Einzelnen Beitrag anzeigen
  #24  
Alt 29.01.2010, 17:57
mahanuala mahanuala ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 18.05.2007
Ort: norddeutschland
Beiträge: 944
Standard AW: "geheilt" "unheilbar" wie verkraftet man den Übergang?

hallo

ich hoffe es nimmt mir niemand übel, daß ich hier schreibe, obwohl ich selbst keine bk diagnose habe, auch keine andere bösartige krankheit diagnostiziert wurde. ich bin angehörige

dennoch kenne ich das, was ihr schreibt sehr gut.
wie hier schon sehr richtig geschrieben wurde, ist die diagnose ein traumatisches ereignis.

ich hatte mehrere sehr traumatische, lebensbedrohliche ereignisse in meiner kindheit, die ich eigentlich recht gut weggesteckt hatte...bis vor ca 23 jahren mein sohn im alter von 8 monateneinen lebensbedrohlichen sturz aus mehreren metern höhe hatte, den er zum glück letztendlich gesund überstanden hat.

auch da habe ich mich zunächst wieder *eingekriegt*.
aber, ca nach 6 monaten, plötzlich die gedanken:
was ist, wenn auf dem schulweg etwas passiert...
was ist wenn der vater der kinder einen autounfall hat...
was ist, wenn ein kind eine lebensgefährliche erkrankung hat....
einmal bin ich völlig in panik geraten weil ich plötzlich den verdacht hatte, ein nachbar macht sich womöglich an meine 8jährige tochter heran...
UND
was wenn ICH eine tötlichen unfall oder an krebs sterbe bevor meine kinder groß sind?
ich habe gegrübelt und gegrübelt, albträume davon gehabt und immer versucht notfallpläne für solche situationen auszumalen...
je mehr notfallpläne ich entworfen habe, desto schlimmer wurde es.
manchmal habe ich sogar meine beerdigung durchgedacht, oder mich am grab eines meiner kinder stehen sehen
auch dieses gefühl *totgeweiht* zu sein hat ziemliche blüten getrieben

...wenn ich diese unruhigen zeiten hatte, hab ich sogar befürchtet, das wären *vorahnungen*...

das ging sehr lange so, bis ich mich einer behandlung meiner posttraumatischen belastungsstörung unterzogen habe...
irgendwann hat nämlich mal eine frau in der erziehungsberatung (ich sag nur pubertät!) mitbekommen, wie ich ticke und mir gesagt, was da bei mir los sein könnte...
dort habe ich sehr viel gelernt, warum ich solche gedanken habe, was das bedeutet, wie die physiologie und chemie meines gehirns funktioniert und vieles mehr...
geholfen hat mir persönlich dieses verstehen viel,
am meisten hat mir aber geholfen, mich mit meiner endlichkeit auseinanderzusetzen und mit der endlichkeit meiner "lieben"...
denn selbst wenn alles das nicht eintrifft, was ich befürchte, werde ich sterben und meine lieben auch....denn sterblich sind wir alle.

da meine befürchtungen natürlich "unspezifischer" waren als eure (diese allgemeinen sachen kann man halt nicht am "tumormarker" festmachen oder an diagnosedaten oder eine diagnose von metastasen), hätte es ja dennoch jeden tag ein "aus" geben können ...ggf ohne vorwarnung (wie bei dem unfall meines sohnes)

ich habe eine kollegin, die seit mittlerweile 25 jahren hiv positiv ist, und 1985 wöchentlich mit ihrem ableben gerechnet hatte.
bis heute sind eine ganze reihe gleichaltriger aus ihrem umfeld gestorben, nicht an AIDS, sondern an allem möglichen.
sie hat mittlerweile AIDS, kann es aber mit medis gut im griff halten.
sie weiß daß ihre zeit - verglichen zu mir - vermutlich kürzer ist....aber kann man das wirklich wissen?

ich habe schlechte und gute phasen, aber gelernt wie ich damit umgehen kann.
eine posttraumatische belastungsstörung kann man nicht richtig *heilen* aber damit umgehen lernen.

ich wünsche euch allen eine erfolgreiche lernphase, da ich mich 20 jahre (!) für eine ausgesprochene pessimistin hielt bin ich sicher ihr schafft das auch,
da heraus zu kommen bzw damit klarzukommen.
liebe grüße
mahanuala
__________________
once you have tasted filght,
you will walk the earth with your eyes

turned skyward
for there you have been
and there you want to return

leonardo da vinci