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Alt 29.08.2012, 11:45
AnneMelanie AnneMelanie ist offline
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Standard AW: Oligodendrogliom WHO II-WHO III

Part III:

Die 3.OP war nun also am 26.07.2012 gegen 08:00 Uhr, wir bekamen nach der OP einen Anruf das alles gut verlaufen sei und wir ihn am Nachmittag sehen können.

Er sah für seine Verhältnisse gut aus und wir scherzten sogar, der Pfleger der Intensivsation war sehr zuvorkomment und bemüht, wir gingen beinahe beflügelt aus der Uni.

Am Freitag sah es schon ein wenig anders aus, er hatte ein leichtes Durchgangssyndrom entwickelt, was aber nicht weiter dramatisch war.
Ich konnte aufgrund einer Zerrung eine weitere Woche bei meinen Eltern bleiben und so fuhr ich jeden Tag in die Klinik und meine Mama kam jeden 2.Tag mit, so konnte sie sich um alltägliche Angelegenheiten kümmern, denn mit Fahrzeit und Besuch gingen immer mind. 2 1/2 Std ins Land.
Nicht viel, aber da meine Mum selbst nicht auf dem Gesundheitsgipfel hockt, ist es für sie sehr anstrengend.

Am Samstag bekam mein Vater Fieber, ihm war immer latent übel und er wollte einfach nichts essen, nicht mal probieren, auch der Kopf tat ihm weh.
Der Stationsarzt meinte das sei normal und auch die Schwestern schien es nicht sonderlich zu interessieren, er lag also die meiste Zeit im Bett und hatte Augen geschlossen.
Sonntag (29.07.) war die Übelkeit und der Kopfschmerz zwar nicht verflogen, aber er lief einfach mit meiner Mama im Arm ein paar Schritte über den Flur, hier konnte man schon stark den Gesichtsfelddeffekt erkennen, so lief er gegen Hindernisse auf der linken Seite und schien auch sonst nicht sehr aufmerksam.

Am Montag fuhr ich allein zu ihm, er hatte ein Gestell am Bett, daran war ein Behältnis befestigt in dem sich eine hellgelbe Flüssigkeit sammelte (konnte ja nur Hirnwasser sein-was war also passiert)?

Er erzählte mir, dass er morgens am Tisch saß, weil er versuchen wollte zu essen, da überkam ihn die Übelkeit und er musste ins Bad, dort schaffte er es nur zum Waschbecken und bemerkte nach dem Übergeben (im Magen war ja eigentlich nichts mehr), dass es sich im Nacken nass anfühlte, er ging langsam zum Bett und wartete (ich weiss nicht warum er sich nicht traut zu klingeln).
Zum Glück kam der Krankengymnast nach einer Weile und informierte sofort die Pflegekräfte.
Auf jeden Fall war der Druck im Kopf zu gross (deshalb ja auch Kopfschmerz und latente Übelkeit) und die Narbe platzte auf.
Er erzählte mir, dass man ihm dann hier im Zimmer eine Drainage im Spinalkanal gelegt habe und er vor Schmerzen den Arzt am liebsten eine runter gehauen hätte.

Ich wunderte mich sehr, muss doch sowas unter absolut sterilen Bedingungen erfolgen? Naja ich bin ja kein Arzt...ich musste dann live miterleben, wie auch bei seinem Zimmerkollegen eine Drainage gelegt werden sollte...im Zimmer!Unter sterilen Bedingungen!

Ich suchte mir dann eine Schwester und fragte sie was das hier nun sei...sie erklärte mir, dass durch die Drainage, welche 6 Tage verbleibt, der Hirndruck geregelt wird.
Ich fragte sie, was denn normal wäre, also wieviel Hirnwasser ablaufen darf und sie erklärte es mir kurz (also nicht zu viel, ist ja dann auch schlecht)...logisch, mensch Anne wie dumm du doch bist.

Ich blieb dann noch 1 Stunde und irgendwie lies es mir keine Ruhe, da die Schwester doch meinte, viel soll da nicht ablaufen, denn die Skala zeigte eine Volumenzunahme von 150 ml an, also ging ich wieder zur Schwester, die hoch empört in einem barschen Ton zu meinem Vater: Mein Gott, was bewegen sie sich hier auch immer im Bett, liegen sie doch mal ruhig.
Ich musste echt um meine Fassung ringen...habe sie aber gewahrt.

Dienstag ging es ihm estwas besser, er lag ja nun still, wie einbetoniert.

Am Mittwoch saß ich an seinem Bett und er nahm meine Hand, sah mich an und bat mich um einen Gefallen, der mich erschaudern ließ.
Ich solle mich um den baldigen Verkauf der Firma kümmern, aber Mama nichts erzählen, sie soll nicht beunruhig werden, aber es geht nicht mehr, er merkt es langsam, er kann seinen Lebenstraum nicht weiter führen.

