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Alt 19.06.2009, 18:23
J.F. J.F. ist offline
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Standard AW: Restrisiko nach MM-OP und N0M0

Hallo Michael,

ich wollte auch noch meine Seite einbringen .

Das N0 bedeutet, dass in den regionären zuzuordnenden Lymphknoten keine Metastasen zu finden waren. Das M0 bedeutet, dass keine Fernmetastasen zu finden sind.

Die Wächterlymphknotenentnahme ist zurzeit ein grosses Thema unter den Chirurgen, insbesondere bei denen, die in sehr "heiklen" Bereichen, wie zB dem Hals operieren müssen. Normalerweise wird der vom Tumorort angelaufene LK als Wächterlymphknoten bezeichnet, es kann auch mehrere für einen Ort geben. In der Regel sollten auf Wanderschaft geschickte Mikrometastasen darinhängen bleiben. Man geht davon aus, dass, wenn dieser Wächter unangetastet ist, die Wahrscheinlichkeit, dass keine weiteren jetzt und heute unterwegs sind, sehr hoch sein soll. Klar, Ausnahmen bestätigen die Regel, es kann auch vorkommen, dass der Wächter umgangen wird. Das trotzdem Patienten später Metastasen bekommen, obwohl der Wächter "sauber" war, kommt häufiger vor, sogar Jahre später. Warum das so ist, wird mit Hochdruck erforscht. Es gibt da viele Erklärungsversuche. Mit dieser Operationstechnik der sentinel node biopsie möchte man einen massiven Eingriff in den Körper (Lymphsystem, Bindegewebe, Nerven, Muskulatur etc) vermeiden. Man hat nämlich festgestellt, dass sehr sehr vielen eine Ausräumung der Lymphstation erspart werden kann, wenn eben der WächterLK nicht befallen ist. Im Halsbereich zB wird in den meisten Fällen eine sogenannte selektive neck dissection, also nur die rund um den WächterLK liegenden LKs entfernt, nicht alle Levels. Nur in bestimmten Fällen, die ein hohes Risiko darstellen, werden die kompletten Levels ausgeräumt, dass ist aber selten. Und stellt auch chirurgisch ein Meisterleistung dar .

Ob nun bei Dir sogenannte Mikrometastasen unterwegs sind, kann keiner wissen. Du solltest Dir immer das Blutbild und den S100-Wert mitteilen lassen, am Besten sogar den Befund kopieren lassen und selber mal schauen, wie sich Dein S100-Wert entwickelt. Nicht mit anderen vergleichen! Nur mit Deinen eine Kurve erstellen. Das Interferon soll die eventuell vorhandenen Mikrometastasen finden und eliminieren. Deshalb spritzt Du ja das Zeug. Es kann sein, dass garkeine Metastasen bei Dir herumschwirren. Schliesslich schreibst Du ja selber, dass 1988 das Ding entfernt wurde und ein paar Jahre später ein Rezidiv da war, aber dann wohl Jahre verschleppt wurde. Du hattest also schon bis zu 11 Jahren diese Problematik und hast ja gut gelebt! Ich frage mich eher, warum wurde das Rezidiv so spät entfernt? Wenn es doch erkannt wurde. Für so eine lange Zeit ist die EDT nicht viel. Rechne mal, bei mir innerhalb von vier Monaten 2,02 mm, das auf 11 Jahre hoch. Uff...ich glaube, ich lasse das lieber .

Der nächste Punkt wären die technischen Untersuchungen. Klar können klitzekleine Metastasen nicht gesehen werden, selbst im PET-CT nicht. Deswegen musst Du ja in den ersten fünf Jahren alle drei Monate dahin. Behalte die Intervalle im Auge, die Ärzte und insbesondere die Schwestern werden es nicht machen. Die Ultraschallgeräte, CTs, MRTs sind heutzutage technisch sehr ausgereift. Und Du solltest auch in einem Melanonzentrum betreut werden. Auch wenn es dazuführen wird, dass Du eventuell andauernd andere Ärzte hast und immer wieder von Neuem erzählen musst. Aber das Prozedere, auf das es ankommt, ist halt einfach besser.

