Einzelnen Beitrag anzeigen
  #3  
Alt 08.11.2017, 21:51
Clea Clea ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 13.01.2017
Beiträge: 560
Standard AW: Mutter nach 13 tagen an Darmkrebs Verstorben

Lieber Enno,
mein herzliches Beileid zu deinem Verlust.
Wenn es so schnell geht, hat man wirklich auch keine Zeit mehr, dem Gegenüber all die Dinge zu sagen, die man sagen hätte wollen. Das quält dich sicher.
Wenn sie derartige mit Morphin addiert war, wird sie nicht viel mitbekommen und nicht gelitten haben.
Meine Ma hatte nicht so viel Schmerzen, meist war sie mit Novalgin gut abgedeckt.
Die Palliativleute haben in den letzten Tagen immer etwas gegeben, wenn sie unruhig würde, weil sie sich sonst nicht mehr äußern könnte. Dann fuhr sie sich mit der Handrücken übers Gesicht und raufte sich die Haare. Danach war es gleich besser.
Wir Krankenschwestern sagen in unserem Jargon schon mal, wenn sich ein Patient gar zu sehr quälte, man sollte das Morphin mit Morphin auflösen. Also quasi die Konzentration derart erhöhen, dass die Atmung aussetzt, denn das ist die Folge einer Überdosierung.
Bitte sieh das als reine Hypothese, nur die wenigsten tun das... Ja, diese Todesengel gibt es, aber eigentlich kann das nicht vorkommen, da jede Gabe sehr genau dokumentiert wird. Es ist ja ein Betäubungsmittel. Überdosierung fällt garantiert auf.
Eigentlich wird es aber bei ersten Gaben recht niedrig dosiert und langsam gesteigert, wenn man den Eindruck hat, es reicht noch nicht, oder nicht mehr.
Und ja, es wirkt gegen Luftnot... Und gegen die damit verbundene Todesangst. Und das ist, finde ich, die Gnade, die man einem Sterbenden gewährt, ihm die Angst zu nehmen.
Angstfrei ist Sterben einfacher und das Leiden gering.
Ich persönlich möchte, glaube ich, nicht sediert werden, aber als Nebenstehender ist der Anblick sicherlich friedlicher.
Ob man einem Erstickten nach dem Tod sein Leiden noch ansieht, vermag ich nicht zu sagen. Meine Mutter sah ganz friedlich aus, aber sie hatte auch keine Luftnot.
Allerdings ist das allermeiste Sterben ein Ersticken, denn im Prozess sammelt sich durch die immer ungenügendere Atmung CO2 an, welches irgendwann die Atmung lähmt.
Leider sediert CO2 nicht. Das übernimmt das Morphin, und man verschläft den eigenen Tod.
Entschuldige, falls das zu theoretisch war. Meine Ausbildung versucht, sich aus dem Gefühlschaos heraus zu beweisen und mir weis zu machen, dass das, was passiert ist, nämlich das Multiorganversagen, was auch bei euch das Entscheidende war, unumkehrbar ist. Und dass das Leiden nicht länger dauern darf als irgend nötig, so sehr ich meine Mutter jetzt auch vermisse. Aber nur, weil ICH nicht loslassen kann, sollte sie nicht leiden.
Dann besser ein Ende mit Schrecken.
Nach, das klingt jetzt alles so vernünftig... Gleich, beim Grübeln im Bett, sieht die Sache wieder ganz anders aus.

Geändert von Clea (08.11.2017 um 21:54 Uhr)
Mit Zitat antworten