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Alt 24.12.2022, 11:12
dirk66 dirk66 ist offline
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Standard AW: Neues Mitglied

Hallo Karl-Heinz,
bin hier seit einigen Wochen still lesendes Mitglied, Dein Post hat mich jetzt dazu bewogen, mich in diesem Forum anzumelden, bin 56 Jahre alt. Mir selbst wurde Mitte August ein Nierentumor entfernt, Teilresektion der linken Niere, ebenfalls mit Flankenschnitt. Mein Tumor war bösartig, hatte aber eine „günstige“ Tumorformel: T1a M0 N0 G1

Ich kann Deine Fragen sehr gut nachvollziehen, denn exakt die gleichen Fragen stellten sich mir auch und auch heute noch. Jeder kennt einen der Krebs hat/hatte aber wenn es einen dann selbst trifft, dann zieht es einem erst einmal den Boden unter den Füßen weg. In Deiner Anschlußheilbehandlung wirst Du die Möglichkeit haben (Du musst es einfordern), mit einem Onko-Psychologen zu sprechen bzw. Termine zu bekommen. Das machst Du mal und besprichst mit ihm, wie Dir weiter geholfen werden kann. Ich habe es gemacht und mir hat es schon den einen oder anderen Ansatz gegeben, damit umzugehen.

Zu Deinen Schmerzen kann ich natürlich konkret nichts sagen, bin ja kein Arzt. Selbiges traf und trifft auf mich aber auch heute noch zu und sowohl Ärzte als auch Menschen die ich kennenlernen konnte berichteten, dass diese Schmerzen normal sind und erst nach einer Zeit vergehen. Bedenke bitte, dass man in Dir tief operiert hat, Muskeln und Gewebe wurden beschädigt und der Heilungsprozess ist sehr langwierig. Einige Betroffene mit „quasi exakt“ meiner Geschichte/Tumorformel berichten, dass sie diese „Schmerzen“ auch noch 2 Jahre nach ihrer OP haben. Bei mir sind es auch keine wirklichen Schmerzen sondern eher ein unangenehmer Tagesbegleiter, so möchte ich es mal nennen. Aber eben genauso wie bei Dir: OP-Narbe kein Problem, Leiste und darunter, da zieht es manchmal heftig und ich hatte immer Schiss, dass da gerade schon was Neues wächst.....

Folgende Ratschläge/Hinweise möchte ich Dir aus meiner Sicht noch geben, vielleicht kennst Du das aber auch schon. Dann sollen sie ggf. anderen Interessierten einen Ansatz für ihr Handeln geben.

Nierenkrebs ist eine der selteneren Krebsarten und mein Hausarzt sagte wortwörtlich „Krebs ist nie gut, aber wenn man sich einen Krebs aussuchen darf, dann Nierenkrebs“. Natürlich gibt es auch hier weniger schöne Schicksale. Ich selbst -Du vermutlich auch, bist durch Internetrecherche auf der Suche nach Informationen, „gibt es jemanden dem es genauso geht“ usw. Bitte bedenke bei Deiner Suche, dass sehr viele Forenbeiträge (egal wo) von Menschen stammen denen es schlecht(er) geht. Oder anders, die Vielen, die mit ihrem Nierenkrebs bzw. nach erfolgter OP damit gut leben, sie schreiben nicht aktiv. Daher lasse Dich in keinem Fall runterziehen sondern vertraue auf Dich und Deinen Körper.

Weiterhin gebe ich Dir den Rat, einen Antrag auf Schwerbeschädigung zu stellen. Nach erfolgter Tumor-/Nieren-Entfernung steht Dir immer ein GdB von 50 zu. Dieser ist zunächst immer zeitlich befristet. Die Befristung wird in Abhängigkeit Deines Falles festgelegt. Auch wenn der GdB zunächst sicher nicht bei den Ängsten und Sorgen hilft, so bringt er Dir 5 Tage Urlaub pro Jahr sowie einen Freibetrag in der Steuererklärung.

Ohne hier Werbung machen zu wollen möchte ich noch 2 Institutionen/Foren erwähnen, die mir geholfen haben und immer noch helfen. Zum einen ist es „Das Lebenshaus – die Nierenkrebsexperten“, ein eingetragener Verein, den Du im Internet findest. Hier werden Selbsthilfegruppen online angeboten, aber auch in unterschiedlichen Städten reale Treffen zum Austausch Betroffener. Weiterhin kannst Du hier eine Fülle von Informationsmaterial bekommen und an Online-Seminaren/Webinaren zu unterschiedlichen Themen teilnehmen. Diese werden von externen Doktoren/Professoren/Psychologen durchgeführt, sehr seriös und vor allem gut. Letztlich habe ich gemeinsam mit meiner Partnerin dem Webinar „Rezidivangst“ beigewohnt, es war echt klasse. Die Termine für 2023 sind aber elider noch nicht online.

Weiterhin gibt es auf FB die Gruppe „Leben mit Nierenkrebs“. Sie ist nicht öffentlich und man fragt bei den Administratoren an, ob man beitreten darf. Auch hier findet man viele Betroffene, teils mit schweren teils mit leichten Schicksalen. Hier habe ich jemanden kennengelernt, der von der Tumorformel und der betroffenen operierten Seite exakt auf mich zutrifft, er wurde aber schon vor einigen Jahren operiert. Mit meinen vielen Fragen habe ich mich an ihn gewendet und er hat meine Sorgen und Nöte zumindest beschwichtigen können obschon ich natürlich weiß, dass kein Mensch wie der andere ist und der Verlauf des Einen nicht direkt auf den anderen übetragen werden kann.

Immer gilt aber: Egal was Du wo liest: projeziere es nicht sofort 1:1 auf Dich, das war mein anfänglicher Fehler und hat mich teilweise echt runtergezogen.

Soooooo, jetzt ist es doch arg viel geworden. Ich hoffe, dass ich Dir und vielleicht auch dem einen oder anderen Mitleser etwas helfen konnte.
Meine Registrierung wurde vorhin genehmigt und ich wünsche allen Lesern und Betroffenen ein schönes Weihnachtsfest im Kreise der Lieben.

Viele Grüße, Dirk

Geändert von dirk66 (24.12.2022 um 11:34 Uhr)
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