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Alt 02.06.2012, 01:15
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: meine Mum hat Krebs

Hallo Cindy,

zum Thema Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht für deine Mutter kann ich dich nur beglückwünschen. Damit hast alle rechtliche Vollmacht, um im Notfall in die Behandlung deiner Mutter ein zu greifen.

Eine Frage ist hierbei nur sehr wichtig: wie weit die Demenz bei deiner Mutter bereits fortgeschritten ist. Das wiederum kann ein darauf spezialisierter Arzt (Gerontologie/Geriatrie) durchaus genau diagnostizieren. Ich kann jetzt natürlich nicht wissen, ob ihr eine solche aktuelle Diagnose bereits habt. Wenn das jemand nicht entscheiden kann, dann ist das ein Onkologe.

Die Frage ist nämlich nicht, ob deine Mutter Entscheidungen trifft, sondern ob sie es selbstverantwortlich kann. Das will sagen: ob sie 1. ihre Situation verstehen und 2. die Tragweite ihrer Entscheidung tatsächlich überschauen kann. Demenz- oder Alzheimerkranke sagen gerne zu allem Ja und Amen, aus Angst, den Fragenden zu verärgern und damit seine Zuwendung zu verlieren oder einfach, weil "... der muss das ja wissen". Auch und gerade dann, wenn sie selber in diesem Moment absolut nicht verstehen, um was es geht und sie sich der Tragweite ihrer Zustimmung überhaupt nicht bewusst sind und/oder schon mehr nicht sein können.

Genau an dem Punkt kommt die Vorsorgevollmacht ins Spiel. Sie und die Diagnose Demenz geben dir als Bevollmächtigte das verbriefte Recht über alles und jedes unmittelbar (und falls nötig im Voraus) informiert zu werden, was deine Mutter betrifft. Denn nur so kannst du das Sorgerecht für deine Mutter ausüben. Du hast prinzipiell das Recht, die Entscheidungen deiner Mutter zu überprüfen und auf Selbstverantwortung ab zu klopfen. Natürlich im Rahmen von Gesetz und Ethik. Eine Vorsorgevollmacht ist kein Freibrief und noch lange keine Entmündigung des Vollmachtgebers oder der -geberin. Sind die behandelnden Ärzte jedoch der Meinung, entgegen der Vollmacht durchaus zum Wohle der Patientin zu handeln, so haben auch sie die Möglichkeit gegen die Entscheidung des oder der Bevollmächtigten vor zu gehen.

Mit einer Vorsorgevollmacht ist noch lange nicht alles, salopp gesagt, 'einfach easy'. Im Gegenteil. Es kann ganz schön kompliziert werden. Mal abgesehen von der gewaltigen Verantwortung, welche man für einen anderen Menschen tragen muss. Bei der Patientenverfügung geht es um was ganz anderes. Sie kommt bei deiner Mutter, soweit ich das lesen kann, überhaupt noch nicht zum Tragen.

Angesichts der Krankheit deiner Mutter würde ich dir auch empfehlen, dich nach einem Pflegeplatz um zu sehen. Auch wenn es schwer fällt. Meist ist das die beste Lösung. Für deine Mutter, nicht für dich. Es geht nur um sie. Um niemanden sonst.


Alles Gute,

Helmut
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