Thema: Nierentumor
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Alt 05.05.2004, 08:38
Gast
 
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Standard Nierentumor

Liebe Maike,

es befinden sich nicht nur die großen Gefäße in der Niere, die das Blut zur Niere zuführen und ableiten, sondern auch jede Menge kleine. Es MUSS nicht sein, dass die beiden großen Gefäße betroffen sind, sondern es kann auch eine Blutung aus den kleineren Gefäßen gewesen sein, die sich von selbst tamponiert hat. Dafür spricht, daß die Blutung nur einmalig aufgetreten ist und danach auch keine Beschwerden mehr auftraten.

Mein Mann Jürgen hatte in BEIDEN Nieren jeweils einen Tumor. Es wurden jährlich im Rahmen der Krebsvorsorge Ultraschallaufnahmen, auch der Nieren, gemacht. Der Urologe, der diese Untersuchungen und Aufnahmen durchgeführt hat, war seines Zeichens Professor, hatte das modernste Ultraschallgerät, dass es seinerzeit auf dem Markt gab. Im Nachhinein muss ich leider sagen, dass es nicht ausreicht, ein solches Gerät zu besitzen, sondern dass der Eigentümer auch die Aufnahmen daraus AUSWERTEN kann.

2002 wurde im Rahmen einer Voruntersuchung für eine Herz-Bypas-OP in der Uniklinik Nürnberg-Süd u.a. auch ein Sonogramm beider Nieren durchgeführt. Eine FÄHIGE (Assistenz- !!!!) Ärztin entdeckte auf diesen Bildern die beiden Nierentumore, die sich anschließend im CT bestätigten. Nebenbei gesagt, habe ich mir dann die Sonogramm-Bilder jenes Professors aushändigen lassen, der jährliche Untersuchungen durchgeführt und nichts gefunden hat. Ein PRAKTISCHER Arzt in unserer Dorfgemeinde entdeckte hierauf dann im nachhinein auf Anhieb die Tumore, die auf Sonogramm-Bilder bereits 1999 deutlich sichtbar waren.

Fest steht also, daß zumindest seit 1999 diese Tumore im Sonogramm deutlich zu sehen waren und erst 2002 mit der Behandlung (nach dem Zufallsbefund) begonnen wurde. Dies soll Dir zeigen, wie langsam normalerweise ein solcher Tumor wächst. Mein Mann hatte K E I N E R L E I Beschwerden, fühlte sich nie unwohl, trank jeden Tag min. 2-3 Liter, sämtliche Blut- und Nierenwerte waren ohne Befund (für einen Nierenkarzinom gibt es keinen Tumormarker).

Der Nierentumor der linken Niere, die komplett entfernt wurde, war 9 cm groß - die gesamte Niere 14 x 9 x 6 cm groß zuzügl. Nebenniere. Nebenniere und große Nierengefäße waren tumorfrei, der Tumor hatte die Nierenkapsel durchbrochen, ist ins Fettgewebe hineingewachsen, hat jedoch die äußere Hülle der Niere, die Gerota-Fascie nicht durchbrochen. Aus diesem Grund war das Tumorstadium T3a. Ein nierennaher Lymphknoten zeigte pathologisch Krebszellen und war von daher eine Lymphknoten-Metastase. Damit war klar, daß wir zunächst von "unheilbar" ausgehen mußten, denn der Tumor hatte Anschluß an das Lymphsystem des Körpers. Im Nachhinein haben sich im CT auch kleinste Lungenmetastasen gezeigt.

Der Tumor in der rechten Niere war ca. 4 cm groß und wurde mittels Thermoablation und Embolisation entfernt, um die Rest-Niere zu erhalten und meinem Mann die Dialyse zu ersparen (eine operative Entfernung des Tumors allein war aufgrund der Lage nicht möglich). Ob auch an dieser Niere Lymphknoten befallen waren, wissen wir nicht. Aber das Wissen darum hätte auch nur statistischen Wert, denn es ist egal,ob 1 Lymphknoten oder 10 Lymphknoten befallen sind: Der linke Tumor hatte nachweislich einen Lymphknoten befallen und damit waren die Wege für die Metastasierung offen.

Ich denke, daß das Beispiel meines Mannes ein sehr krasses Beispiel ist, das Dir zeigt, wie weit fortgeschritten eine solche Krebserkrankung sein kann und was trotzdem die Therapie leisten kann. Nach den Operationen haben wir 2002 eine Immun-Chemo-Therapie mit den Medikamenten Interleukin, Interferon, 5FU begonnen, sie bislang insgesamt in drei 8-Wochen-Kursen durchgeführt und dazwischen sogenannte Erhaltungstherapien von jeweils 1 Woche Dauer. Die Lungenmetastasierung von Jürgen hat sich stabilisiert (Größe und Anzahl der Metastasen sind unverändert). Ein aus dem Brustraum operativ entnommenes Lymphknotenpaket, daß im CT auffällig war, zeigte in der pathologischen Untersuchung größtenteils abgestorbenes Gewebe sowie in den zentral noch vorhandenen Krebszellen "ausgeprägte regressive Veränderungen", was heißt und beweist, daß die Immun-Chemo-Therapie "zugeschlagen" hat und dabei war, die Tumorzellen zu vernichten. Da sich die Lungenmetastasen seit ca. 2 Jahren weder in Größe noch in Anzahl sichtbar verändert haben (soweit man es mit einem CT beurteilen kann), geht man derzeit davon aus, daß sie keine aktiven Krebszellen mehr enthalten, sondern evtl. nur noch Vernarbungen sind. Aber das ist Theorie und nicht bewiesen, da sie zu klein sind, um eine Biopsie oder operative Entnahme durchzuführen, um das Ganze pathologisch nachzuweisen.

