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Alt 04.09.2003, 09:30
Gast
 
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Standard Diagnose Nierenzellcarcinom

Liebe Birgit, liebe Heike,

ich möchte mich zum Thema Nachsorge hier ein wenig einklinken.

Zunächst sei noch einmal gesagt, daß bei Euren Angehörigen das Karzinom in einem sehr frühen Stadium entdeckt wurde, so daß Ihr m. E. eigentlich sehr zuversichtlich bzgl. Heilung in die Zukunft schauen könnt. Und trotzdem heißt es vorsichtig zu sein, denn ein Nierenzellkarzinom kann auch noch nach Jahren neu auftreten oder metastasieren. Es gibt bislang keine Tumormarker im Blut, die auf das Vorhandensein eines Nierenzellkarzinoms schließen lassen. Es ist also definitv auf eine ausgiebige Nachsorge in Form von bildgebenden Verfahren zu achten. Hierbei gibt es die unterschiedlichsten Aussagen, was nun genau in welchen Abständen durchgeführt werden sollte. Sicherlich ist das auch abhängig vom vorausgegangenen Tumorstadium des einzelnen Patienten, der Genauigkeit und Erfahrung des einzelnen behandelnden Arztes, der aber auch häufig durch die Kosten eines CT oder MRT im Vergleich zu einem Sonogramm oder einer Röntgenaufnahme abgeschreckt wird ( gerade in der heutigen Zeit ). Wenn Ihr hier im Forum Nierenkrebs die Beiträge einmal lest, werdet Ihr oft auf Aussagen treffen wie: " geheilt vor.... Jahren nach OP aus dem Krankenhaus entlassen worden, auf Anraten des Arztes regelmäßige Kontrolle durch Sonogramm und Röntgen durchgeführt, nichts festgestellt worden, aber jetzt....Metastasen in der Lunge, Leber etc, oder Rezidiv in der Nierenloge oder...."
Aussagen, die ich auch aus meiner Erfahrung als Krankenschwester sehr häufig schon gehört habe, Aussagen, die mich immer wieder fragen lassen: WARUM ist da nicht ausgiebiger Nachsorge betrieben worden.
Letztendlich ist es Eure Entscheidung, auf was Ihr Euch beim behandelnden Arzt einlasst. Aber ich möchte Euch ein paar Dinge an die Hand geben:

Ein Sonogramm birgt viele Fehlerquellen.

Es kommt z. B. immer darauf an, wie der Schallkopf des Gerätes gehalten wird. Und letzendlich auch darauf, wie vertraut der behandlende Arzt mit der Auswertung der Schallaufnahmen ist. Damit möchte ich nicht die Kompetenz der Ärzte in Frage stellen, aber heutzutage findet man in fast jeder Praxis ein Ultraschallgerät, und viele sind trotzdem mit der Auswertung von Schallaufnahmen überfordert.
Bei meinem Mann wurde von einem urologischen Professor jahrelang einmal jährlich eine Ultraschlallaufnahme beider Nieren gemacht hinsichtlich Vorsorge bei einem bekannten Steinleiden. Man hatte bei einer der Aufnahmen den Verdacht auf eine nicht behandlungsbedürftige Nierenzyste in geringer Größe, die dann jahrelang weiter per Songramm beobachtet wurde. Im vergangenen Jahr wurde dann im Rahmen der Vorbereitung für eine Herzbypass-OP in der Herzklinik auch ein Ultraschall beider Nieren durchgeführt und ergab das Zufallergebnis : doppelseitiger Nierentumor, links 9 cm und rechts 6 cm. Entdeckt von einem Herzspezialisten in der Uniklinik, nicht vom urologischen Professor in der Praxis, bei dem mein Mann seit Jahren zur Vorsorge in Behandlung war. Ich habe mir dann sämtliche Ultraschallaufnahmen aushändigen lassen, die in dieser Praxis mit dem modernsten Gerät, das auf dem Markt war, gemacht wurden, und siehe da: das Nierenzellkarzionm war bereits 1999 deutlich im Songramm zu sehen ( wenn Herr Professor es denn hätte lesen können!!! ), was mir von mehreren Ärzten bestätigt wurde.
Mir sind zwar schon viele Fakten aufgrund meiner medizinischen Ausbildung und Erfahrung bekannt, aber Sonogrammbilder kann ich auch nicht auswerten. Der Unterschied zwischen Zyste und Tumor ist mir jedoch aus der Theorie bekannt: eine Zyste ist im Bild immer scharf umgrenzt und schwarz, ein Tumor immer unregelmäßig begrenzt. Es sollte also für jemanden, der mit Schallaufnahme vertraut ist, kein Problem sein, hier den Unterschied zu erkennen, erst recht wenn es sich um eine Größenordnung wie bei meinem Mann handelt, und trotzdem.......

