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Alt 03.03.2005, 14:33
Gast
 
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Standard Pankreasschwanzkarzinom und mehr

Liebe Anna,

unser Papa wollte irgendwie alles. Nach Hause und wegen der top Versorgung gleichzeitig im Krankenhaus sein.
Papa kannte weder Palliativstationen noch Hospize. In unserer Familie habe ich irgendwie immer die Rolle der Person, die alles ausspricht. Und sich Gedanken über die Zukunft macht und plant, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Klar eckt man auch oft an. Die Angst, von etwas überrollt zu werden ist bei mir größer, als die Angst davor, etwas anzusprechen. Ich hasse Ungewissheit. Also erzählte ich erst einmal Papa von Hospizen und Palliativstationen. Dass man in Hospizen wohnen kann, manchmal sogar mit seinem Haustier, dass in beiden Einrichtungen garantiert ist, dass man ohne lange Schmerzen leben kann. Dass dort Zeit für den Patienten ist. Dass jemand dort mit einem zusammen wohnen kann. Und dass es keine Einbahnstraße ist. Klar ist es dass in den meisten Fällen, aber das Leben ist nunmal so sch..., dass es irgendwann vorbei geht.
Wie Britta schon schrieb, dass behandelnde Krankenhaus konnte nichts mehr für unseren Papa tun. Der Moment war der schlimmste meines Lebens, als Papa sagte, "sie können nichts mehr für mich tun". Es war gut, dass das Krankenhaus Papa zur Palliativstation überwies. Es war wie von der Hölle in den Himmel. Na ja, ein Vorzimmer ist sie ja irgendwie auch. Wir konnte mit Papa bis Minuten vor seinem Hinübergang sprechen.
Dies ist ein großes Glück. Palliativstationen sind einfach Meister der Schmerztherapie und schießen nicht einfach komplett ab. Papa sagte auch noch am Tag vorher, er will gesund werden. Das heißt aber nicht, dass er im Inneren die ernste Hoffnung darauf hatte.
Liebe Anna, es hört sich so gemein an, aber während Papas Krankheit ging es mir deutlich schlechter als jetzt. Ständige Angst vor weiteren schlechten Nachrichten, mitleiden mit Papa, Angst, ihn zu verlieren, Angst, dass er Schmerzen ertragen muss, Schmerz in meinem Herzen weil ich wusste, dass es ihm seelisch schlecht geht. Ich war innerlich sehr sehr angespannt und verkrampft. Voller Panik. Permanent. Die stille Trauer in meinem Herzen, die Sehnsucht nach Papa im Bauch - dies ist leichter zu ertragen. Es mag sich komisch anhören, aber Papa hat mich in einem traumähnlichen Zustand besucht. Es geht ihm gut, er lachte. Er hat Freunde "dort". Ich konnte ihn richtig anfassen. Das war nicht nur ein Traum.
Habe Mut!
Ich würde eine Palliativstation empfehlen, dort ist immer ein Arzt vor Ort.
Ich springe sehr. Mich wühlt das schon sehr auf. Also: Papa hätte früher auf die P.station gewollt wenn er gewusst hätte, wie "schön" dort alles ist. Papa war immer ehrlich und wünschte sich immer Ehrlichkeit. Klar war ich mit der Prognose zu dieser Krankheit seeeehr diplomatisch, aber ich habe nicht gelogen. Das hätte ich mir auch nicht verziehen.
Ich würde an deiner Stelle mit deinem Papa reden. Sag: Papa, wir müssen zusehen, dass es dir an Leib und Seele besser geht. Da gibt es eine Station, die sich aufs Aufpäppeln spezialisiert hat. Man darf dort aber auch bis zum Schluss bleiben. Aber alle freuen sich, wenn du entlassen werden kannst. Guck mal, hier haben alle so wenig Zeit, dort sorgt sich das Team persönlich um dich etc.". Wichtig ist, dass du vorher die Station besichtigst. Bisher hat dein Papa für deine Sicherheit gesorgt, nun dreht sich das Verhältnis um. Dein Papa wird sehr froh sein, wenn er mit Vertrauen dorthin wechseln kann.
Vermute ich zumindest.
Holgers Frau Ildiko wurde wohl von ebensolchen Engeln versorgt wie unser Papa.
Liebe Anna, auch in den schwersten Stunden des Lebens können die schönsten Minuten des Lebens Platz finden.
Alles Liebe, Sonja
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