Einzelnen Beitrag anzeigen
  #55  
Alt 02.12.2020, 15:57
Onkogast Onkogast ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 22.06.2016
Ort: Dresden
Beiträge: 99
Standard AW: Non-Hodgkin-Lymphom ("böse" bösartig), Runde2 der Therapie an über 75-Jährigem

Zitat:
Zitat von lotol Beitrag anzeigen
Hallo onkogast,

Ich weiß schon gar nicht mehr ob ich das irgendwo las oder ob mir meine Onkologin mal sinngemäß sagte:
Nach jedem Rezidiv fängt man eigentlich wieder von vorne an.
Nun ja, etwas salopp ausgedrückt würde ich sagen. Wobei man grundsätzlich natürlich sagen muss, dass die therapiefreien Intervalle, also die Zeit bis zum nächsten Progress (=PFS) von Rezidiv zu Rezidiv kleiner werden.

Zitat:
Zitat von lotol Beitrag anzeigen
Die erste Frage betrifft die Antikörper, weil ich dazu gewisse Verständnisprobleme habe.

Es gibt ja sehr viele Antikörper, die jeweils - wenn ich das richtig verstehe - "zielorientiert" sind:
https://flexikon.doccheck.com/de/Mon...ntik%C3%B6rper

Wenn wir uns z.B. Rituximab und Obinutuzumab ansehen, so erkennen beide CD20, haben aber eine unterschiedliche Zielsetzung (NHL bzw. CLL).

Es gibt auch noch weitere Antikorper, die CD20 erkennen, wie z.B. Ofatumumab (CLL).

Sind nun Obinutuzumab und Ofatumumab gewissermaßen "gleichwertig"?
Und worin besteht der Unterschied zu Rituximab?
Die Unterschiede zw. den einzelnen CD20-Antikörpen bewegen sich natürlich auf kleinem Raum, durch winzige Änderungen und demzufolge ihrer biochemischen Wirkung. Dies genau zu erklären, geht hier sicher etwas übers Ziel hinaus, jedoch darf man sie nicht gleichsetzen, wenngleich sie die selbe Oberflächenstrukturen als Ziel haben.
Obinutuzumab wird bspw. auch als CD20-AK zweiter Generation bezeichnet. Wie wir ja aber aus vielen Studien gelernt haben, ist er nicht immer besser in jeder Situation oder Kombination im Bezug auf das PFS bzw. das Gesamtüberleben als Rituximab, weshalb ja auch beide bei den beiden benannten Erkrankungen fast schon gleichwertig einsetzbar sind.

In Ihrem Fall war das Obinutuzumab damals sicher noch nicht zugelassen in der Erstlinie. Heutzutage würde man evtl. sofort mit O-CHOP beginnen, aber auch dies ist ja immer wieder von zusätzlichen mir hier unbekannten Faktoren abhängig - auch was die Wahl der Chemo als Kombinationspartner betrifft.

Ofatumumab hat in der täglichen Praxis kaum eine Rolle gespielt, die Ergebnisse von Rituximab waren gut und wir hier haben bereits seit 2013 oder 2014 innerhalb von Studien mit Obinutuzumab arbeiten dürfen.
Es wurde ja auch vor längerem vom Markt genommen und nun erst glaub ich neu für die MS wieder auf den Markt gebracht. Es ist also für Sie persönlich nicht interessant.

Zitat:
Zitat von lotol Beitrag anzeigen
Die zweite Frage betrifft weitere Chemotherapien nach Rezidiven, und sie ist auch mit der ersten Frage "verzahnt".
Insofern als es mir dabei v.a. darum geht, in wie weit es möglich/üblich ist, eine Chemotherapie einfach mehrmals zu wiederholen.

Dazu nehme ich exemplarisch meinen Fall her:
1. Therapie R-CHOP (R ist klar (NHL) und CHOP auch ("Hammer"), da Heilung erwünscht).
Klappte mit sehr guter Remission, die aber nur ca. 3 Jahre Bestand hatte.

