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Alt 16.06.2010, 11:30
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Am 11. Juni letzten Jahres lernten wir uns kennen. Es ist erst ein Jahr her aber mir kommt es wie 20 Jahre vor. Hätte ich Sie nur einen Monat früher kennengelernt alles wäre vielleicht anders gekommen. Am 21.Juni stellte ich bei Ihr Blutungen fest. Sie erzählte mir das Sie die Blutungen schon ein halbes Jahr begleiten und Sie deswegen auch bei verschiedenen Ärzten war, die aber nichts fanden. Allerdings lag die letzte Untersuchung, so Ihre Aussage, bereits ein Vierteljahr zurück. Für mich sah es ziemlich ernst aus und irgendwas konnte da nicht stimmen. Also drängte ich Sie nochmal zur Frauenärztin zu gehen. Die Diagnose kam an meinem Geburtstag, am 2. Juli. Ich feierte meinen 40 auf der Marau in Kastell mit vielen lieben Freunden und meinen Eltern. Es muß so gegen 18.00 Uhr gewesen sein als ich Ihren Anruf bekam. Sie fragte mich wie´s mir geht und entschuldigte sich dafür das Sie nicht bei mir sein konnte. Und dann erzählte Sie von der Diagnose. Ich wollte so schnell wie möglich bei Ihr sein, Sie aber meinte bleib und versprach vorbei zu kommen. Es wurde immer später und schließlich, so gegen 22.00 Uhr, kam Sie und mit Ihr eine liebe Freundin. Die meisten hatten sich schon verabschiedet als meine Süße eintraf. Sie war extrem gefasst und wußte Ihre Angst zu verbergen. Ich wünschte ich hätte damals anders reagiert, wäre direkt zu Ihr gestürmt. Mir war noch gar nicht klar was auf uns zukommen würde.

Einen Monat früher und vielleicht wäre Sie heute noch bei uns, vielleicht bei mir.

Im Oktober hatte ich starken Reizhusten. Katrin hatte sich deshalb mächtig Sorgen gemacht. Sie ist super gewesen. Während Sie die schlimmste Folter die man sich vorstellen kann durchmachen mußte hat Sie sich Sorgen um meine Gesundheit gemacht. Sie bestand darauf das ich zu meiner Hausärztin gehe. Die fand nichts und schickte mich zum röntgen und später zu einem Lungenspezialisten. Brachte aber auch nichts. Es stellte sich raus das ich an einem Globusgefühl litt. Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen das der Reiz bloß stressbedingt sein sollte. Es war so deutlich, so manifestiert und wurde immer erdrückender. Meine Hausärztin fragte mich ob sich in meinem Leben etwas dramatisches ereignet hatte und ich erzählte von Katrins Krankheit. Zwei Tage später war das Globusgefühl weg. Einfach fort. Ich mußte nur mit einer einfühlsamen Person, einer neutralen Person über meine Sorgen sprechen. Helfer brauchen auch Helfer. Ich hätte von Anfang an Hilfe in Anspruch nehmen sollen. Ich war nicht vorbereitet und alleine nicht in der Lage mit dem Stress, der Angst, dem drohenden Verlust fertig zu werden, Ihr mehr von Ihrer Last abzunehmen und Ihr den Abschied leichter zu machen. Ich wollte Sie bewahren, Sie beschützen, an Ihrer Seite sein, alles kontrollieren, ein Wundermittel finden, Sie nicht loslassen. Eine Ihrer Tanten bat mich Hilfe in Anspruch zu nehmen aber ich wollte nichts davon wissen. Hilde du hattest so recht mit dem was du mir geschrieben hast. Hätte ich bloß auf dich gehört.

Im Sommer sind wir öfter durch die Obstplantagen von Gonsenheim gewandert und einmal haben wir ein gemütliches Picknick unter einem Kirschbaum gemacht. Wir fütterten uns gegenseitig mit Kirschen, küssten und liebten uns. Liebling, ich war nochmal da. Ich hab den Baum gleich wiedergefunden. Ich vermisse die Zeit mit dir. Jetzt im Juni, in dem Monat in dem wir uns kennenlernten ist es als sei ich nur eine Erscheinung, ein Schatten meiner selbst. Die Erinnerungen an unsere Zeit leben auf und es ist quälend, einsam und grau ohne Dich. Du fehlst mir so unglaublich. Schatz, ich küsse und liebe Dich!

