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Alt 20.11.2012, 23:05
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Standard AW: Oligodendrogliom WHO II-WHO III

@tinkabell:

Solche Worte wie "STURSCHÄDEL!" haben meine Ärzte nicht gebraucht. Als ich nach 6 Monaten Chemo damit aufhören wollte, hat mir der Neurochirurg gesagt, daß er es besser fände, wenn ich prophylaktisch noch 6 bis 12 Monate weiter Temodal nehmen würde. Er hatte auch eine eigentlich plausible Begründung: In einer weniger kritischen Region als meiner wie z.B.im Frontalhirn würde er eher zu einem Unterbrechen der Chemo raten. Meiner wäre aber in einer sehr kritischen Region und dort könne man nicht nochmal fünf mm in jeder Richtung rauskratzen, dann würde es haarig... Seine nicht von der Hand zu weisende Argumentation hat mich doch etwas daran zweifeln lassen, ob es gut wäre trotz der spürbaren Nebenwirkungen und möglichen Langzeitwirkungen die Chemo zu unterbrechen. Zum Glück für mich fand eine Woche später eine Infoveranstaltung der deutschen Hirntumorhilfe in Düsseldorf statt.

Die Veranstaltung der deutschen Hirntumorhilfe war zwar anstrengend, aber sehr interessant. Ich habe dort unter anderem auch mit vier Onkologen von verschiedenen Unikliniken über meinen Fall sprechen können. Alle meinten, daß ich unbedingt wieder ein FET PET SCAN machen solle, um eventuell noch vorhandene Tumoraktiviät sehen zu können. Falls dies nicht der Fall sein sollte, würden sie an meiner Stelle wegen möglicher Langzeitschäden mit der Chemo aufhören. Es würde ja nichts bringen, daß ich nach drei Jahren Chemotherapie zwar keinen Hirntumor mehr hätte, dann aber innerhalb eines Jahres z.B. von einer wahrscheinlich chemotherapieinduzierten Leukämie hingerafft würde, wie sie es schon gesehen hätten. Also, lieber erst mal Aufhören und eventuell wieder anfangen, falls sich ein neues Rezidiv zeigt. Einer der vier Onkologen hat mir gesagt: Schreiben Sie mir eine Mail mit Details und ich besorge Ihnen kurzfristig einen Termin im Forschungszentrum Jülich bei Aachen.

Dann bin ich über das Wochenende zu meinen Eltern bei Paderborn gefahren und habe von dort aus dem Onkologen in Aachen besagte Mail geschrieben. Ich wollte nämlich möglichst vor dem Beginn des nächsten Chemotherapiezyklus in einer Woche meine Entscheidung treffen.…

Am Montag drauf klingelte mein Handy zweimal, während ich nach einer weiteren Untersuchung in der Strahlenklinik am Rhein in Köln bei Kaffee und Kuchen saß und auf den Rhein und den Kölner Dom blickte. Der erste Anruf kam vom Forschungszentrum Jülich. Man wollte wissen, ob ich am Mittwoch zum FET PET SCAN kommen könne. Natürlich konnte ich und hab sofort zugesagt, auch wenn dies eine Änderung meiner Planung war. So schnell hatte ich ja nun doch nicht mit einem Termin für eine doch recht aufwendige und teure Untersuchung gerechnet...

Der FET PET SCAN ist ohne Probleme abgelaufen, dauert aber mit etwa einer Stunde reiner Untersuchungszeit deutlich länger als ein MRT und man kriegt die Ergebnisse nicht sofort sondern erst einige Tage später per Post, da viel Computerzeit zur Umrechnung der Bruttodaten in auswertbare Ergebnisse nötig ist.

Ein paar Tage später kam das Ergebnis: Keine Tumoraktivität mehr sichtbar nach Ansicht der Radiologin und des Onkologen der Uniklink Aachen. Ich bin dann den Empfehlungen der Jülicher Radiologie und des Aachener Onkologen gefolgt und habe nach einem letzten siebten. Zyklus die Chemo beendet. Den eigentlich nicht geplanten siebten Zyklus habe ich präventiv gemacht, da ich zu dem Anfangstermin noch nicht die Ergebnisse hatte. Aber ich hätte wahrscheinlich in jedem Fall aufgehört. Denn falls wieder ein Rezidiv zu sehen war, hieße das, daß ich mir das Temodal samt Nebenwirkungen sparen konnte, weil es nicht oder nicht gut wirkte. Falls ich kein Rezidiv hatte, was ich sehr stark hoffte, auch, da Temodal selbst dann Langzeitschäden produziert wenn man es gut verträgt wie mir auch der bekannte Schweizer Prof. Stupp mal gesagt hat.

Nachdem der Prof. in Köln das nächste MRT und das PET SCAN gesehen hatte, hat er nicht mehr von Chemo geredet. Er hätte mich allerdings auf die Möglichkeit eines PET SCANs zur besseren Abschätzung des Risikos hinweisen können.. Allerdings war diese Reaktion immer noch viel besser, als die von einer Assistenzärztin des Krankenhauses in Paris, wo ich meine Chemotabletten holen mußte: Die hat mich quasi wie ein Kind ausgeschimpft, das ich meine Tabletten nicht mehr nehmen wolle. Hat zum Schluß gefragt: Sie wollen also ihre Tabletten nicht mehr weiter nehmen? Habe nur ja gesagt und Diskussion war beendet...

ich habe am Abend vor der OP nen paar Bier getrunken, weil ich ja nicht wußte ob und wann ich das wieder tun könnte. Außerdem hat es mich etwas beruhigt und ich habe in der Nacht vor der OP auch noch ganz gut geschlafen. Angst bei der OP zu sterben hatte ich eigentlich nicht, schon aber hinterher vieles nicht mehr alleine machen zu können.
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