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Alt 05.01.2006, 01:01
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Standard AW: Du fehlst mir, und ich möchte von Dir erzählen

Ich möchte hier von meiner lieben Frau erzählen, die am 30.11.2005 um 12:05 Uhr zu Hause in meinen Armen eingeschlafen ist.

Meine Frau wurde von ihrer Frauenärztin regelmäßig zur Mammographie geschickt, da sie in der rechten Brust einige Mikroverkalkungen hatte.
Im August 2003 sind wir dann (wir haben immer alles gemeinsam gemacht, also habe ich mir auch immer für Arztbesuche frei genommen und war auch immer mit dabei, meine Frau wollte das auch so) zu einem Spezialisten in der Senologie vorstellig geworden, der sich die Microverkalkungen genauer ansehen wollte. Er sagte, wenn meine Frau sehr ängszlich wäre, solle sie sich diese Microverkalkungen entfernen lassen, aber dadurch könnte man auch schlafende Hunde wecken.
Im September 2003 stand die nächste Kontrolluntersuchung (Mammographie) an. Bei der Berichtübergabe riet der Röntgenarzt zur schnellsten Abklärung, da er auf dem Röntgenbild etwas gesehen hätte.
Am 20 September wurde meine Frau an der rechten Brust operiert. Es handelte sich um ein Mamca in einer Größe von 3 cm. Von 49 Lymphknoten waren 32 befallen, also wurde die Achselhöhle auch "ausgeräumt".
Im Oktober bekam sie FEC Chemo, 6 Sitzungen. Wir haben meiner Frau ganz schnell eine Perücke anfertigen lassen, denn die Haare filen ihr langsam aus. An einem Sonntag nahm ich einen Rasierapperat und rasierte ihr den Kopf ganz kahl.
Im Januar 2004 begann die Bestrahlung der Brust. 34 Sitzungen, jeden Tag um 08:00 Uhr in die Strahlenambulanz der Uni Düsseldorf.

Wir haben dann im Mai einen wunderbaren Urlaub in Bayern verbracht.
Im August 2004 bemerkte meine Frau leichte Schwindelgefühle. Sie wurde daraufhin von einer Neurologin untersucht und als wir zur Berichtsbesprechung kammen, wurde direkt ein Termin in der Uni Düsseldorf gemacht, im Kopf hatte man Hirnmetastasen gefunden.

Wir haben dann noch einmal 4 Tage Urlaub im Schwarzwald verbracht, meine Frau wollte unbedingt hier hin, weil sie in ihrer Jugendzeit einmal hier war und sie hatte sich so darauf gefreut.

Im September 2004 wurde ihr dann in der Neurologie der Uni der Schädel geöffnet und es sollte die Hirnmetastase entfernt werden. Nach einem Tag auf der Intensivstation wollte meine Frau schon wieder unbedingt nach Hause. Sie wurde dann am Morgen auf die normale Station verlegt und ich konnte sie nach 7 Tagen wieder mit nach Hause nehmen.

Beim Abschlussgespräch mit dem operierenden Neurologen erklärte uns dieser, es ist alles entfernt worden.

Nach 2 Tagen fuhr ich zur Uni und holte den Bericht ab. Ich habe fast einen Schlag bekommen, was ich da lesen musste. Die Metastase im Hirn hatte sich um eine Vene gewickelt, die konnte garnicht völlig entfernt werden. Das hat uns dieser Neurologe nicht erzählt. Ich habe ein Riesentheater dort veranstaltet, aber gegen diese "Hergötter in weis" hat man keine Chance.
Im November 2004 bekam sie dann 16 Ganzkopfbestrahlungen. Die Haare die wieder nachgewachsen waren, fielen jetzt wieder aus, diesmal aber für immer.