Und das ist kein Einzelfall - ich könnte Euch noch mehr Beispiele erzählen, aber Ihr könnt auch einige davon hier im Nierenkrebsforum nachlesen. Soweit also zum Thema Ultraschall.

Röntgen - eine schöne Sache, wenn ich nicht kleinste Veränderungen erkennen müßte ( diese Aussage gilt übrigens auch für das Sonogramm )! Aber extrem kostensparend im Vergleich zu einem CT oder MRT!

Die Nierenloge ( die Stelle, wo die Niere entfernt wurde ) ist sehr anfällig für Rezidive. Und hier heißt es, kleinste Veränderungen zu erkennen! Dasselbe gilt für die Lunge und die Leber, zwei Organe, wohin das Nierenzellkarzionom gerne metastasiert. Oder für die Lymphknoten im Bauchraum und Brustbereich, wo es darauf ankommt, Vergrößerungen zu erkennen! Da gibt es bei kleinen Veränderungen keine Chance mit dem Röntgenbild, NUR mit dem CT oder MRT.
Mein Mann hat z. B. kleinste Rundherde in der Lunge, wo man sich nicht sicher ist, sind es Metastasen ( könnte vom Tumorstadium her sein, da ein Lymphknoten sich nach der OP als positiv befallen herausstellte )oder sind es vielleicht narbige Veränderungen, die verschiedenste Ursachen haben können und keinen ernsten Hintergrund haben. Diese Rundherde sind im Röntgenbild nicht zu erkennen!!! Sie sind durch ein CT und ein MRT aufgefallen und werden seither in regelmäßigen Abständen mit diesen bildgebenden Verfahren beobachtet.
Wird im Röntgenbild eine solche Veränderung wahr genommen, hat sie schon eine erhebliche Größe und die Anschlusstherapie gestaltet sich nicht gerade einfach!

Ich möchte Euch wirklich keine Angst machen, aber es ist wichtig, zu wissen, WAS man will und auf WAS man Wert legt. Und dazu ist es manchmal auch erforderlich, einem Arzt zu sagen: wir MÖCHTEN eine solche Untersuchung zur Sicherheit haben. Und wenn er dem nicht zustimmt, ist er m. E. nicht MEIN Arzt des Vertrauens! Dann gehe ich zu einem anderen, denn es ist MEINE Gesundheit und MEINE Sicherheit, die ich haben möchte und MEINE Angst, daß etwas zu spät erkannt wird!

In Eurem Fall ist es m. E. sicher nicht notwendig, alle drei Monate ein CT oder MRT zu machen, aber es sollte eine solche Voraufnahme des Thorax und des Abdomens voliegen, um evtl. auch später, falls erforderlich, eine Vergleichsaufnahme zu haben, und sie sollte schon m. E. in Abständen von 1/2 oder 1 Jahr wiederholt werden ( dazwischen dann bitte Sonogramm etc. ).

Vielleicht konnte ich ein wenig zur Klärung der Nachsorgemodalitäten beitragen. Aber es ist Eure Entscheidung, was getan werden sollte. Wichtig ist, daß Ihr informiert seid, denn nur so seid Ihr kompetente Gesrächspartner beim behandelnden Arzt. Vergesst bitte nicht: Es ist EURE Gesundheit, und da habt IHR Mitspracherecht. Der behandlende Arzt ist auch nur ein Mensch und kein "Herrgott in Weiß".

Alles Gute für Euch und Eure Lieben und beste Gesundheit.

Liebe Grüße,
Ulrike

NB: Eine Immun-Chemo-Therapie kommt im dem Krankheitsstadium, das Euch bekannt ist, m. E. nicht in Frage. Wird beim metastasierenden Nierenkrazinom nur eingesetzt und ist keine vorbeugende Massnahme!
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