Ich komm doch früher an Ihr Grab. Morgen besuche ich es. Ich weiß nicht ob ich mich freuen oder fürchten soll. Ich werde Ihr rosa Tulpen auf´s Grab legen und noch was zartblühendes dazu stellen, eine Kerze anzünden. Ihr von den vergangenen zwei Monaten berichten und ... Ich bin sicher es ist sehr gut gepflegt und liebevoll geschmückt mit Blumen. Ich werde nichts einpflanzen, nur ranstellen und hoffen das es die Zustimmung Ihrer lieben Familie findet, die sich um das Grab kümmert.

25.07.2009, 14.13 Uhr, Frauenstation F1, Uniklinik Mainz. Der Tumor war entfernt. Katrin hatte die Op gut überstanden und war schon wieder lustig. Wir saßen mit Freunden am Treppenaufgang zur Station, spielten Kniffel, tranken Kaffee und plauderten. Die Narbe verheilte gut und wir glaubten das Schlimmste überstanden zu haben.

Eine meiner liebsten Erinnerungen. Ich denke gerne an diesen Tag zurück. Ich war so glücklich Sie wieder gesund, ohne diesen scheiß, scheiß, scheiß, scheiß Tumor zurück zu haben. Ich liebe Sie so sehr und war fest davon überzeugt das alles wieder gut wird, Sie sich erholt, ich Sie nicht verlieren werde.

Ich finde es blöd und völlig unnötig Beiträge zu bewerten. Wenn du eine gute Bewertung bekommst freust du dich zwar aber das ist natürlich keine Motivation oder Antrieb. Wenn du schlecht bewertet wirst fragst du dich wer dahinter steckt und ob du vielleicht jemanden vor den Kopf gestoßen hast oder dir jemand einfach nur blöd kommen will und bist gekränkt. Es ist meine Geschichte und wer Sie nicht mit mir teilen mag den kann ich auch nicht dazu zwingen. Ignorieren finde ich Bewertung genug. Warum muß das bitte sein? Könnt ihr´s mir erklären. Ich schreibe hier nicht um es recht zu machen oder mich anzubiedern oder irgendwas zu beweisen, sondern um etwas zu teilen und niemand der nicht will wird dazu gezwungen meine Geschichte zu teilen. Ich will keine Bewertungen weder Gute noch Schlechte. Danke! Das ist schließlich kein Wettbewerb. Das macht mich einfach sauer und ich wünschte jemand würde diesen Mist abstellen.

lg Mark

Katrin hatte keine große Lust auf den stationären Klinkaufenthalt und ist zwischendurch ausgebüchst. Sie verließ immer wieder das Klinikgelände mit mir. Bedenken ließ Sie nicht zu. Ihr ging es gut und für Ihren Versicherungsschutz interessierte Sie sich nicht. Und wenn Sie das nicht interessierte durfte es mich auch nicht interessieren, ich machte mir aber trotzdem Sorgen. Der Sturkopf war einfach nicht zu bremsen. Sie war nach der ersten Op im Juli so geschwind wieder fit und war voller Energie. Sie war verdammt hart im nehmen. Der Krebs hatte kein leichtes Spiel mit Ihr.

Ich bin stolz auf meinen Schatz, Sie war mehr als nur tapfer, Sie hat allen gezeigt das es sich lohnt zu kämpfen, gleich wie ausweglos es auch scheinen mag. Schließlich ist Sie als Gewinnerin vom Platz gegangen. Bis zum Schluß hat Sie Pläne gemacht und war dem Leben näher als dem Tod. Der Krebs konnte Ihr die Zukunft nicht nehmen.

Wir wollten Anfang August in der Mensa der Uniklinik essen. Sie war Mitarbeiterin und hatte eine Kasinokarte. Als wir am Eingang standen überlegte Sie es sich anders. Es war Ihr unangenehm auf Ihre Kollegen zu treffen. Sie hatte ein schlechtes Gewissen. Dachte, wenn die Kollegen Sie sehen könnten Sie einen falschen Eindruck bekommen. Sie war krankgeschrieben aber nicht an das Bett gefesselt. Chemo und Bestrahlung sollten erst in ein paar Tagen losgehen. Es war Ihr einfach unangenehm auf die Kollegen zu treffen. Sie fühlte sich schon wieder gesund und arbeitsfähig. Wir kauften uns belegte Brötchen beim Bäcker.
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