Einzelnen Beitrag anzeigen
  #7  
Alt 08.11.2007, 13:18
Kölner Leser Kölner Leser ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 12.10.2006
Beiträge: 319
Standard AW: Diagnose Pankreasschwanztumor mit Einwachsen in Milz und Lebermetastasen

Hallo Martin,

naja, es gibt ja immer Ärzte, die aus welchen Gründen auch immer in weniger renommierten Kliniken arbeiten müssen und dort ihr Dasein fristen. Normalerweise stellen Chefärzte oder Kliniken ihre Leute nach Leistung ein. Jemand, der bessere Leistungen, im Studium und anschließend, vorweisen kann, wird ziemlich sicher begehrter sein, als ein Arzt, der es irgendwie geschafft hat. Wenn ein ehrgeiziger Arzt dann die Wahl hat, wird er wohl die Klinik auswählen, die seinem Leistungsbild am besten entspricht. Heidelberg hat nun einmal nicht grundlos ein solches Renomme und zieht natürlich viele gute Ärzte aus dem In- und Ausland dorthin. Wie es auch bei allen anderen Unternehmen ist - gute Ingenieure wollen überwiegend zu Porsche und nicht zu einem kleinen Werkzeugmacher in der Vorstadt. Die, die dann die Wahl nicht haben, werden sich mit weniger zufrieden geben (müssen, die guten Jobs sind ja dann alle vergeben). Dann kommen also erstmal die großen Kliniken, dann kleinere, dann Kreiskrankenhäuser und Häuser kleiner Städte (Siegen).
Natürlich wird es auch gute Ärzte geben, die sich freiwillig für ein solches Haus entscheiden, weil sie nicht umziehen wollen, oder weil es einfach bequemer ist. Aber das dürften nicht die Mehrheit sein, zumal es ja mehrheitlich keine Universitätsstädte sind und der Umzug quasi ohnehin stattfindet, wenn man das Argument weiterverfolgt. Aber es gibt ja noch andere.
Eigentlich folgt schon zwangsläufig, daß durch diese Selektion die besseren Ärzte in den Zentren sitzen, die den besseren Ruf haben, wodruch sich der Ruf ja wiederum begründet.
Die Zentren mit dem gutem Ruf ziehen wiederum die meisten Patienten. Dadurch steigt die Erfahrung in den Zentren, die Ärzte lernen mehr und werden besser (und können bei einem späteren Wechsel nicht das ganze Wissen mitnehmen).

Tja. Soweit die These.

Ich würde Büchler und den Herren in Heidelberg vertrauen.
Wenn der Arzt in Siegburg sich morgen auch "europäisches Pankreaszentrum" nennen will, soll er das doch tun. Ob das seine Erfahrung mit der Krankheit wiederspiegelt ist dann eine andere Diskussion. Ob andere Ärzte ihre Patienten dann nach Siegen schicken, eine weitere.

So wie Menschen, die viel kochen, immer besser kochen, haben Ärzte nun einmal ein größeres Fachwissen, je öfter sie mit einer Krankheit konftontiert werden. Wenn Du die jährliche Inzidenz von Pankreastumoren in Deutschland der Einwohnerzahl Siegens gegenüberstellst und annimmst, daß es darüber hinaus kein Einzugsgebiet gibt, sollte diese Tumorart also für einen Arzt in Siegen eher etwas exotischeres sein.

Man kommt immer wieder darauf zurück, daß Ihr besser in Heidelberg und Hamburg aufgehoben seid, oder eben in der ersten Siegener Klinik. Den zweiten Siegener Arzt dagegen würde ich nicht so ernst nehmen.

Was die spätere Operationalität angeht: Natürlich gibt es etliche Fälle palliativer Behandlungen, die zu einer solchen Verringerung der Tumormasse führen, daß später doch operiert wird. Auf diesem Zusammenhang, also dieser Erkenntnis, daß es diese Fälle gibt, basiert die neoadjuvante Therapie. Die Zahl ist allerdings vergleichsweise gering, meistens im einstelligen Prozentbereich, aber auch nicht niedriger.

Die Quoten findest Du auf pubmed wenn Du nach palliativen Chemotherapien für Pankreastumores suchst. In der Regel beobachten diese Studien bestimmte Ziele wie Gesamtüberleben u.ä. Die Studiengruppen werden darüber hinaus aber auch klassifiziert in Progress, also wächst trotz Chemo weiter, stable desease, Stillstand, und vor allem Regress, wird kleiner. Die letzte Gruppe ist je nach Regime gar nicht klein, bis zu 50% aller Teilnehmer. Von dieser Regress-Gruppe gibt es dann immer einige, die R1 und vor allem R0 operiert werden konnte. Es wurde dann einfach während der Verlaufskontrolle geschaut, ob man inzwischen nicht doch operieren könnte, praktisch wie ein neuer Fall, und dann entschieden. Diese Gruppe ist in den Studien immer angegeben, und sie ist, wenn auch gering, durchaus zählbar.

Was den Siegener Arzt nun endgültig zu einer tragischen Person macht.

Viele Grüße,
KL
Mit Zitat antworten