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Alt 24.04.2004, 10:58
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Rudolf Rudolf ist offline
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Standard braucht der himmel so dringend engel?????

Liebe Silke,
Du meinst, daß Du nichts geben kannst, daß Du aber geben möchtest. Warum?
Ich schreibe nicht, weil ich etwas von Dir haben will. Sondern weil ich hoffe und wünsche, Dir ein wenig helfen zu können.
Als ich vor dreieinhalb Jahren die Diagnose Krebs bekam, haben viele gute Gedanken und Wünsche meiner Verwandten (Kinder usw.) und Freunde mich begleitet. Ich habe das gern und dankbar angenommen, ohne zu fragen, was kann ich dafür geben. Liebe ist ja kein Geschäft, wo der eine gibt und der andere bezahlt. Das schönste war, daß meine Lebensgefährtin mich fragte, warum wir eigentlich nicht heiraten. Sie wollte mich begleiten, im Leben und wenn es sein sollte auch im Sterben. Wir haben geheiratet. Ich habe das Leben gewählt, vorläufig. Aber das Leben ist immer vorläufig. Niemand weiß, wann und wodurch es zuende geht, auch nicht bei Krebs.
Wenn ich denn irgendwann auf die andere Seite hinüberwechseln werde, ist es mir wichtig, daß meine "Hinterbliebenen" im Leben bleiben, im doppelten Sinne des Wortes.
Und ich bin sicher, daß Deine liebe Mami sich genauso wünscht, daß Du zu Deinem eigenen Leben zurückfindest. Ich bin auch ganz sicher, daß sie bei all den Lieben ist, die vor ihr gegangen sind. Sie war ein Engel für Dich, und sie wird ein Engel bleiben. Ich stelle mir vor, daß sie Dir manche Wege ebnet. Vielleicht steckt ja sie dahinter, daß Du den Krebs-Kompass entdeckt hast. Vielleicht steckt sie dahinter, daß Du insbesondere mit Roswitha Kontakt bekommen hast. Vielleich steckt sie hinter dem "Zufall", daß ich ausnahmsweise mal in das "Forum für Hinterbliebene" geschaut habe. Denn eigentlich habe ich hier nichts zu suchen, ich bin Betroffener, fast geheilt, aus dem Bereich Nierenkrebs.
Jeder hat sein eigenes Leben. Zu Deinem gehört zur Zeit das schwere Abschiednehmen und der Neubeginn. Als ich Dich nach Verwandten oder Freunden fragte, meinte ich nicht, daß der eine etwas für den anderen tun sollte, sondern dachte an die "Familie" im weitesten Sinne, mit der man zusammenlebt, wo man sich geborgen und aufgehoben fühlt, seine Wurzeln hat, seine Basis, Menschen mit denen man auch Ausflüge machen kann, vielleicht eine Bootsfahrt auf einem sonnigen See. Wasser hat so etwas Beruhigendes und doch Lebendiges. Ich dachte an das gegenseitige Verständnis, wo man über alles reden kann, wo man aber auch verständnisvoll miteinander schweigen kann.
Nimm ganz einfach jede Hilfe an. Du wirst viele Möglichkeiten haben, wenn Du wieder bei Kräften bist, Dich zu "revanchieren". Aber das werden dann vielleicht andere Menschen sein, denen Du helfen kannst, vielleicht eigene Kinder. Liebe macht stark. Empfangege oder gegebene. Du hast von Deinen Eltern unendlich viel Liebe erfahren. Das ist eine Kraft, von der Du ein Leben lang zehren kannst. Liebe ist das einzige, das nicht weniger wird, wenn man sie verschwendet, sondern mehr.
Ich wünsch Dir von Herzen, daß Du zu Deinem ganz eigenen Leben zurückfindest.
Rudolf
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