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Alt 30.01.2014, 21:06
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toinfinity toinfinity ist offline
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Pfeil AW: Wenn das Leben einfach so bei voller Fahrt die Handbremse zieht

Irgendwann kam es dann zu dem Tag an dem alles nochmal genauer besprochen wurde.
Wir bekamen ein Liste, mit Nahrungsmitteln die man nicht mehr essen darf.
Wegen der Abwehr, Schimmelpilzen und solchen Dingen.
Mein Mann musste einwilligen das die Therapie gemacht wird. Unterschreiben, das es auf Grund der Chemo irgendwann zu neuem Krebs kommen kann.
Wir lachten, sahen uns an und sagten beide, Gibt es denn eine Alternative?!
Nein, also los!
Nun wussten wir was es ist, wie es ist und was passieren wird. Dachten wir jedenfalls.

AML M2 Therapie 7+3 Alexan und andere Dinge... Falls es jemand genauer wissen möchte, fragt nach.

Auf der Liste der Dinge die man nicht mehr tun sollte, stand Eis aus der Eisdiele essen. Tchja, es steht ja so da und es könnte wer weiß was damit passieren.
Am Tag vor der ersten Chemo, brachte ich meinem Mann ein Spagetti Eis mit viel Sahne, aus der Eisdiele mit. Ich hatte um ein großes Eis gebeten, es wurde ein riesiges. Nunja. Bestellte 2 Löffel dazu.
Am Krankenhaus angekommen aßen wir nun in der prallen Sonne sitzend unser Eis. Wir lachten und waren ausgelassen.

Am nächsten Tag ging es also los, ich kam und der erste Beutel hing nun schon an ihm. Beäugte es sorgsam. Es war erdbeerrot. Wir flachsten, das da Liebe drin sei.
Vorweg gab es ein Antibrechmittel. Und wir warteten das er sich furchtbar übergeben müsse. Das passierte nicht. Ein Glück aber auch.
Danach gab es einen weiteren Beutel der 24 Stunden laufen würde. Tröpfchen für Tröpfchen. Der Tag ging vorbei.
Ich verabschiedet mich mit den Worten das in noch in den Keller müsse und für morgen früh wieder einen Beutel Liebe spenden müsse.
So sollte es nun 7 Tage laufen.
Ich fühlte mich recht normal in den Zeiten im Krankenhaus, er machte es mir leicht. Ging ich nach Hause, bröselte es, die Fassade bekam Risse, kleine und größere.
In den folgenden Tage ließ ich die Sorgen weitestgehend beim desinfizieren der Hände zurück. Ließ sie stehen und nahm sie Abends wieder mit heim.
Meistens ging es, wann anders war ich wütend weil er es war.
Musste aus mir unerklärlichen Gründen heulend das Zimmer verlassen.
Wir gerieten aneinander, warum? Eigentlich für nichts.
Und dann war da dieser Stinkstiefel aus der ersten Nacht. Er schlichtete fand die passenden Worte.
Ich mochte ihn, er war mein Informant, die gute Seele dieses Zimmers. Ja er war ein Stinkstiefel, schnell auf 180 aber mindestens genauso schnell wieder sehr, sehr freundlich. Er gab Acht auf meinen Mann und er gab Acht auf ihn.
Sie passten auf einander auf. Redeten, halfen sich. Waren da!
Kurt hieß er, war über 60 hatte keine Familie. Hatte keinen Mut mehr, manchmal riesige Angst. Er nahm alles sehr genau, und irgendwann waren wir wohl so etwas wie Freunde, eine kleine Familie. Wir konnten seine Sorgen verstehen und manchmal gelang es uns sie klein zu reden.
Er blieb im Bett, Tag um Tag. Ließ alles über sich ergehen.

Mein Held schlug sich tapfer, irgendwann bekam er Flecken. Mehr und mehr. Die Haare am ganzen Körper standen im zu Berge. Einblutungen, allergische Reaktion.
Plötzlich an einem anderen Tag, sagte er mir nun, ihm gingen die Scharmhaare aus. Rasieren?!! Alles weg war mein Gedanke, ich mach mit wenn es hilft. Die Haare wollte er nicht rasieren, noch nicht. Erst wenns am Kopf anfängt....

So kam es also, das wir gemeinsam mit seinem Kulturbeutel, einer Haarschneidemaschine und allem was man sonst so zum rasieren braucht ein großes Bad der Station aufsuchten.
Ich sollte ihm den Kopf rasieren, Ich? Nun gut.
Bloß nicht schneiden. Bloß nicht schneiden. Das alles mit Mundschutz im Gesicht, man muss ich blöd ausgesehen haben. Alles ging gut, es dauerte lang, wir rasierten nass hinterher. Bloß nicht schneiden. Die Schwestern würden uns erschlagen. Die Haare waren ab. Er gefiel mir auf Anhieb. Sah anders aus aber gut!
Meine Mama brachte Mützen, er suchte sich welche aus, Mama sagte, jetzt siehst du aus wie ein kleiner Reispflücker. Wir lachten laut.

Humor ist, wenn man trotzdem lacht!

Die Flecken waren schlimm und wurden schlimmer. Eine Allergie auf das Alexan. Na toll. Jeden Abend cremte ich ihn ein, ihm war furchtbar kalt hatte ein Gänsehaut am ganzen Körper. Die Brustwarzen taten weh. Kamen sie ans T-Shirt war es besonders schlimm. Also Creme rauf, viel Creme. Es half.
Desweiteren musste irgendwann Cortison in großer menge ran das half einfach besser.
Es folgte eine Allergie aufs die Thrombozyten, Cortison. Nun immer vorweg. Es half.
Irgendwann kam dann Fieber, hoch und höher. bald sagte ein Arzt ganz lapidar: Lungenentzündung!
So jetzt hatte ich Angst. Mein Mann nicht. Ja, ja das geht weg.
Das Fieber blieb, Kulturen vom Blut wurden angelegt. Nichts. Antibiotika. Nichts. Bronchoskopie, Lunge spülen, Sekret untersuchen. Nichts.
Ausser Husten danach.
Irgendwann sagte die Schwester: Das ist Pilzfieber. Immer wenn es in der Nacht so hoch geht, dann ist es Pilz. Eine Anspielung aufs Rauchen?!
Aber sie behielt recht, es war ein Pilz der eine Lungenentzündung verursachte. Also gab es ein Pilzmittel, gelber Beutel, Ambisome. Fasst wie Limonade. Es half, endlich, tage mit Fieber und großen Sorgen gingen ins Land. Langsam ist das Fieber gesunken. Ein Pilz so ein Mist. Das Fieber blieb irgendwann aus, ein Glück, weiter aufpassen. Leukozyten zählen, 3000 sollten es sein, eh es nach Hause ging. Die waren es längst. Aber naja, der Pilz machte noch Sorgen...

Nach 5 1/2 Woche kam er nach Hause. Zuvor hatte ich mir die Finger wund geputzt, der Hund schlief nun nicht mehr im Schlafzimmer sondern im Flur. Bakterien, Bakterien...
Ein Besuch in der Apotheke, Fieberthermometer, Paracetamol, Pflaster... Ich kaufte ein wie ein besorgtes "Muttertier". Als würde es helfen. In meinen Ohren dröhnte, Wenn Fieber, Krankenhaus! Sofort!

Geändert von toinfinity (30.01.2014 um 21:18 Uhr)
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