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Alt 22.10.2002, 13:12
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Standard Kübler-Ross und ihr Sterbephasen Modell

Hallo Anja,

in deiner Antwort an Susanne weist du zu Recht am Beispiel deines eigenen Erlebens auf eine Situation hin, in der mangels Gespräche die Beteiligten darauf agewiesen sind "indirekte Zeichen" zu deuten, weil unmittelbare Gefühlsäusserungen eben nicht stattfinden.
Aber genau diese Situation wird doch im Sterbephasenmodell gar nicht beschrieben ! Ganz im Gegenteil wird da ein Patient beschrieben, der sich geradezu *verzweifelt konkret* mit zu teilen versucht !

Ich bin auch nicht deiner Meinung, das ich das Kübler Ross Gesamtwerk erst lesen müsste, um den *Grund Ansatz* dieses zur Diskussion stehenden Modells bewerten zu dürfen.
Sollte es so sein, dass mit diesem Modell Frau K-R durch *andere* auf eine Weise verkürzt wurde, die sie selbst so nicht authorisieren würde, tue ich ihr *vielleicht* unrecht. (Was ich bei allem was ich gelesen habe mir jedoch nicht vorstellen kann)
Aber um eine spezielle Bewertung der Person K-R geht es in dieser Diskussion gar nicht.

Und auch du, die du das Werk ja ausführlicher zu kennen scheinst, vertrittst doch genau den Ansatz, den ich kritisiere.
Denn auch du schreibst von "Nichtwahrhabenwollen" und schon alleine dieses Wort setzt doch voraus, dass irgendjemand *anderer* im Besitze jener Wahrheit ist, die dieser Betroffene selbst "nicht-wahr-haben- will". Verstehst du nicht, was ich bereits an diesem Ausgangspunkt gefährlich und anmaßend finde ?

Du stützt dich auf Begriffe wie "Wahrheit" oder "realistisch" ...... übrigens, warum hast du "sorry" gesagt, als du letzteren verwendetest ?

Eines sollte doch klar sein:
Wahrheit kann sich immer nur auf die Gegenwart beziehen, jede Aussage über die Zukunft kann frühstens in dieser wahr *werden* (bzw in einer *später* stattfindenden Gegenwart wahr *sein*.)
Somit kann die eigene "Nicht-Existenz" aber gar nicht wahr werden, weil ja dann die für "Wahrheit" nötige Gegenwart auch nicht mehr existiert.
Bitte, das hat jetzt wirklich nichts mit "Wortklauberei" zu tun, sondern mit Sorgfalt und es ist wirklich elementar !
Denn darin liegt der alles entscheidende und *trennende* (!) Unterschied zwischen "akzeptierenden Angehörigen" und einem Betroffenen selbst.

Die Angehörigen können einer "Wahrheit ins Auge sehen", wie du das nennst, die so aussieht, dass sie sich in einer künftigen Gegenwart OHNE den Betroffenen einrichten.
Für den Betroffenen selbst aber *gibt* es gar kein solches Auge !

Die Frage die bleibt ist also nur die, ob man als Angehöriger sich in diesem Sinne zu Lebzeiten eines Betroffenen von ihm abwendet, um es *sich selbst* zu erleichtern oder eben nicht. Das ist knallhart, aber das ist wohl tatsächlich die eigentliche Frage. Aber es sollte, wenn schon (!), dann wenigstens *ehrlich* bleiben. Denn mit "begleiten" und ähnlichen Beschönigungen hat das doch überhaupt nichts zu tun, schließlich ginge dieser Weg ja in die exakt entgegen gesetzte Richtung !
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Nochwas kurz :

Du schreibst :
"Dann ist es doch von Vorteil, wenn der Angehörige weiß, dass er jetzt nicht über den Tod sprechen sollte, weil der Betroffene dann erst recht mit Widerstand reagiert."

Ich kann es schon gar nicht verstehen, wie ein Angehöriger *von sich aus* auch nur auf die *Idee* kommen kann, über den T'd eines anderen mit diesem zu sprechen. Dieses Thema anzuschneiden *kann* doch nur dem Betroffenen selbst zustehen. Also auch dieses "pro K-R- Argument" kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.

Gruß
Lillebror
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