Sie bekam ein Medikament gegen den Hirndruck verordnet, das zuerst zu hoch dosiert wurde, dann zu schnell abgesetzt und dann doch wieder in einer zu hohen Dosis verordnet wurde. Sie bekam aufgrund dieser unverträglickeit dieses Medikaments Muskelschwund. Sie konnte nicht mehr alleine auf die Toilette, sie konnte sich nicht alleine setzen und kam auch nicht alleine wieder hoch. Ins Bett gings auch nicht mehr alleine, ich musste sie dann hochheben, bzw. langsam absenken. Im Dezember 2004 konnte ich sie nicht mehr aus dem Bett heben, sie verdrehte ihre Augen, hatte riesigen Durst und war völlig geschwächt. Die Ärztin meiner Frau hat ihre Praxis in unserem Wohnblock. Ich konnte anrufen wann ich wollte, sie nahm sich immer Zeit um nach meiner Frau zu sehen.
Es musste eine Einweisung ins Krankenhaus erfolgen, die Ärztin war sich nicht ganz sicher, was los war. Im Krankenhaus stellte man dann einen Zuckerschock fest, sie hatte einen Wert über 500.
Ab jetzt musste ich ihr Insulin geben und sie wurde u. a. auch wegen des Muskelschwunds vom Medizinsichen Dienst in die Pflegestufe II eingruppiert. Ich besorgte ihr eine Pflegebett und einen Rollstuhl.
Am 20 Dezember 2004 durfte ich sie wieder zu mir nach Hause holen. Wir haben dann ein schönes Weihnachtsfest verbracht, sie im Pflegebett und ich sass daneben.
Am 03. Januar 2005 erfolgte der nächste Schreck, sie hatte Schmerzen im rechten Bein und das Bein war ganz dick. Ärztin angerufen, die sieht sich das an, Krankenwagen und ab ins Krankenhaus. Diagnose: tiefe Beinvenentrombose.
Jetzt durfte ich dann noch zum Insulin, Trombosspritzen setzen. Der Bauch sah aus, trotz ich die Spritzen ganz vorsichtig setze, als wenn da jemand drüber gefahren wäre.
Nach 10 Tagen striktem Liegen durfte ich meine Frau wieder mit nach Hause nehmen. Ich brauche nicht extra zu erwähnen, dass ich von 13:00 Uhr bis abends um 21:00 Uhr an ihrem Krankenhausbett sass und sie mit allem versorgte, das Kranknehauspersonal wollte mich schon einstellen.
Am 15. 01.2005 haben wir dann unsere Silberhochzeit im und am Pflegebett zum Glück zu Hause verbracht. Es war wunderschön.

Sie war so glücklich und ich natürlich auch.

Wir hatten ein paar Monate eine schöne Zeit, sie konnte wieder ein paar Schritte alleine gehen und durch den erhöhten Toilettensitz auch alleine auf Toilette gehen. Und was besonders schön war, ich konnte sie mit dem Rollstuhl ans Auto fahren und sie dann ins Auto setzen, so konnten wir das tun, was wir als einziges Hobby hatten, wir konnten wieder spazierenfahren. Das hat ihr riesigen Spass gemacht und ich habe mich gefreut, wie ein kleines Kind, das es ihr so gut ging.

Im Juni 2005 stellte man dann bei einer Routineuntersuchung an der Leber mehrere Schatten fest, es stellte sich heraus, es waren Lebermetastasen.