Bevor ich vergesse, an diesem Tag klagte er schon über ziehende Schmerzen an der Einstichstelle der Drainage, der Stationsarzt meinte das kann mal sein.

Am 02.08. sind wir dann mit Kuchen und Kaffee in die UNI, er hatte darauf Hunger und meine Mama schließlich Geburtstag, bei unserer Ankunft lief er über den Flur, er habe die Nacht nicht ein Auge zu getan, seine Beine tun ihm höllisch weh, er hält es kaum aus, er kann weder sitzen noch liegen, wenn er in Bewegung ist geht es leicht.
Er bekommt dagegen Pracethamol und gut ist....sehr unbefriedigend, aber was hat man für eine Wahl, man vertraut den Ärzten und vielleicht sind wir doch zu "verwöhnt" von den ersten beiden OP's und zu ungeduldig.

Am Freitag fuhr ich dann in der UNI ran, als ich auf dem Rückweg zu mir nach Hause war, ich traf auf einen völlig übermüdeten Papa, der beim Reden einschlief, er lag frierend mit Hose im Bett und das bei 30 Grad Aussentemperatur.
Die Drainage hatten sie schon den Vorabend gezogen (sollte die nicht 6 Tage verbeliben), komisch...
Ich rief meine Mama an und bat sie am späteren Nachmittag nochmal hin zu fahren.

Ich setzte mich kurz ans Bett und streichelte seine Hand, ab und an machte er die Augen auf, da platzte eine Schwester ins Zimmer und stöhnte rum: menschens Kind, nun beeilen sie sich doch, immer trödeln sie, der Essenswagen ist da und muss runter, ihr Mittag steht schon seit ner Stunde.
Mein Vater schaffte nicht mal zu antworten, da verschwand sie schon.
Ich versuchte ihn immer wieder zu wecken und bat ihn zu essen, er schaffte es mühsam zum Tisch, 2 Happen Salat nahm er zu sich und schlief ein.
Ich holte eine andere Schwester und erklärte ihr, dass mein Vater im Vergleich zu gestern ein anderer Mensch sei, sie erstellte die Vitalparameter, sagte sie werde den Arzt informieren und es beobachten, sei aber völlig normal, da er ja mittlerweile 2 Nächte nicht geschlafen habe.

Meine Mum fuhr also gegen Abend hin und die Lage war unverändert, er bat sie, sein Handy dort zu lassen (wir hatten es immer wieder an uns genommen, weil zu viele Geschäftsanrufe eingehen und er Ruhe braucht), also tat meine Mum ihm den Gefallen, wenigstens für das WOE.

Samstag telefonierte ich mit ihm, er erzählte mir immernoch von den unerträglichen Beinschmerzen und der Übelekeit, aber das er bald nach Hause möchte, er hätte in der Nacht sogar den Arzt kommen lassen, weil es nicht mehr ging.

Am Sonntag rief mich meine Mama an und erzählte mir, das sie Vormittags bei ihm war, er trotz Schmerzen orientiert war und sie gut reden konnten, er nahm sogar etwas Obst zu sich.

Gegen 14 Uhr rief er sie dann auf ihrem Handy an und sagte: hol mich mal ab, ich bin hier auf der Baustelle und fertig mit vermessen.Diesen Satz wiederholte er immer und immer wieder.
Meine Mutter traute ihren Ohren nicht, wie kommt er zu einer Baustelle und dann noch am Sonntag?
Sie hörte wie ein Mann im Hintergrund sagte: soll ich mal mit ihr reden.
Da wurde mein Vater sehr wütend und schrie umher, meine Mama glaubte ja noch immer die Baustellengeschichte und verlangte nach dem Mann im Hintergrund.
Der stellte sich als sein Zimmerkollege vor und das Papa seit Mittags halluziniert.
Meine Mama bat ihn, eine Schwester zu suchen und ihr das Telefon zu geben.
Das tat er auch.
Die Schwester meinte dann: ja komsich, haben wir auch schon bemerkt, der stand vorhin vor der Wand und redete mit ihr und als wir ihn ansprachen, meinte er Fussball zu gucken. Einen Arzt informieren? Aber es ist doch Sonntag, das beobachten wir, beruhigen sie sich mal.

Die komplette Nacht rief mein Vater im Wechsel mich und meine Mutter an, sagte aber immer nur Hallo, Hallo...bis sein Akku endlich den Geist aufgab.

Geändert von AnneMelanie (29.08.2012 um 11:54 Uhr)
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