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Alt 12.02.2006, 23:22
Liz und Willy Liz und Willy ist offline
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Standard AW: Bye bye Dad, I love you .... Alfred 16.2.1972

Darling Daddy

Gestern vor 3 Jahren musste Willy für seine Lungen Op. in die Klinik eintreten, nach dem wir echt darum gekämpft haben, dass er überhaupt noch operiert wird.

Wie nun die Erinnerungen wieder hoch kommen, die ganzen Gefühle und Ängste die wir damals hatten und teilweise immer noch haben. Heute ist die Panik weg, es ist zu einem Teil des Lebens geworden mit diese Angst leben zu müssen.

Gestern vor 3 Jahren begann die neue Zeitzählung die Tage noch vor der Operation und die Zeit danach. Er trat ein Tag 2 vor der Operation, und wenige Stunden erfuhren wir, dass dieser Tag 2 Vor der Operation plötzlich zum Tag 3 und Tag 4 und 5 wurde, die Operation wurde immer wieder um einen und wieder einen Tag verschoben.

Es war aber auch die Zeitrechnung des letzten Tages als normales Ehepaar. In der Zeit als er damals in der Klinik lag, schlief ich in seinem Bett, eng auf mich liegend sein vom ihm getragener und nach ihm riechenden dunkelblauen Wollrollkragenpullover, denn ich knuddelte wie ein Plüschtier, irgendwie wollte ich etwas von ihm mir ganz nahe haben. Es war die Zeit des Abschiednehmen einer egsunden normalen Partnerschaft, denn die Befürchtung die ich hatte bewahrheiteten sich, er kam nicht mehr so heim wie er war, und er würde auch nie mehr so sein wie er einmal war, so wie ich mich in ihn verliebte und ihn heiratete. So ist es bis heute nicht mehr möglich ihn so in den Arm zu nehemn wie früher, man muss immer aufpassen, dass man ihm keine Schmerzen verursacht. Auch unsere "körperliche" Beziehung wurde anders, es war plötzlich gar nicht mehr wichtig, es gab weit wichtigeres im Leben als das. Und doch war die Zeitrechnung danach noch erfüllter als sie vor der Op. war. Komisch ist aber so. Ist auch sehr schwer zu erklären.

In der Klinik dann wollten sie die ganz normalen Untersuchungen für eine Op. machen, dann kamen immer mehr und was im Normal für eine Op. nicht in die Routine gehört. Es wurde uns bewusst es handelt sich nicht um einen Routineneingriff.

So wurden neben den Laboruntersuchungen und EKG auch ein neues PET, neues MRT, CT, Angiogramm und vieles mehr gemacht, zudem 22 Blutkonserven für die Op. gerichtet. Es gab Abklärungen und Gespräche mit der Thorax-Chirirugie, Neurodchirurgie, Orthopaeden und der Gefässchirurgie, denn alle 3 Disziplinen mussten mit operieren.

Am Heiligabend liessen die Docs mich wissen, dass er noch 2-3 Monate hat und es nicht mehr operiert wird, keine 3 Wochen vor Weihnachten sagte uns der Pneumologe, dass er für die Operation nur 5-6 Tage drin wäre und er ohen weiteres an der Fasnacht teilnehmen könnte ..... dabei konnte er in Wahrheit am Tag der Basler Fasnacht nicht einmal alleine aufstehen, geschweige denn daran teilnehmen - er war auf den Rollstuhl und Sauerstoff angewiesen und erhielt seine Blutkonserven eingeflösst in die Vene.

Er ging so zuversichtlich rein, in der Annahme er packt es locker vom Hocker.

Die Op. war für den 13.2. geplant.

Operiert wurde dann mit eienr Woche Verzögerung am 19.2.2005 - sie benötigten die Zeit um alle weitere präoperativen Abklärungen zu machen.

Panik kam mir von Tag zu Tag immer mehr auf, in der Hoffnung, dass es nicht hiess sie würden an deinem Todestag operieren - ich hätte es wahrscheinlich nicht gepackt wäre die Op. am 16.2. an deinem Todestag und am Geburtstag deiner Mutter, meiner geliebten Omi gewesen. Auch wenn ich wusste, dass es nur ein Tag von vielen war, so wollte ich nicht, dass an deisem tag etwas mit der Op. schief geht und er vielleicht sogar am gleichen Tag wie du und an der gleichen Krankheit wie du stirbt.