Tatsache ist, es handelt sich bei Jürgens Zustand definitiv um einen KRANKHEITS-STILLSTAND. Ein sehr gut erreichtes Ziel, obwohl, wie Du Dir aus dem oben Geschriebenen vorstellen kannst, zu Beginn der Diagnose sicherlich ein prognostisch sehr ungünstiger Befund vorhanden war (zumal beide Nieren -unabhängig voneinander, also keine Metastasierung,- betroffen waren. Man spricht hierbei von "bilateralen" Nierentumoren. )

Du siehst also, welche Möglichkeiten die Medizin hat. Natürlich ist mein Mann laut Medizin nach wie vor "unheilbar krebskrank". Ich könnte das jetzt hier "SCHÖN schreiben" und meinen Mann als geheilt bezeichnen (zumal ja der Krankheitsstillstand schon zwei Jahre da ist). Aber: Wir haben eine Lymphknoten-Metastase gehabt, aufgrund dessen Streuung in die Lunge und in zumindest einen Lymphknoten des Brustbereiches (der konnte nachgewiesen werden), und somit ist mein Mann nach wie vor unheilbar krebskrank. Wie der Verlauf der Krankheit weitergeht, wird die Zukunft zeigen. Vielleicht können wir in 10 Jahren sagen: Mein Mann ist geheilt. Vielleicht ...........

Bis dahin werden wir weiterhin höchste Vorsicht walten lassen, engmaschige CT- und MRT-Kontrollen durchführen (bislang immer noch alle 3 Monate) und müssen damit leben, daß sich vielleicht irgendwann einmal etwas ereignet, was uns zu neuen Überlegungen führen wird. Aber es gibt Hoffnung, ein Leben ohne Einschränkungen (bis auf die Therapiephasen), ein Leben ohne Beschwerden, ein Leben mit erfüllbaren Wünschen und Träumen, natürlich auch ein Leben mit Angst (speziell vor den routinemäßigen Kontrollen), aber diese Angst beherrscht mittlerweile nicht mehr unser Leben .........

Bis dahin war es ein langer Weg, der teilweise sehr, sehr schwer war und für den wir viel Zeit gebraucht haben.

Ich kann und werde Dir nicht versprechen, daß die Situation bei Deinem "Fall" genauso günstig ausgeht. Das kann NIEMAND. Und ich will Dir auch nicht alles positiv ausmalen. Denn das kann man bei dieser Erkrankung nicht und dazu gibt es noch zu wenig Befunde von Deiner Seite. Aber es gibt MÖGLICHKEITEN.

Du klingst in Deinen postings so verängstigt, wie wir vor 2 Jahren sicherlich auch waren. Aber zum jetzigen Zeitpunkt KANN man Dir definitiv nicht mehr sagen, als abwarten und Informationen sammeln. Wann werden CT- und MRT-Untersuchungen durchgeführt? Wann ist die OP der Niere geplant? Du wirst wohl oder übel diese Termine abwarten MÜSSEN. Nach der OP gibt es nochmal eine schlimme Wartezeit auf das pathologische Ergebnis. Aber auch das wirst Du abwarten müssen. Und dann sehen wir weiter. Ich verspreche Dir, dass ich Dir sämtliche Untersuchungsergebnisse "verdeutschen" werde und Dir auch, soweit ich kann, Möglichkeiten für weitere Maßnahmen aufzeigen werde. Ob Ihr dann diesen Weg geht, werdet Ihr zu gegebener Zeit selbst entscheiden müssen. Aber es gibt Möglichkeiten, auch mit Krebs, auch wenn er als unheilbar bezeichnet werden sollte, zu leben.

Wir wissen aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, sich aus dem Angebot an "Ratschlägen" - das zu einem Teil aus guten Ratschlägen besteht, aber auch zu einem großen Teil aus "Scharlatanerie mit HeilungsVERSPRECHEN" - den Weg herauszufinden, der für jeden Einzelnen der richtige ist. Wie gesagt, die Entscheidung muß jeder selbst treffen, aber vieles was angeboten wird, kann ich als Krankenschwester für mich getrost "filtern". Und dieses "Gefilterte" gebe ich zu gegebener Zeit als meine Meinung gerne an Dich weiter. Und Du kannst sicher sein, daß ich nur die Meinung weitergebe, den Weg, den ich in vielleicht unterschiedlicher Situation auch für meinen Mann suchen würde.

Ich hoffe, daß ich Dir damit zunächst ein wenig weiterhelfen konnte. Der wichtigste Ratschlag, den ich Dir im Moment geben kann, ist es, die Ruhe zu bewahren, sachliche Informationen und Möglichkeiten (soweit zur Zeit möglich) einzuholen, den Kopf nicht in den Sand zu stecken und diese Erkrankung zunächst einmal nicht unbedingt als "Todesurteil in absehbarer Zeit" hinzunehmen. Letzteres ist sicherlich besonders schwer, zumal Eure Situation erst in den letzten 14 Tagen ergeben hat. Aber aus der Schilderung Deines "Falles" (darf ich fragen, um wen es sich handelt-Ehemann, Kind, Eltern.....?) sieht die Situation derzeit für mich nicht absolut hoffnungslos aus. Zumal der körperliche Zustand Deines "Falles" sehr gut zu sein scheint !?


Liebe Grüße
Ulrike
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