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Alt 05.11.2004, 13:37
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Rudolf Rudolf ist offline
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Standard niere raus...tumor raus....was nun???

Hallo Ulrike,
„Mistel hat keinen Vorteil“ ist etwas ganz anderes als „Mistel hat keine Wirkung“.
Das nein bei der Beurteilung des Therapievorteils sehe ich im Zusammenhang mit der negativen Beurteilung der Aussagekraft dieser Studie, die teilweise an der geringen Patientenzahl (14) liegen mag, von denen vielleicht 7 mit Mistel und 7 anders behandelt wurden.
Die Aussagekraft der Studie wird negativ beurteilt (nicht die Mistel), d.h. die Studie ist wertlos, besagt gar nichts.
Interessant ist dazu ein Satz aus dem Text:
„So wird etwa eine methodisch unzureichende Studie zur Misteltherapie beim Nierenkarzinom, die keinen Unterschied zwischen Mistel- und Kontrollgruppe ergab, von Kjaer (105) ohne Methodenkritik als Beweis für die Unwirksamkeit einer Misteltherapie gedeutet, während Kiene (102) in Bezug auf dieselbe Studie zu dem Ergebnis kommt, daß sie zwar keinen Vorteil für die Misteltherapie aufzeigt, daß ihr aber aufgrund des gemischten Patientenkollektives und der Auswertungsmethode keine Aussagekraft zukommt.“
Ich habe vor längerer Zeit irgendwo im Internet eine Zusammenstellung mehrerer Studien zur Misteltherapie gesehen. Falls ich die wiederfinde, werde ich es mitteilen. Allerdings wurden auch hier etliche Studien mit „ungeeignet“ bewertet.

Beim Mamma-Ca in dieser Tabelle werden in 9 Studien fast 5000 Patientinnen beobachtet. Nur eine Studie beurteilt den Therapievorteil negativ, aber ebenfalls nur eine wird in ihrer Aussagekraft positiv beurteilt. Da fragt man sich, wo denn der Wert solcher Studien eigentlich liegt. Statistiken sind nicht Statistiken, Wissenschaft ist nicht Wissenschaft. Da werde ich an den Satz erinnert „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.“

„Metastasiertes Nierenkarzinom“ ist ja ein sehr weiter Begriff. Er dürfte in der Praxis weitestgehend mit Stadium IV identisch sein. Aber: er reicht doch von einer einzelnen kleinen Lungenmetastase bis zu multiplen Knochenmetastasen, und von einer Tumorgröße von vielleicht nur wenigen Millimetern bis Heinos 1,5 kg. Dementsprechend sieht doch auch die Behandlung sehr unterschiedlich aus. Dabei dürften die Lungenmetastasen am ehesten von der Mistel und einer Aktivierung des Immunsystems „profitieren“, weil das Lungengewebe zu zwei Dritteln aus immunkompetenten Zellen besteht (sagte mein Urologe).
Auf jeden Fall weiß man nicht, in welchem Stadium IV die Patienten der o.g. Studie sich befanden. Denn der Erfolg jeder Therapie ist sicher auch vom Grad der Metastasierung abhängig.

Alle Methoden sind „erfahrungsbezogen“. „Wissen“ ist etymologisch verwandt mit lat. „videre“, das heißt „sehen“. Es gibt keine Wissenschaft ohne Beobachten, sei es nun die Humanwissenschaft Medizin, seien es die Naturwissenschaften. Beobachten muß man die Wirkung eines Arzneimittels auf den menschlichen Körper, die Wirkung eines Antibiotikums auf ein Bakterium, das Verhalten einer Biene bei der Informationsweitergabe, das Verhalten einer Pflanze bei viel Wasser und bei wenig Wasser. Man kann diese Beobachtungen in Statistiken zusammenfassen oder auch nicht. Um zu wissen, daß ich bei Regen naß werden kann, brauche ich keine Statistik. Um zu wissen, daß es im Sommer wärmer ist als im Winter, brauche ich keine Statistik. Um zu wissen, daß mir die Mistel geholfen hat, brauche ich keine Statistik.
Bei einer Statistik sollte man auch wissen, wer diese Statistik mit welcher Absicht erstellt hat. Wenn man z.B. 10 Patienten mit nur einer Lungenmetastase mit IMT behandelt, andere 10 Patienten mit Knochenmetastasen aber mit Mistel, dann ist klar, was bei dieser „Studie“ herauskommt bzw. herauskommen soll. Vordergründig sind natürlich alle 20 Patienten im Stadium IV.

Im übrigen halte ich es für problematisch, die Wirksamkeit der Mistel auf verschiedene Tumorarten unterscheiden zu wollen. Denn ihre Wirkung besteht doch wohl zu einem erheblichen Anteil in der Aktivierung des Immunsystems, wie das ja in Tabelle 3 Deines Literaturhinweises beschrieben wird. So müßte die Unterscheidung eher beim Immunsystem liegen.

Wenn ich die Anthroposophie einigermaßen verstanden habe, dann geht es eher darum, den Menschen zu heilen, es geht weniger um die körperliche Heilung. Wenngleich mir das „zu wenig“ ist. So sehe ich aber die Mistel weniger als Mittel gegen den Krebs als für das Leben, im weitesten Sinne.

Ich habe beschrieben, wie ich die IMT empfinde. Vielleicht hätte ich „unmenschlich“ sagen sollen, oder einen „harm“loseren Begriff suchen. Ich bewundere die, die diese Prozedur auf sich nehmen. Ich hatte von Anfang an die Gewißheit, daß es einen anderen Weg gibt. Auf die Mistel bin ich ja erst sehr spät gestoßen (worden).
Lebensverlängerung für sich genommen hat ja noch nichts mit Menschlichkeit zu tun. „Pflicht jedes Arztes“: weiß das jeder Arzt? Für mich gibt es auch nicht die Schulmedizin, immer nur den einzelnen Arzt. Viele sind würdige Vertreter der Menschlichkeit, so manche aber leider nicht.

Vor wenigen Tagen erhielt ich eine Mail von einer Frau, die im KK nie geschrieben hat, aber viel gelesen. Ihr Mann ist 8 Monate nach der Diagnose gestorben. Sie schrieb: „Wir haben uns entschieden, zunächst die Schulmedizin auszureizen. Leider kamen wir nicht mehr zu dem Versuch, deinem Beispiel zu folgen.“ Es kann also auch für die Mistel zu spät sein. Ob es aber in diesem Fall ein „rechtzeitig“ gegeben hätte, weiß man natürlich nicht.

Ich würde mich auch niemals als „unheilbar krank“ bezeichnen. Das wird man erst sagen können, wenn oder falls ich an Krebs gestorben bin. Soviel Selbstmitleid bringe ich nicht auf. Und es klingt 100%ig negativ. „Vorläufig geheilt“ klingt doch wenigstens 99%ig positiv. Natürlich können Metastasen wiederkommen. Aber zahllose andere Krankheiten können auch kommen.
„Mit deinen Gedanken erschaffst du deine Welt.“
Rudolf
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