Einzelnen Beitrag anzeigen
  #312  
Alt 13.11.2010, 22:29
yagosaga yagosaga ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 29.04.2010
Ort: Braunschweig
Beiträge: 215
Standard AW: Kleinzeller mit Fernmetastasen

seit dem 4.11. bin ich im Krankenhaus mit einem Schwartz-Bartter-Syndrom (kurz auch SIADH oder ADH-Überschuss im Blut).

http://de.wikipedia.org/wiki/Schwartz-Bartter-Syndrom

In den Tagen zuvor erlebte ich einen schnell fortschreitenden Kräfteverlust, im Krankenhaus konnte ich mich nicht mehr auf den Beinen halten und wurde in den Rollstuhl gesetzt. Dazu kamen zunehmende Atembeschwerden sowie Verwirrtheit im Kopf. Im Krankenhaus fand man schnell heraus, dass der Natriumwert im Blutserum auf 109 MilliMol / l. gefallen war, weit unter die lebensbedrohliche Grenze von 120 mmol / Liter. (Normal 135 bis 150 mmol/l.); in der Facharztpraxis wurden wenige Stunden vorher sogar nur 104 MilliMol Na+ / l. im Blut nachgewiesen. Siehe auch:

http://de.wikipedia.org/wiki/Hyponatri%C3%A4mie

In diesen ersten Tagen dachte ich, es geht jetzt mit mir zu Ende. Ich stellte mir vor, wie diese Schwäche sich immer weiter ausbreitete bis ich schließlich an Schwäche sterbe. Ich empfand mich auch nicht mehr als vorzeigbar und bl,ockierte alle Anrufe und Besuche bis auf die engste Familie. Ich glaubte auch, dass ich nicht mehr lebend nach Hause zurückkomme. Zuerst bekam ich am Tag drei Flaschen Kochsalzlösung als Infusion, damit gelang es, den Wert auf 120 mmol / Liter anzuheben, danach wurde versucht, mit Kochsalztabletten den Wert weiter zu heben. Das gelang nicht. Er sank eine Woche lang wieder stetig, ich wurde wieder schwächer. Es wurde im Städtischen Krankenhaus am Freitag, 12.11. ein CT gemacht. (Dreimal stachen die Ärzte dort daneben, als sie mir einen Zugang für die Kontrastmittelinjektion legen wollten.) In der Leber sprießen die Metastasen wie Krokusse. Ich brauche so schnell wie möglich eine neue Chemo!!! Dazu muss ich aber fit sein und stark! Mit dieser Schwäche ist das nicht zu machen!

Dann grub der Chefarzt ein neues Medikament aus, dass es erst seit einem Jahr gibt, und das erfolgreich eingesetzt wurde, um die körpereigenen ADH-Rezetoren zu blocken, sogenannte Vasopressin-Antagonisten. Das Medikament heißt Samsca und enthält Tolvaptan. Das bekomme ich seit Donnerstag, und ich sprach darauf innerhalb von Stunden an, es kam zu einem steilen Natriumanstieg, der so heftig ausfiel, dass er seinerseits wieder Grund zur Sorge gab. Bei über 12 mmol/l. 24h besteht sozusagen die Gefahr eines "Kurzschlusses" im Stammhirn, wie sich mein Freund ausdrückte, mit 15 mmol/l. 24h war bei mir diese Grenze überschritten.

In der letzten Nacht (auf Samstag) hatte ich ein merkwürdiges Traumerlebnis. Ich sah mich selbst im Traum, wie die Sanies vom ASB, die mich mit dem Krankentransport brachten und im Rollstuhl durch die langen labyrinthartigen Gänge schoben. Dann in der CT-Abteilung, ein dunkler Raum, in dem die Radiologen vor den Monitoren und Bildschirmen saßen und die CT-Bilder auswerteten. Der CT-Raum nebenan, ein riesiges CT, in das ich hioneigeschoben wurde. Soweit alles ziemlich real, aber: Die Räume waren nach oben hin hallenartig erweitert, wie hohe Turnhallen oder eine Kathedrale. Als ich so zwischen vier und fünf Uhr morgens aus dem Traum aufwachte, hatte ich das Gefühl, es sei sehr hell im Raum. Ich sah mich um, dass es kein Dach, keine Decken mehr im Raum gab, das Licht von draußen schien einfach von oben ein. Beim genaueren Hinsehen sah ich, dass das in meinem Kopf war, nicht im Raum. Die Decke war ja immer noch da. Aber hinten im Schädel hatte sich ein kleines "Loch" gebildet, durch das "gleißend, helles Licht" einfiel, ein richtiger Strom von Licht, der von außen wie Wasser unter Hochdruck in mich hereinpresste. Noch genauer geguckt, und ich sah auch, dass anderes Licht aus mir von innen durch dieses Loch nach außen strömte. Es ist ein wunderschönes Gefühl, es ist die ganze Zeit da, auch jetzt, wo ich hier am Rechner sitze und diese Email schreibe. Ich hatte in der Klinik ein paar Stunden Urlaub zuhause erwirkt im Gespräch mit dem Chefarzt, und nachdem heute die Blutwerte gut waren, durfte ich heute mittag nach Hause. Morgen um 10 Uhr muss ich wieder im Krankenhaus auf der Matte stehen, da wird wieder Blut abgenommen und nach meinen Werten geguckt. Von meinem kleinen "Dachschaden" habe ich den Ärzten natürlich nichts erzählt, ich wollte ja nach Hause.

Heute mittag sind wir um zwei Uhr spazieren gegangen. Obwohl draußen ein grauer dunkler Novembertag mit grauer, verhangener Wolkendecke und Nieselregen war, genoss ich diese wunderbare Helle draußen und konnte gar nicht genug davon bekommen. Immer wenn ich (innerlich) auf diesen "Lichtstrom" gucke, werde ich total glücklich. Ich kann das kaum richtig beschreiben. Aber jetzt genug davon, mir war jetzt einfach mal wichtig, das festzuhalten und versuchen, in Worte zu fassen, damit es später nicht verloren geht.

Zitat:
Zitat von Monika Rasch Beitrag anzeigen
Weiss einer, wie es Ecki geht ?
Wenn er zuhause wäre, würde er doch sicher mal Piep sagen!?
Ich habe mal "Piep" gesagt (siehe oben). Ich bin noch einmal nach Hause zurückgekehrt.

In der Klinik habe ich kein Internet. Ich schreibe das nächste Mal, wenn ich wieder entlassen bin. Die wollen mich in der Klinik so schnell wie möglich wieder meinem behandelnden Arzt übergeben.

Beste Grüße
Ecki

Geändert von yagosaga (18.11.2010 um 16:17 Uhr) Grund: Ein paar Details ergänzt, Tippfehler korrigiert