So allmählich wurde mir nur allzu deutlich bewusst, dass es nicht so eine Op. sein wird wie der Pneumologe uns gesagt hatte - er meinte nach 5-6 Tagen sei Willy wieder daheim. Willy trat in die Klinik und brachte die Docs zum Lachen , ja richtig zum Grinsen - so berichtete er wie das ganze anfing als der Arzt die Aufnahme machte und die ganzen Angaben haben wollte. Willy wurde vom Doc gefragt wie er sich im Moment fühlte, seien Antwort war ganz lakonisch "ich bin pumperlgsund, es geht mir sehr gut - ich habe nur Krebs!". Und schon hatte niemand mehr Wind in den Segeln!

In den Nächten bevor er eintrat bereitete ich sein Kraftbuch vor, ein grosses leeres Fotoalbum wo ich die bereits erhaltenen Genesungswünsche, Glücksbringer (der Anfang der Marienkäfersammlung), Gedichte, Kinderbilder, Fotos, Schoggikäfer, Feder, gepresste Blumen etc. eingeklebt. Vorne schrieb ich eine Einleitungsseite mit Fotos von Einsiedeln, der Kapelle in Kärnten und der Kirche in Rudolfstetten. Mein Gedicht an ihn war eingeklebt und ein Couvert mit einem Brief an alle zukünftigen Kraftspender, also den Schreibern. Ich malte ein paar Bilder rien und klebte Fotos dazu von den Kids, seinen Eltern, seiner Schwester und alle die ihn liebten, damit er spürte alle waren da für ihn.

Als er dann in der Klinik sein Zimmer bezog, überreichte ich ihm ein fast leeres Buch - zumindest im Vergleich zum Buch danach!!! Ab dann wurde es von allen unterzeichnet und ausgefüllt. Es füllte sich im Nu zu einem übervollen Buch, welches ich mit einer Kordel nun zu binden muss, damit ja nichsts verloren geht.

Es war das erstemal, dass wir getrennt wurden im Wissen es klönnte auch sein, dass er nie mehr heim kommt. Denn sie beurteilten die Lage immer noch als inoperabel, mussten aber operieren, weil der Tumor nur 2mm vom Rückenmark entfernt war und eine hohe Querschnittslähmung, eine sogenannte Tetraplegie ab Höhe C5 drohte. Ja nun wussten wir es, kaum 14 Stundne vor der Op. wurde uns mitgeteilt, es wird nur operiert, um zu verhindern, dass er mit Beatmung im Rollstuhl sitzen muss. Willy liess diese Info nicht mehr an sich heran, er hatte eine Schutzmauer aufgebaut, ich hingegen war zerstört, lief wie ein verlorenes, verängstigtes und verwirrtes Kind im Trance herum, nahm nichts oder kaum was wahr, was um mich herum geschah.

Ich nahm in diesen Tagen vor der Op. täglich immer mehr von unserem Leben Abschied. Die nächste Phase des "Scheibchenweise Abschiednehmen" begann.

Die Horrorfahrt, die Höllenfahrt des Lebens mit Krebs begann, nachdem ich dachte, dass die Erstdiagnose, Chemo und Bestrahlung schon die Hölle waren. Ich dachte im ernst, wie ein unschuldiges Lamm "Kann es überhaupt noch schlimmer werden?".

Ja es kann und es wurde auch schlimmer....

Diese Erinnerungen werden mich wahrscheinlich bis in meinen eigenen Tod verfolgen.

Daddy darling, und du hast es auch hinter dich bringen müssen, warum nur? Warum nur?

Du fehlst mir sehr, gerade jetzt, naht doch dein Todestag unaufhaltsam zum 34. Male.

I love my darling Daddy, it hurts so much, even after 34 years. Dini Gigaxel
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Willy 54 J. LK Pancoast Tumor Adeno. ES 8/02 ED 11/02, Radio-Chemo, Op. 2/03 seither Teilgelähmt, O2-abhängig
Liz MS im Rolli. Gebärm.ca. 8/05
Mami 10.4.1934 - 7.9.2009
inoper. Hirntumor 10/07, Blasenkrebs 1/09
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