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Alt 03.12.2002, 11:43
Gast
 
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Standard Karzinom am Pankreasschwanz

Hallo Ihr Lieben!

Ich weiß nicht recht, wie anfangen. Meine Mutter ist gestern mittag verstorben. Vater und ich haben ihr die ganze Zeit die Hand gehalten. Sie konnte seit Tagen nicht mehr sprechen oder sich bewegen. Aber sie hat mir noch einen Kuß gegeben. Ich war ganz erstaunt. Wir haben sie umarmt und gestreichelt. Und ihr gesagt, dass wir alle gut aufgehoben sind. Am Ende konnte sie doch noch etwas sagen. Sie sagte: Ich kann nicht mehr. Zweimal. Ich anwortete, sie solle schlafen, dann geht es ihr besser. Ihr Atem wurde ruhiger und und sie verstarb. Damit hatte ich eigentlich nicht gerechnet, aber es ist besser so. Sie lag auf der Palliativstation und durfte dort so lange bleiben, bis sich die Kinder Nachmittags von ihr verabschiedet hatten. Eine Psychologin war dabei, sie arbeitet auf dieser Station. Sie sagte, es sei in Ordnung, wenn die Kinder laut sind. Sie sind unverkrampft. Und der Tot ist etwas natürliches. Ich dachte immer, Mutter sterben zu sehen ist gruselig, aber das ist es nicht. Ich bin froh, dass ich dabei sein durfte. Dass ich noch einen völlig unerwarteten Kuß bekam. Sie hatte bemerkt, dass wir beide da waren. Vielleicht war sie froh darüber.

Die ganze Zeit über haben wir eine Kerze brennen lassen. Sie haben die Kerze brennen lassen, als wir kurz draußen waren. Sie wurde erst gelöscht, nachdem wir nach Hause gegangen sind. Ich habe mich immer gefragt, wozu man solche Rituale macht. Eine Kerze anzünden, später das Fenster öffnen, die Uhr anhalten. Diese Sachen geben Sicherheit. Ich war froh, dass die Kerze brennen konnte, als wir draußen waren; sie hat mich willkommengeheißen, als ich wieder ins Zimmer kam. Ich hatte tatsächlich das Gefühl, Mutter ist nicht alleine, wenn die Kerze brennt.

Ihr Lieben, dieses Forum hat mir geholfen, indem ich hier lesen und schreiben konnte. Besonders wenn ich etwas von Petra und Waltraud lesen konnte war ich beruhigt, dass es immer wieder Menschen gibt, die es schaffen, nicht aufgeben, sie sind für mich im Wortsinn Hoffnungsträger.

Die anderen Geschichten in diesem Forum sind die der Angehörigen, die auch hoffen, zweifeln und manchmal auch trauern müssen. Ich habe immer gehofft, dass Mutter die Einschulung des Kleinen in zwei Jahren mit uns erleben kann. Ich habe an Gott gezweifelt, weil sie solche Schmerzen erleben mußte und meine Tante hat mir erzählt, dass ich die Trauer in ein paar Tagen empfinden werde.

Aber wir haben die Nacht bei meinem Vater verbracht. Das war gut für uns, denn wir haben sehen können, dass wir nicht allein sind.

Liebe Grüsse Nidra
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