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Alt 10.10.2010, 08:52
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GreenEye1972 GreenEye1972 ist offline
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Standard AW: Gedanken einer Angehörigen

Liebe Maria!

Ich hab gestern Abend Deinen Beitrag gelesen, ich hab auch darauf geantwortet, aber als ich auf "Antworten" geklickt hab, war die Nachricht auf einmal weg. Jetzt hab ich "ne Nacht drüber geschlafen" - heute morgen bin ich ruhiger, wenn auch der gleichen Meinung wie gestern.
Es tut mir Leid, dass Dein Willi so eine schlimme Zeit durchleben musste, es tut mir Leid, dass Du mit Deinem Willi so viel mitmachen musstest - dass IHR BEIDE soviel erleiden und erdulden musstet. Es tut mir Leid, dass Ihr beide den Kampf gegen den Krebs verloren habt. ABER ich weiss und ich denke jeder hier von uns kann in Deinem Bericht zwischen den Zeilen lesen. Ich für mich bin mir sicher, dass Du ALLES für Deinen Mann getan hast, was in Deiner Macht stand, um Ihm zu helfen wo es möglich war, es Ihm erträglich zu machen, DU hast ALLES getan - da bin ich mir sicher. Ich denke auch, dass Deine Selbstvorwürfe einfach damit zusammen hingen, weil Du in der Trauerphase bist. Wenn Du wieder "Boden unter den Füßen hast" und etwas Abstand zu dem, was geschehen ist gewinnen konntest, wirst Du Dir selbst sagen können: "Ich hab alles für meinen Willi getan, aber die Krankheit war stärker!" Ich denke, man fühlt sich einfach in der Rolle des Verlierers und man fängt an sich Vorwürfe zu machen, wie: Warum hab ich nicht? Wie konnte ich nur? Hätte ich doch nur? Aber ist das denn nicht einfach menschlich???? Wir haben doch keine Knöpfe an unserem Körper, die man nach belieben drehen und drücken kann, damit wir funktionieren! Du schreibst ja selbst, dass die Krankheit einen Menschen verändert, der Kranke kann nichts dafür und ich bin mir wie bei allen anderen Dingen, die ich hier geschrieben hab ebenfalls sehr sicher, dass Dein Willi niemals wollte, dass Er sich so verändert. Er wollte ebenfalls nicht, dass DU Dir heute Selbstvorwürfe machst und leidest. Wenn Dein Willi jetzt in diesem Moment mit Dir sprechen könnte (im Zustand des gesunden Willis), was meinst Du was Er Dir sagen würde????? Wäre das gesprochene Dankbarkeit, oder wären es Vorwürfe und Wut????

Ich denke jeder hier von uns kann sich jeden Tag fragen, ob er genug für seinen lieben Menschen tut. Vielleicht tut man auch manchmal Dinge, die nicht so ganz in Ordnung sind, aber wenn das geschieht, dann ist es einfach der "HILFESCHREI" des eigenen Körpers und der Seele und zeugt von auch von Schwäche, aber müssen bzw. KÖNNEN wir denn funktionieren wie ein Uhrwerk?????? Die Anwort ist wohl einfach ....

Ich für mich hab alles für meine Mama getan. Ihr Zustand war so schlecht und vor allem wechselhaft, dass Sie nun seit 11.9. im Pflegeheim ist. Die Krankheit (Krebs, Depressionen, Tablettenabhängigkeit) haben Sie zu einem anderen Menschen werden lassen, ABER ich bin dafür nicht verantwortlich. Ich hab alles getan und werde auch alles für Sie weiterhin tun, aber ich werde mir nicht den Schuh des schlechten Gewissens anziehen - dafür gibt es keinen Grund. Ich hab einen Job, ich hab einen Ehemann, ich hab ein eigenes Leben und ich bin nicht für Mamas Krankheit verantwortlich! Ich hab alles getan .... und werde genauso wie Du den Kampf irgendwann verloren haben. Es ist aber hierbei nicht nötig, dass ich mich selbst ruiniere und meine eigene Gesundheit aufs Spiel setze, nur damit meine Mama zufrieden ist, denn ich kann alles für Sie tun .... und es wird immer noch nicht genug sein - es wird in Ihren Augen NIE genug sein. Meine Mama wird irgendwann die Augen zumachen und wird in einer anderen Welt sein, aber ICH muss hierbleiben und muss weiterleben. Die Uhr wird gnadenlos und Gott sei Dank nicht stehen bleiben!

Liebe Maria, danke dass Du geschrieben hast, lass Dich in die Arme nehmen. Dein Willi will mit Sicherheit nicht, dass Du Dir heute Vorwürfe machst, Du hast doch alles für Ihn getan!!!! Er hat keine Schmerzen mehr, nun lass die Wunden in Deinem Herz und Deiner Seele langsam heilen! Ich hoffe Du hast Menschen in Deinem Umfeld, die Dich hierbei unterstützen!

Ich wünsche Euch allen einen schönen, hoffentlich sonnigen, Sonntag!
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