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Alt 01.01.2013, 13:43
Dirk1973 Dirk1973 ist offline
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Standard AW: Frage zu Krankentransport

Liebe Selma,

Deine Ausführungen sind so leider nicht ganz richtig.

Die Genehmigungspflicht für Krankenfahrten (mit Taxi, Mietwagen) oder Krankentransporte (Krankentransportwagen, Rettungswagen, Notarztwagen und Intensivtransportwagen) ist de facto nicht aufgehoben, jedoch durch ein Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 30. November 2006 (Az S 4 KR 25/06) relativiert worden.
Im genannten Rechtsstreit ging es um Fahrten mit dem Krankentransportwagen (KTW). Hierzu stellte das Gericht fest, dass Fahrten mit KTW nicht genehmigungspflichtig sind. Das wird inzwischen von den meisten Krankenkassen auch so umgesetzt; zeitweise muss man leider aber mit dem Urteil freundlich grüßen.
Fahrten mit Taxi oder Mietwagen sind nach wie vor genehmigungspflichtig. Auch hier unterscheiden sich die Krankenkassen in ihrer jeweiligen Handhabung. Eine hier bereits genannte Kasse verzichtet grundsätzlich auf das Genehmigungsverfahren, da die Kosten für deren Bearbeitung (Personal etc) in keinem Verhältnis zu etwaigen Einsparungen durch Ablehnung der Kostenübernahme stehen.
Grundsätzlich sind sog. Fernfahrten, also über das übliche (wohnortnahe) Maß hinaus gehende Fahrten genehmigungspflichtig. Das macht in soweit Sinn, als dass es natürlich nicht angehen kann, dass ich mir in München den Fuss verknackse, aber in Hamburg behandelt werden möchte. Allerdings.... und hier kommt die Krankenkasse wieder mit in´s Spiel... kann die Kasse derartige Fahrten bei entsprechender Begründung (Hochspezialisierung etc.) übernehmen. Sie muss es aber nicht.
Eine entsprechende Verpflichtung zur Beantragung einer Kostenübernahme findet sich ebenso regelmäßig in den Entgeltverträgen der Leistungserbringer (Fahrdienst etc.). Ihm ist es in der Regel schlichtweg nicht möglich ohne eine Kostenübernahme mit der Krankenkasse abzurechnen. Im Nachhinein werden Kostenübernahmen eher schwierig zu bekommen sein. So finden sich z.B. in den Entgeltverträgen Berliner Krankentransportunternehmen genehmigungsfreie Besetzstrecken von 25 bis 50 Kilometern. Tatsächlich variiert es von Vertrag zu Vertrag, ohne dass der Patient da auch nur ansatzweise von erfahren könnte. Geht die durchzuführende Fahrt über die Freigrenze hinaus, so kann der Leistungserbringer nur mittels einer Kostenübernahme abrechnen.

Zum Thema der Verordnungen.
Auch hier gibt es mittlerweise spannende Urteile, die ich aber leider auf Arbeit habe und somit nicht verlinken kann.

Ein Streitpunkt ist oftmals, dass die Krankenkasse das Beförderungsmittel ablehnt oder eigenmächtig abändert. So kommt es regelmäßig vor, dass Patienten die laut Verordnung mit einem Krankentransportwagen gefahren werden sollen, nur einen Mietwagen bzw. Taxi bewilligt bekommen. Ist ja auch viel billiger.....
Dies ist nicht zulässig. Grundsätzlich entscheidet der behandelnde Arzt, welches Transportmittel das wirtschaftlich angemessenste ist. Ist der Patient nun auf die Betreuung oder Lagerung durch Rettungsdienstpersonal angewiesen, so kann diese Leistung selbstredend nicht von einem Taxi oder Mietwagen erbracht werden.
Der bearbeitende "Sachbearbeiter" der Krankenkasse darf einer ärztlichen Anordnung nicht widersprechen, da ihm hierzu das fachliche Wissen (Medizinstudium) fehlt. Er kann jedoch bei Zweifeln eine Klärung durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen anregen. Der MDK kann auf Grund seiner ärztlichen Gutachter selbstverständlich die Verordnung anpassen.
Dieses Procedere wird nicht all zu oft angewandt, da der organisatorische und zeitliche Aufwand nicht ganz ohne sind. Aber erlebt habe ich das bei zwei Serien-Patienten auch schon.
Wird vom behandelnden Arzt nicht das wirtschaftlichste Transportmittel verordnet, so droht ihm tatsächlich Regress. Auch hier ist Berlin ein mir gut bekanntes Feld, in dem wenige (aber dafür große) Krankenkassen alle entsprechenden Rechtsmittel ausschöpfen. Dies führte z.B. dazu, dass ein Berliner Krankenhauskonzern mit mehreren Standorten zu einem Regress in einstelliger Millionenhöhe verknackt wurde. Das dann angestrebte Gerichtsverfahren habe ich allerdings leider aus den Augen verloren. So weiß ich nicht, ob der Konzern tatsächlich zahlen musste.

Abschließend noch das: die Krankenkassen unterliegen auch einer Leistungspflicht. Dies bedeutet z.B. dass die Krankenkasse leisten muss, wenn alle dafür notwendigen Voraussetzungen gegeben sind. Das A und O ist und bleibt eine einwandfrei ausgestellte Verordnung vom behandelnden Arzt.
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