmausgang zu legen. Der Dickdarm war inaktiv.

Meine Mutter, hat gekämpft wie eine Löwin. Sie überstand auch die dritte.
Diesmal gab es keine Komplikationen.

Ergebnis. 3 Operationen innerhalb von 7 Tagen. Dickdarmausgang zu(Stomakappe-Blindstoppen)
Dünndarmausgang aktiv

Die Lage normalisierte sich wieder etwas. Sie bekam anfangs Trinknahrung über Vene und langsam an den Dünndarm angepasste leichte Kost.

Wir Kinder waren jeden Tag bei ihr. Gleichzeitig bereiteten wir einen Umzug vor, da sie nicht mehr in die 3.Etage kommen würde. Neue Wohnung gabs nur 1. Etage.

Meiner Mutter wurde dann ein Rehaplatz zugewiesen. 5 Wochen Reha. Dort konnte sie nicht viel machen. Der Tumor strahlte auf Bauch und Rücken aus. Somit konnte man eigentlich nicht viel mit ihr machen außer leichte Sportübungen im Bett. In der Reha bekam sie auch einen Port gelegt der die lästige Armstecherei ersetzte. Die Venen waren schon ganz hart und teilweise trocken.

Am 27. 07.10 war es endlich soweit. Wir Kinder erwarteten unsere Mutter zuhause, diesmal in ihrer neuen Wohnung. Sie war so glücklich darüber. Sie hat sich wahnsinnig gefreut wieder daheim zu sein und ihre neue Wohnung zu genießen.

Es wurde ein Pflegeteam beauftragt der den Stoma und Portwechsel durchführte und ihr die Trinknahrung anschloss.
Am 03.08.10 hatte sie eine wahnsinnig schmerzhafte Nacht durchlebt. Sie schrie vor Schmerzen. Konnte nicht liegen, da dass Pflegebett mit Weichlagerungsmatratze noch nicht da war. Auch Morphiumpflaster die sie seit der Reha zusätzlich zu den anderen Schmerzmitteln bekam half da nicht. Sie erbroch Galle und Stuhl.

Es wurde ein Palliativteam hinzu gezogen die meiner Mutter eine Schmerzpumpe verpassten und das Erbrechen reduzierten. Die Schmerzen waren weg. Sie war erleichtert. Gleichzeitig bemerkten wir das der Stomabeutel vom Dünndarm, den sie sonst 2-3 mal am Tag leerte, immer weniger absonderte bis er am 05.08. total trocken war. In den Beutel kam nichts mehr, dafür erbrach sie umso mehr Galle und Stuhlgang.
Palliativteam machte Ultraschall zuhause.

Der Krebs drückte also den Dünndarm entweder ab oder war auch dort eingewachsen.

Das Erbrechen wurde durch andere Medikamente weiter reduziert. Es half nichts mehr.

Meine Mutter wurde nur 57 Jahre und schlief am Samstag den 07.08.10 um 08.00 zuhause in meinen Armen ein. Endlich erlöst von Op´s und Schmerzen. Sie hatte seit dem 09.05.10 keine Chemo mehr bekommen. Sie wollte auch keine mehr.

Mein Dank geht hier ausdrücklich an das Palliativteam die meiner Mutter die Schmerzen nahmen und somit auch vom fast 10 Monate langen Kampf erlösten.


Allen die Bauchspeicheldrüsenkrebs haben wünsche ich viel Kraft, Mut und Durchhaltevermögen.

Noch eine Schlussbemerkung von mir. Ich weiß wie es ist, wenn man aus heiterem Himmel mit diesem sehr aggressiven Krebs konfrontiert wird und jede Internetseite Tag und Nacht nach Informationen durchwühlt und BSDK-Broschüren liest.
Ich habe keine Verwendung mehr dafür. Ich muss leider den letzten Gang für meine Mutter organisieren.
Ich biete aber an, einem Betroffenem der erst jetzt von seiner schrecklichen Krankheit erfahren hat, oder dem Angehörigen, diese Broschüren und Ernährungscd´s kostenlos zu übersenden damit er sich informieren kann und nicht ohne was da steht. Porto geht auf mich. Das ist es mir wert. Einfach eine Boardmail an mich, der erste der sich meldet bekommt sie.

Viel Glück! Ein trauender Angehöriger!

Geändert von Superfrog (11.08.2010 um 23:22 Uhr)
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