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Alt 13.03.2007, 08:30
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SiHa SiHa ist offline
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Standard AW: Dein ist mein ganzes Herz...

Mein Herz,
ich habe heute Nacht wieder von Dir geträumt. Aber diesmal hast Du Dich sogar bei mir blicken lassen… Ich stand in einem Laden (Bäckerei, glaub ich) und hab mich gebückt, um meine Schuhe zu binden (seit wann hab ich denn Schuhe mit Schnürsenkeln???) und als ich wieder hochkomme, stehst Du vor mir. Du siehst ganz fürchterlich krank aus und hast Beulen im Gesicht. Ich freue mich, Dich zu sehen und will Dich küssen. Aber Du gehst einen Schritt zurück und sagst, dass Du das nicht willst, weil Du so schrecklich aussiehst und Dir das vor mir peinlich ist. Und da hab ich irgendwie ganz arg mit Dir geschimpft, dass Du Dich nicht so anstellen sollst. Ich liebe Dich ja nicht weniger nur weil Du nicht gut aussiehst und überhaupt, wer hat Dir denn während der Chemos die Hand gehalten. Ich wüsste ja wohl was los ist und für wie oberflächlich Du mich hältst… Und ich glaube, ich bin dann gegangen und Du bist hinter mir her und hast mich nach einem Treffen gefragt.
Komischerweise hab ich dann gezögert, ob ich mich wirklich mit Dir treffen will. Obwohl ich genau gespürt habe, dass mir Deine Gegenwart so unendlich fehlt und meine Gefühle für Dich so stark sind. Letztendlich haben wir uns dann getroffen … wie es weiterging? Weiß ich leider nicht mehr. Ich glaube, dass war der Zeitpunkt als der Wecker klingelte… seufz.
Die Träume mit Dir/ über Dich berühren mich immer so sehr, dass ich auf dem Weg zur Arbeit tieftraurig bin und im Auto losheule. Ich vermisse Dich immer noch so sehr und ich wünsche mir wohl kaum etwas mehr, als Dich hier wieder zu sehen. Wie kann man sich nur etwas wünschen, von dem man ganz, ganz genau weiß, dass es unmöglich ist. Selbstqual in bester Form und Reinheit!!!!

Apropos Selbstqual: Ich habe jetzt Fotos rausgesucht für J. B fährt übernächstes Wochenende wohl hin und hat mich darum gebeten. Es war schwierig. Meine Fotosammlung durchzugehen, Bilder von Dir rauszusuchen und in Erinnerungen zu schwelgen – nein, zu brennen. Auch Fotos aus Tagen, an denen mein Vater noch gesund war. Alle waren gesund. Alles war noch himmelblau. Wir beide frisch verliebt. Meine Eltern noch unternehmungslustig und voller Pläne für den Ruhestand. Wir zu viert. Schöne Zeiten, die mir jetzt so fern scheinen und so weh tun. Ich will ihr auch noch einen Brief dazu schreiben – aber ich weiß nicht, was ich schreiben soll. Über Dich als Person, über Deine Krankheit, über unser Leben (zu dem davor, kann ich ja nicht wirklich was sagen), über Dein Lieblingsessen, Deine Lieblingsmusik, Deine Hobbies – über was????

Wenn ich an gestern denke und die Jungs aus dem Keller komme sehe – denke ich: Wo bist Du? Du musst doch auch da unten gewesen sein! Beim Männerabend! Da ist der Freund von der und der Mann von der – aber wo ist denn mein Kerl? Du fehlst selbst in diesen „Bildern“. Ich sehe Dich lächeln über unseren Frauen-Kosmetik-Kram, ich sehe Dich in Deiner Lieblingsjeans und im weißen Sweatshirt. Ich sehe Deine Grübchen und Deine blitzenden Augen. Ich sehe Dich doch! Ich sehe Dich!
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Ich würde Jahrtausende lang die Sterne durchwandern,
in alle Formen mich kleiden,
in alle Sprachen des Lebens,
um dir einmal wieder zu begegnen.
(Friedrich Hölderlin: Hyperion)
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