2. Therapie Obi..+ Bend...(beide Mittel in der Absicht, das Lymphom mit "milderen" Mitteln zu bekämpfen).
Klappte mit sehr guter Remission, deren Bestand zwar noch unklar ist, aber vermutlich kürzer sein dürfte als der mit der 1. Therapie erreichte.

Selbst wenn man es tun könnte, wird man R-CHOP kaum wiederholen, zumal das Ergebnis der 2. Therapie mit O+B - verglichen mit der Toxizität der 1. Therapie - so übel gar nicht sein wird.

Was meinst Du?
Wird man die 2. Therapie wiederholen, um mit ihr noch mehr Anhaltspunkte bekommen zu können, wie lange man damit - evtl. auch noch mit O-Erhaltungszyklen - den Krebs niederhalten kann?

Oder schwenkt man besser um und versucht es erst mal noch mit Ofatumumab, um auch damit Erfahrungen zu sammeln ob nun Obi... oder Ofa... als Antikörper die bessere Wahl ist?
Also - Ofatumumab haben wir geklärt. hat keine Zulassung mehr, wird aber auch nicht gebraucht.

Natürlich kann man ehemals wirksame Therapien wiederholen.

Bei Ihnen und ihren "Abständen", wenn man davon ausgehen sollte, dass es jetzt nur 1 Jahr rezidivfrei WÄRE, käme sicher eher nochmals Rituximab in Frage. Vllt. ja auch in Kombi mit Bendamustin. Im Anschluss Rituximab Erhaltung. CHOP ist eben fraglich, dazu kenne ich Sie zu wenig, aber aufgrund der Nebenwirkungen eher nicht.

Auch eine Riutuximab - mono- Therapie ist immer möglich - selbst bei schlechtem AZ. Mit guten Ergebnissen.

Die gleiche Therapie nochmal (also O-Benda) wäre zwar bei rezidivfreien Intervall von mehr als 6 Monaten möglich, aber vllt nicht meine erste Wahl.

Unabhängig davon --> Im Prinzip ist der Goldstandart, bei JEDEM Progress eines FL eine erneute Gewebsprobe zu nehmen, um eine Transformation (Umwandlung) in ein höhergradiges Lymphom (z.b. diffus großzelliges Lymphom) auszuschließen, was immer eine Gefahr ist.

Und bei Ihrem scheinbar guten AZ und einem möglicherweise doch zeitigen progress mit erst 2 Therapielinien bieten sich auch die Kontaktaufnahme zu Studien an. Dort gibt es fast immer tolle Möglichkeiten - bitte sprechen Sie dies bei Bedarf dann an!
Bspw. noch nicht zugelassene Therapien wie Rituximab + Revlimid ("R²"), die leider noch nicht zugelassen wurden oder der Einsatz von bei der CLL unfassbar gut wirksamen Substanz Venetoclax.

Eine weitere Möglichkeit ab der dritten Linie, aber im Normalfall erst bei einem Progress < 6 Monaten nach letzter erfolgreicher Therapie ist das Idelalisib (Tablette). Auch bei eher schlechterem AZ. Dies würd ich aber mal hintanstellen.
Da wäre eine Rituximab-mono-Therapie zunächst eher sinnvoll.

Sie sehen - viele Möglichkeiten.
Falls Progress - ich würde Ihnen zu einer erneuten Gewebsprobe + Vorstellung in einem Studienzentrum raten.
zeitgleich kann man immer erstmal wieder mit einer bei Ihnen eher Rituximab-basierten Kombinationstherapie, sofalls es der Az zulässt, beginnen, bevor das mit der Studie geklärt ist.

Aber bitte immer im Kopf haben: Ich habe Sie weder jemals gesehen noch Ihre Krankenakte auf dem Tisch.

Herzliche Grüße

Geändert von Onkogast (02.12.2020 um 17:22 Uhr)
Mit Zitat antworten