Und von langsam wachsendem Melanom auf langsam wachsende Metastasen zu schliessen. Keiner weiss es. Warum gehst Du von Metastasen aus? Hast doch bisher keine gehabt. Willst Du das ändern ? Wohl kaum . Sieh es doch einfach so: Stell Dir vor: mit jeder Spritze wird Dein Körper von "Unrat" befreit, die kleinen Dinger haben garkeine Chance irgendwo anzudocken, wenn sie denn überhaupt unterwegs sind. Ich versuche, dass jetzt mal alles in einem positiven Bild hinzustellen. Denn niemand weiss, ob Du welche bekommst, wann Du sie eventuell bekommen könntest und auch wo und wie. Die Zeit wird es zeigen, nicht mehr und nicht minder, leider . Und der Kopf spielt eine sehr grosse Rolle. Nicht wegen Hirnmetastasen, sondern die Einstellung. Es fängt schon mit der Spritzerei an. Auch die Einstellung zum Leben selbst wird vom Kopf gesteuert. Schönes Beispiel: Der eine geht entnervt einkaufen, klar wird die Schlange an der kasse von drei Leuten ihn mächtig nerven. Der andere ist gutgelaunt und denkt sich hinter diesem schlecht gelaunten Mitbürger, uff, wie lustig, guck mal, geht ihm wohl nicht schnell genug und lacht sich scheckig. Und genau so ist das auch bei uns. Der eine sieht nur die dunkle Seite. Bringt aber nichts, die Situation wird sich nicht verändern. Um im Beispiel der Warteschlange zu bleiben, dem ersten in der Schlange fällt die Brieftasche runter, na, was für Reaktionen kommen von den beiden Wartenden? Eben. Aber es ist auch ganz klar, dem Lachendem wird es irgendwann auch zu bunt, er wird entnervt sein, immer wieder das gleiche Prozedere. Und auch das muss man zulassen, aber sich nicht darin ergehen und auch verharren, das wird dann gefährlich. Auch hier wieder: was versuche ich rüber zu bringen: Lass die Gefühle zu, versuche aber immer die positiven Aspekte mehr zu betonen, die schlechten werden so oder so immer mal wieder auftauchen. Und dann ist es Zeit sich an die positiven zu erinnern. Alles sehr schwer, aber machbar und wichtig. Denn das Interferon zerrt und wird zerren, körperlich, geistig, mental. Und wenn man so einen Weg nicht allein beschreiten mag, kann, will, dann sollte man sich gegenüber ehrlich genug sein und Hilfe annehmen, auch und vielleicht sogar besser professionelle. Auch wenn man vielleicht erst den "passenden" Therapeuten finden muss.

Dann zur Umwelt. Warum soll man das verschweigen? Bringt rein garnichts. Den Kollegen zu sagen, was Sache ist, ist besser, denn man braucht sie. Schliesslich müssen sie die Arbeit von Dir mitmachen, das werden sie "einfacher", wenn sie Bescheid wissen. Ob es Kunden etc mitbekommen, ist eine andere Sache. Hier wirst Du selber ein Gespür entwickeln müssen, wer was in welchem Konsens erzählt bekommen sollte. Ist im Freundeskreis nicht anders. Wir haben Krebs, sind nicht ansteckend und noch lange nicht tot, vielleicht von sogenannten Halbwissenden als solche abgetan, aber trotzdem noch sehr lebendig . Und das Lachen haben wir deshalb oder sogar gerade deswegen nicht verloren.

Und den Verlauf. Vergiss es. Wenn es nach einem Verlauf ginge, den Ärzte aufstellen, wäre ich schon längst nicht mehr da. Geniesse Dein Leben. Und warte es einfach ab, etwas anderes bleibt Dir eh nicht übrig .


Was das Erststaging anbelangt: Ich denke, die haben Dich ins Schädel-MRT, Röntgen, Ultraschall geschickt. Denn ansonsten könntest Du nicht M0 schreiben. Was die Verschreibung eines regelmässigen Kopf-MRTs anbelangt, scheint es hier im Forum sehr unterschiedliche ärztliche Auffassungen zur Notwendigkeit zu geben, wobei das wohl auch von der Psyche des Patienten abhängig gemacht wird. Auch die Verschreibung eines PET-CTs ist wohl unterschiedlich. Wegen einem regelmässigen CT oder MRT würde ich mit den Ärzten reden, insbesondere die Intervalle, die sie für wichtig ersehen.


Nachdem ich jetzt regelrecht einen Roman geschrieben habe, werde ich mal aufhören zu schreiben .

Also, Kopf hoch, ähm, Birgit, ich verkneife mir den Rest, ich habe noch Deine Reaktion im Hinterköpfchen....
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