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Alt 27.06.2008, 21:33
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AngieM. AngieM. ist offline
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Standard AW: Mein geliebter Vater...

Hallo Ronnya,

na klar erzähl ich dir meine Geschichte.

Meine Mama, 72, hatte vor ca. 10 Jahren den ersten Tumor an der Niere - wie ich heute weiß, ein Liposarkom. Damals konnte man den Tumor entfernen, ohne an die Niere ranzumüssen. Keine Bestrahlung, keine Chemo nur die halbjährliche Kontrolle in der Röhre (irgendwann war es dann, glaub ich, nur noch jährlich). Man sagte ihr, dass wenn nach 5 Jahren nichts mehr kommt, kann sie davon ausgehen, dass sie geheilt ist. Ging auch alles gut. Bis ca. Okt./Nov. 2005. Erneuter, kindskopfgroßer Tumor an der rechten Niere. Tumorentfernung mit gleichzeitiger Entfernung der Niere. Danach folgten ca. 35 Bestrahlungen die zu Folge hatten, dass meiner Mama die Wirbel eingebrochen sind. Zwei davon wurden im Laufe der nächsten 2 Jahre betoniert. So richtig erholt hat sie sich aber nicht.

Schmerzen in der Leiste, Probleme mit dem Laufen. Ständig Besuche bei verschiedenen Ärzten. Februar 2007 - CT und danach Besprechung beim Neurologen. "Frau W., Sie haben wieder einen Tumor". Schock bei meiner Mama. Sind gleich ins KH gefahren, dort hat man die Bilder angesehen und gemeint, da ist nichts. Der Neurologe hat sich danach bei meiner Mama entschuldigt. Im Mai bekam sie dann rechts eine neue Hüfte mit der Hoffnung, danach endlich wieder schmerzfrei zu sein und wieder richtig laufen zu können. Pustekuchen!!! Im September die niederschmetternde Diagnose neuer Tumor rechts an dem Muskel, der für den Bewegungsapparat zuständig ist. Sieht fast so aus, als hätte der Neurologe im Februar doch recht gehabt.

Meine Mama hat dann einen Termin für die OP bekommen und so um den 15. Oktober 07 kamen noch mal die Tumorspezialisten zusammen um dann meiner Mama die niederschmetternde Diagnose inoperabel zu überbringen. Einen Tag später bekam sie so starke Schmerzen, dass sie 3 Wochen in der Onkologie lag und wir dachten, sie käme nicht mehr nach Hause. Danach war sie 2 Wochen in der Palliativstation wo man sie soweit stabilisiert hat, dass sie mit nach Hause konnte. In dieser Zeit ist meine Mama um gut 20 Jahre gealtert. Sie konnte gar nichts mehr alleine tun, nicht einmal mehr laufen. Seit November bekam sie Chemo - erst 14-tägig und dann wöchentlich, da die Chemo geringer dosiert werden konnte und nicht gar so heftig ist. Dann war für 14 Tage erst mal Schluss mit der Chemeo und es wurden CTs vom Lendenwirbelbereich und dem Becken gemacht. Die Ärztin sagte, der Tumor hat sich stabilisiert und ist nicht weitergewachsen und sie möchte die Chemo noch 2 Monate weitermachen. Daraus wurde aber nichts, da meine Mama eine Blutvergiftung bekam und mit dem Notarzt ins KH mußte. Da meinten die Ärzte schon, wir müssten mit dem Schlimmsten rechnen. Das war am 10. März08. Von diesem Zeitpunkt an bekam meine Mama auch noch einen Blasenkatheder. Bis 01. April war sie dann auf der Palliativstation. Die Nahrung bekam sie über den Port zugeführt. Dann war sie zuhause bis zum 14. April.

Dann noch mal auf die Palliativ, weil sie so unruhig war und starke Schmerzen hatte. Dort meinte man, die Schmerzen seien psychisch bedingt und meine Mama habe Angstzustände und zogen einen Psychologen hinzu. Ist es denn nicht verständlich, dass ein Mensch, der weiß dass er sterben wird, Angstzustände bekommt????? Am 22. April hat sie mein Papa nach Hause geholt. Der Notarzt gehörte fast schon zur Familie. Aber wir haben sie nicht mehr ins Krankenhaus gegeben. Bis zum 7. Mai. Die Tage vorher war es besonders schlimm mit ihr. Wir wußten nicht mehr, was wir ihr noch an Schmerzmitteln geben sollten/konnten. Was haben wir uns die Nächte um die Ohren geschlagen, um meine Mami zu trösten und ihr zu helfen.

Schweren Herzens haben mein Papa und ich dann doch beschlossen, für sie einen Hospitzplatz zu suchen. Wir haben sie nicht abgeschoben, aber wir konnten ihr nicht mehr helfen ... In der Nacht, bevor sie abgeholt wurde, hat sie furchtbar geweint. Ich bin dann zu ihr und hab gefragt, ob sie Schmerzen hat. Da hat sie gejammert "Ich muss fort von daheim und ich weiß, dass ich nimmer heim komm" Es war so furchtbar! Und ich konnte meiner geliebten Mami nicht helfen. Ich hab sie dann nur in den Arme genommen und ihr gesagt, wie unendlich lieb ich sie hab, aber dass es so das Beste für sie ist.

Die nächsten Tage waren nicht leicht. Haben wir doch alle gemerkt, dass es bald soweit ist. Sie hat viel geschlafen, war aber auch gleichzeitig unruhig. Wollte sich nicht mehr zudecken obwohl sie ganz kalt war, aber sie hat gesagt, sie friert nicht. Sie hat auch viel phantasiert und die Menschen nicht mehr richtig erkannt. "Ich seh schlecht" hat sie immer gesagt. Mittwoch hat mein Papa ihre Hand gehalten, da hat sie ihn angeschaut und gefragt "bist du meine Mama?" Ich war ja jeden Tag bei ihr. Die ersten Tage hat sie geschimpft und gesagt, dass sie sauer auf mich und meinen Papa ist, weil wir sie ins Hospitz haben.

Am Donnerstag bin ich schon morgens zu ihr - da arbeite ich immer von 12-20 Uhr - und hab ihr ihre Lieblingsblumen mitgebracht. Als ich in ihr Zimmer kam, wurde sie gerade gewaschen. Ichhab ihr die Blumen gezeigt und da hat sie nmich gefragt, warum ich ihr Blumen mitbringe. "Aber es sind doch deine Lieblingsblumen, Mami"- sie sieht mich an und meint, ach Mausele du bist's ich hab dich gar nicht erkannt. Ich hab sie dann noch gefüttert und als ich gehen wollte fing sie zu weinen an ich soll noch bleiben. Dann hat sie mir gesagt, dass sie meinem Papa und mir nimmer böse ist, weil es ihr im Hospitz so gut geht. Danach hat sie gesagt, ich kann jetzt gehen. Mittags ist sie dann ins Koma gefallen und bis zu ihrem Tod am nächsten Tag nicht mehr zu sich gekommen ....

Sorry, dass das jetzt so lang war. Aber ich hab eh schon eine Kurzversion geschrieben ....

Liebe Grüße
Angie
__________________
Meine Mami *21.07.35 +16.05.08
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Ich lass dich gehen
Und wünsch dir alles Glück der Welt
In diesem Augenblick
Bist du das Einzige was zählt
Lass dich fallen
Und schlaf ganz einfach ein
Ich werde für immer an deiner Seite sein
(Aus "An Deiner Seite" von Unheilig)


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