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Alt 18.08.2010, 16:05
yagosaga yagosaga ist offline
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Standard AW: Kleinzeller mit Fernmetastasen

Hallo Reinhard,

es ist sicher in uns allen tief der Wunsch verwurzelt, dass ein Verbrecher zur Rechenschaft gezogen wird, dass er wenigstens mit den Folgen seiner Taten für seine Opfer konfrontiert wird. Dafür gibt es weltliche Gerichte. Aber es gehört auch mit zu den erschütternden Einsichten, dass viele Mörder gar nicht vor Gericht gestellt werden oder werden können, weil man sie nicht findet oder weil sie durch geschicktes politisches Taktieren sich herausziehen. In diesem Sinne ist das Triumphieren gemeint, und nicht umsonst wird im Zusammenhang von Gnadengesuchen ja immer wieder geschaut, ob der Mörder Reue zeigt.

Wenn nach religiöser Überzeugung jedes Leben Gott unendlich viel wert ist, dann kann es ihm nicht gleichgültig sein, wenn ein Mörder ein Leben zerstört und dann am Ende "heil" davon kommt. Sowohl die vielen religiösen Überzeugungen von einem jüngsten Gericht oder einem Weltgericht als auch die Erfahrungen der "Lebensrückschau" in Nahtoderfahrungen legen nahe, dass das Leben eines jeden Menschen noch einmal gesichtet und beurteilt wird. Und das finde ich sehr wichtig. Karl Zuckmeyer beschreibt das anschaulich auf seine Weise:

[QUOTE]Der Schuster Wilhelm Voigt, der später als Hauptmann von Köpenick in die Geschichte einging, kam gerade von einer Beerdigung. Er erzählte seinem Schwager Hoprecht: "Vorhin - auf dem Friedhof - ... da habe ich sie gehört - da war sie ganz laut, ... die innere Stimme. Da hat sie gesprochen, du, und da ist alles totenstill geworden in der Welt, und da hab ich's vernommen: Mensch, hat sie gesagt - einmal geht jeder diesen Gang, du auch, hat sie gesagt. Und dann, dann stehst du vor Gott dem Vater, ... der alles gemacht hat, vor dem stehst du dann, und der fragt dich ins Gesicht: Wilhelm Voigt, was hast du gemacht mit deinem Leben? Und da muß ich sagen - Fußmatten, muß ich sagen. Die hab ich geflochten im Gefängnis, und dann sind sie alle drauf rumgetrampelt, muß ich sagen." [QUOTE]

Fußmatten im Gefängnis, das war dem Schuster Voigt zuwenig. Er wollte vor Gott nicht mit leeren Händen dastehen, er wollte sagen können: Schau her, das habe ich aus meinem Leben gemacht. Er wollte etwas vorzuweisen haben. Wenigstens eine ordentliche Arbeit wollte er nachgegangen sein. Um aber Arbeit zu bekommen, dazu brauchte er einen Paß. Den hatte er nicht. Und so ging er in die Pfandleihe und lieh sich einen Hauptmannsuniform aus, um dann als verkleideter Hauptmann das Köpenicker Rathaus zu besetzen.

Ich finde diese Episode aus dem Hauptmann von Köpenick so interessant, weil sie so auf natürliche Weise zeigt, wie der Gedanke an das jüngste Gericht eine unerwartete Kreativität freisetzt. Aber das andere gehört eben auch dazu: dass ein Mörder mit seinen Taten und ihrer Wirkung konfrontiert wird.

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Hallo Mary,

ja, die Granulozyten waren wieder besser, lagen bei 1700. Damit konnte es seit gestern weiter gehen mit der Chemo. Im Moment habe ich trotz Ondansetron, Emend, Kortison etc. doch eine leichte Übelkeit. Aber ich zähle jetzt schon die letzten Infusionen bis es vorbei ist. Heute war es die 27. und 30 werden es insgesamt.

Beste Grüße
Ecki