Im Juli 2005 bekam sie sehr starke Schmerzen in der rechten Nierengegend und was sollte es auch sein, sie hatte einen Nierenstein, der sich in der Harnröhre verklemmt hatte. Nach 7 Tagen, in denen man meinte, der Stein würde auf natürlichem Weg herauskommen, wurde sie, nachdem ich das komplette Krankenhaus in Aufruhr versetzt hatte, in eine große Klinik verlegt, wo man ihr innerhalb von einer Stunde unter Vollnarkose diesen Stein entfernt hatte. Nach 3 Tagen durfte ich sie dann wieder mit nach Hause nehmen.
Wir haben dann einen Kurzurlaub von 6 Tagen an der Mosel in einer Ferienwohnung verbracht, das wollte sie so gerne mal wieder, an der Mosel sitzen und die Seele baumeln lassen. Wir haben dann eine barrierefreie FeWo bekommen und hatten ein paar schöne Tage.
Seit Ende Juli hatte sie mehrere Schmerzen an verschiedenen Stellen. Sie wurde mit leichten Morphintabletten eingestellt.
Ab November 2005 wurden die Schmerzen immer stärker, die Medikamente immer höher dosiert. Sie bekam eine komplette Schmerztherapie mit starken Morphiumtabletten und Tropfen.
In der Zeit habe ich alle 2 Stunden Tropfen geben müssen, auch Nachts. An schlafen war von November an nicht mehr zu denken. Bei jeder Bewegung, jedem Geräusch bin ich hellwach gewesen, ich habe ihr jeden Wunsch von den Lippen und Augen abgelesen.

Am 30.11.2005 um 07:00 Uhr habe ich die Ärztin über ihr Handy erreicht und habe sie gebeten, doch sich meine Frau anzusehen, mir gefällt das mit den Schmerzen nicht so, das war ein auf und ab, mal waren die Schmerzen fast weg dann wieder unerträglich stark.

Ich muss noch einmal auf die Ärztin zu sprechen kommen. Diese Ärztin hat sich so für meine Frau eingesetzt, sie ist immer zur Stelle gewesen, wenn wir sie gebraucht haben, ich habe Morgens früh meinen "Bericht" abgeliefert und sie hat sich dann entweder persönlich durch Besuch oder telefonisch gemeldet. Solch eine Ärztin findet man nicht noch einmal.

An diesm Tag ist sie auch wieder gekommen, wir haben die Dosierung noch einmal angepasst, sie hat Blutdruck usw. kontrolliert. Sie bat mich dann aber, wir sollten meine Frau in eine Paliativstation bringen lassen, damit die Schmerzmittel und evt. Komplikationen dort angepasst, bzw. vermieden werden können. Ich habe mir dann den Einweisungsschein in der Praxis abgeholt. Zu Hause habe ich dann meine Tochter nagerufen und sie gebeten, sie möchte doch sofort kommen, weil ihre Mutter ins Krankenhaus soll.
Meine Tochter ist dann auch schnell bei uns gewesen, wassonst nicht ihre Art ist. Ich habe dann die Feuerwehr angerufen und einen Wagen zum Transport bestellt. Dann habe ich versucht meiner Frau zu erklären, das sie jetzt in ein Krankenhaus müsse, dort würde man ihr die Schmerzen nehmen.
SIe hat gemurmelt, "ja, ja".
Als dann der Krankenransport da war, sagt mir der eine der Sanitäter, die Frau nehmen wir aber nicht mit. Ich dachte was soll das denn. Dann erklärte mir der Sanitäter, das es wohl mit meiner frau zu Ende gehen würde, sie würde schon Schnappatmung haben. Ich rief sofort bei der Ärztin an, die ließ alles stehen und liegen und kam sofort in unsere Wohnung.

Ich hielt meine Frau in meinen Armen, meine Tochter hielt ihre Hände. Sie tat ihren letzten Atemzug und war tod.

Ich legte sie vorsichtig ins Kissen zurück, ich werde diesen Anblick nie in meinem Leben vergessen.

Die Sanitäter holten ein EKG und schlossen dies an. Das Gerät zeigte die berühmte Nulllinie.



Wenn die Liebe einen Weg zum Himmel fände und Erinnerungen zu
Stufen würden, dann würde ich Hinaufsteigen und Dich zurückholen.

Die Seele trat ihre Reise an, als wir uns noch an den Händen hielten.
Der Abschiedsschmerz ist unbeschreiblich.
Uns lässt Du nun allein zurück. Unsere Liebe nimmst Du mit,
Deine tragen wir im Herzen.

Ich liebe Dich unendlich, ich hoffe, Dir geht es gut
Gerhard
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