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Alt 02.09.2010, 13:13
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Jutta Jutta ist offline
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Standard AW: Krebserkrankung, Erfahrungen !!!

Hallo Kerstin,

warum willst du immer und immer wieder mit deiner Mutter über Krebs reden, wenn sie soweit wieder „gesund“ ist?
Meine Frage: was bezweckst du damit, oder was soll der Sinn und Zweck sein???

Ist es für dich nicht möglich deiner Mutter da nun endlich wieder Luft zum Atmen geben, wenn sie die Krankheit überwunden hat? Sie muß das Geschehen zuerst selbst noch verdauen, und mit dem jetztigen Leben klar kommen. Da gehört das wenn, falls jetzt nicht ins Programm, außer sie spricht es von sich aus an. Ihr aus dem Leben deiner nun in einem süßen Alter steckenden Tochter zu erzählen, oder was ihr gemeinsam unternommen habt, wie viel Freude sie daran hatte. Das sind Dinge, die deiner Mutter mehr gut tun.

Du darfst nicht denken, dass nach dem Behandlungsabschluß alles gut, vergessen und vorbei ist. Dann öffnen sich für viele Betroffene erst große Löcher, dann kommt das pralle Bewußtsein erst hervor. Und das muß verarbeitet werden, bevor man wieder zur Tagesordnung übergeht. Da schwirren noch tausende von Gedanken im Kopf.

Ich möchte so wenig wie nur möglich, und schon garnicht bei jedem Telefonat mit meinen Kindern dieses Thema “bereden“. Es gibt 100.000 andere Dinge über die wir reden.

Ich denke, jedem Betroffenen geht auch irgendwann einmal der Satz: „Sei und bleib stark!“ so richtig auf den Keks. Ganz besonders wenn dann die Enkelkinder noch als „Druckmittel“ angewandt werden. Kein Mensch muß und sollte immer während oder gar nach der Erkrankung stark sein. Jedem steht es zu, sich fallen zu lassen, in Selbstmitleid zu baden, traurige Gedanken usw zu haben. Das alles gehört zum Verarbeiten dazu.
Keiner der Betroffenen hat sich diese Krankheit ausgesucht, und durch Druck hält man ein Rezidiv erst recht nicht fern. Es erzeugt Schuldgefühle in vielen Betroffenen, mehr nicht.

Hunderte von Betroffenen, welche die Krankheit hinter sich haben, sind hier nicht mehr unterwegs. Aus einem guten Grund: sie wollen endlich mit der Krebsgeschichte einfach nur abschließen und ein so gut wie möglich normales Leben leben. Immer und immer wieder sich damit auseinander zu setzen, zieht wieder runter, hemmt den Weg in eine neue Richtung.

Also sei bitte sehr geduldig mit deiner Mutter!! Rede über das Thema nur, wenn sie beginnt und dir Zeichen setzt, dass sie darüber auch sprechen möchte. Höre mal nur zu, was sie zu sagen hat, ohne dass du gleich mit guten Ratschlägen parat stehst.
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Jutta
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