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Alt 30.03.2019, 21:02
schniggges schniggges ist offline
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Beitrag Erfahrungsbericht Nichtseminom High-Risk pT2, pNx; L1, V1, R0

Servus

Nach vielem Lesen in diesem Forum möchte ich nun über meine Erfahrungen berichten.

Anfang Januar bemerkte ich einen kleinen Knoten an meinem linken Hoden und rief bei meinem Urologen an, die Arzthelferin hat mir jedoch erst einen Termin in drei Wochen angeboten. Die Praxis sei überfüllt und es könnte sich ja nur um ein eingewachsenes Haar handeln...
Somit wartete ich erstmal paar Tage ab, jedoch begann der linke Hoden zu Schmerzen und das Gehen und Sitzen war nur noch unter Schmerzen möglich, weshalb ich dann auch zum Hausarzt ging, welcher den Hoden abtastete und von einer Nebenhodenentzündung ausging und mir ein Antibiotikum verschrieb, jedoch dazu sagte dass ich sofort zum Urologen soll, falls die Beschwerden nicht nach 1 Tag weg sind.
Die Beschwerden verschwanden leider, weshalb auch immer, oder ich habe es mir einfach eingebildet.
Kurz vor dem vereinbarten Termin beim Urologen kehrten die Schmerzen zurück und der Knoten im Hoden war größer und der komplette Hoden verhärtet.

Beim Urologen wurde dann per Ultraschall festgestellt, dass es sich um einen Tumor handelt. 2.8 x 3.2 cm laut Ultraschallbild. Es ging alles sehr schnell, der Arzt teilte mir die Diagnose mit und vereinbarte sofort einen OP-Termin im Krankenhaus. Ich musste jedoch eine Woche auf meine OP warten, was im Nachhinein eventuell etwas zu lang ist.

Am 07.02. stand dann die OP an, der linke Hoden wurde komplett entfernt inklusive Samenstrang. Vom rechten Hoden wurde keine Biopsie gemacht.
Die Schmerzen hielten sich in Grenzen, nur das Aufstehen nach dem Liegen schmerzte etwas mehr. Am nächsten Tag wurde auch direkt ein CT (Abdomen und Thorax) gemacht. Im CT wurde nichts gefunden und auch die Tumormarker waren alle im Normalbereich (vor und nach der OP). Das Krankenhaus durfte ich dann auch noch am selben Tag verlassen. Nun hieß es warten auf den histologischen Befund.

Nach einer Woche erhielt ich den histologischen Befund:
"Ablatio testis der linken Seite mit einem vollständig entfernten nicht seminomatösen Keimzelltumor: embryonales Carcinom mit Nachweis einer Lymph- und Blutgefäßinfiltration ohne Infiltration des Rete testis. Tumofreier Nebenhoden und Ductus deferens. Nebenbefundlich eine unklassifizierte intratubuläre Keimzellneoplasie (ITKNU)."

pT2, pNx, L1, V1, R0

Empfehlung:"In der Hochrisiko-Situation (mit lymphovaskulärer Invasion) beträgt das Risiko einer okkulten Metastasierung bis zu 50%. Die Therapiemodalitäten ein Zyklus PEB versus Überwachung sollten mit dem Patienten besprochen werden. Ein Zyklus PEB reduziert das Rezidivrisiko von 50% auf 3%. Das Gesamtüberleben beider Gruppen unterscheidet sich nicht."

Ich habe mich aufgrund der sehr hohen psychischen Belastung, die ich bei der aktiven Überwachung bei mir befürchtet hätte, für einen Zyklus PEB entschieden. 50% waren mir einfach viel zu hoch. Die Chemotherapie sollte am 04.03. starten. Davor ließ ich noch Spermien einfrieren, da ich irgendwann Kinder haben möchte und 25 Jahre alt bin.

Die Chemotherapie startete am 04.03.. Insgesamt war ich 8 Tage im Krankenhaus. Bleomycin wurde mir am 1. und 8. Tag innerhalb von paar Sekunden gespritzt. An den Tagen 1-5 erhielt ich über jeweils 1 bis 2 Stunden zudem das Cisplatin und Etoposid. Zudem erhielt ich zum Spülen durchgehend über 7 Tage eine Infusion mit Natriumchlorid-Lösung.
Es war sehr nervig, dass alle Infusionen über beide Armbeugen zugeführt wurden, wodurch ich nicht gerade sehr mobil war.
Die Nebenwirkungen hielten sich insgesamt in Grenzen. An Tag 1 und 8 hatte ich sehr starke Kopfschmerzen aufgrund der zu schnellen Gabe des Bleomycins und insgesamt über den gesamten Zyklus nur eine leichte Übelkeit. Zudem kleine Wunden im Mund und leichten Ausschlag und Jucken auf der Kopfhaut und paar andere Stellen, sowie Nasenbluten und einen metallischen Geschmack im Mund. Am 15. Tag wurde mir das Bleomycin ambulant in der Praxis über 10 Minuten zugeführt, die Nebenwirkungen waren dieses Mal viel geringer bzw. kaum vorhanden. Am 15. Tag lagen die Leukozyten mit einem Wert von 2000 an der unteren Grenze, die Gabe des Bleomycin konnte jedoch trotzdem durchgeführt werden.
Die Haare begannen an Tag 15 auszufallen und bis Tag 19 waren alle Haare sowie Bart weg. Zudem habe ich einen immer wieder kehrenden Tinnitus, welcher aber auszuhalten ist.

Die letzte Gabe des Bleomycins ist nun 12 Tage her und es geht mir Alles in Allem gut und ich mache auch wieder Sport. Ich habe 5 kg zugenommen, da ich nach der Chemotherapie aus welchem Grund auch immer durchgehend Hunger habe. Es wurde auch schon ein erstes CT (Abdomen und Thorax) gemacht, hauptsächlich um Schäden an der Lunge aufgrund des Bleomycins auszuschließen. Es sieht alles gut aus.
Ich würde mich jederzeit wieder für die Chemotherapie entscheiden, da das Risiko für Metastasen nur noch 3% beträgt und ich ein viel besseres Gefühl damit habe und es sich so viel besser leben lässt. Ein Kinderspiel war das ganze natürlich auch nicht.

Der erste Nachsorgetermin findet in 8 Wochen statt, bei dem dann auch besprochen wird, wie oft CT/MRT usw. durchgeführt werden, wobei die Verwendung von CT so gering wie möglich gehalten werden soll.

Falls ich irgendwas vergessen haben sollte oder irgendjemand Fragen an mich hat, dann kann derjenige mich sehr gerne fragen
Über Tipps von Euch generell oder speziell für die Nachsorge würde ich mich auch freuen
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