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Alt 01.04.2005, 22:08
Gast
 
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Standard Nicht nichts ohne dich, aber nicht dasselbe.......

Liebe Alina,

Du fragst mich nach meinen Träumen, diese Frage wollte ich Dir auch stellen. Also ich träume viel, weil ich aber hier im Forum ein paar flehentliche Bitten um Träume gelesen habe, will ich gleich sagen, daß ich das nicht als Privileg empfinde, ich auch nicht glaube einen besonders guten Draht zu meinen Verstorbenen zu haben. Ich habe vielleicht die Fähigkeit nicht nur viel und intensiv zu träumen, sondern mich auch an meine Träume erinnern zu können. Ich will niemanden neidisch machen, aber ich kann träumen, aufwachen, auf den Topf gehen und dann die Fortsetzung weiter träumen.

Im ersten Jahr hab ich meine Träume aufgeschrieben. Vor einiger Zeit hab ich das gelesen und war erstaunt, daß ich einige nicht mehr im Kopf gehabt hatte. Also vielleicht ist es eine Empfehlung Träume aufzuschreiben,solche an die man sich immer erinnern möchte.

Es gibt allerdings einen Traum, der ist nicht schön und den habe ich wahrscheinlich jede Woche einmal: ich träume, daß ich ganz erschreckt und betroffen bemerke meine Mama schon länger nicht angerufen zu haben. Ich bin entsetzt, denn so etwas ist nie vorgekommen. Und dann gelingt es mir nicht die Nummer zu wählen. Die Nummer ist mindestens 40 Stellen lang, ich kann sie nicht entziffern, meine Finger rutschen beim Wählen ab, ich muß immer und immer wieder neu beginnen und werde immer verzweifelter. Irgendwann wache ich auf, mein Kiefer tut mir weh weil ich so gemalmt habe, die Schultern sind verspannt.

Seit Papas Tod träume ich so gut wie immer von beiden. Auch wenn ein Elternteil in dem Film die Hauptrolle hat, ist der andere im Hintergrund.

Ich könnte jetzt auf Anhieb nicht sagen, daß ich (deutbare) Zeichen erhalten haben. Wie Du, habe ich auch die Empfindung sie gut in mir zu haben. Seit dem Tod meiner Eltern habe ich so peu a peu eine andere Einstellung zu "Entscheidungen"
bekommen. Ich gehe das viel gelassener an, ich erlaube mir sogar einfach zuzuwarten, gar nichts zu machen weil in mir eine Art Urvertrauen ist, daß mit ihrer Hilfe das richtige zum richtigen Zeitpunkt geschehen wird. Obwohl zwischen mir und meinem Bruder im Umgang mit Trauer und dem Verlust der Eltern Welten liegen, gehen wir in diesem Punkt mehr oder weniger konform.

Um noch einmal auf die "Erdbeeren mit Sahne" zurückzukommen. Irgend wann bin ich an den Punkt gekommen, an dem ich mir sagte, ich habe jetzt die Wahl, ich kann mich in meine Trauer vertiefen, fallen lassen, weinen, hingeben, aber ich kann auch versuchen etwas anderes zu machen. Ich kann einen Brief schreiben, ein Fenster putzen, einen Kuchen backen und dann einen Besuch machen. Die Entscheidung ist einmal so und einmal so, aber es war wie ein Schlüsselerlebnis, daß ich auch ein bißchen mit entscheiden kann, daß ich nicht nur ein Bündel Trauer und Schmerz bin!

Im nachhinein wurde mir bewußt, daß das meine Eltern GELEBT haben. Es klingt nun vielleicht zu spitz, zu hart, aber ich glaube Du versteht was ich meine, wenn ich sage: etwas Diziplin haben. Ich glaube im Moment kann ich das nicht gut ausdrücken, es kommt so rüber, als ob ich mit Verdrängung versuche meine Trauer zu bewältigen. Das ist es aber nicht. Ich fühle mich jetzt auch ein wenig unter Druck, weil mein Mann zum Laptop möchte......

Für heute alles Liebe
Briele