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Alt 17.07.2007, 11:45
Liz und Willy Liz und Willy ist offline
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Standard AW: Krebs u. sexualität

Liebe Linde

Da sind wir ja wirklich in einem ähnlichen Alter, ich bin ebenfalls 47, und Willy 54 - er war 49 als er die Diagnose erhielt.

Du hast recht - oder soll ich sagen bedingt recht, wir sind immer noch der Überzeugung, dass deutlich jüngere Paare weit mehr sich Gedanken machen über ihr sexuelles Leben mit Krebs als Personen die in unserem Alter sind, denn jüngere sind auch ohne Krebs meistens (es gibt ja Ausnahmen) deutlich aktiveres Sexualleben führen. Das ist das was wir damit sagen wollten.

Eines ist sicher, man wird generell über die ganzen Auswirkungen, also nicht nur sexueller Natur, der Krebsbehandlungen viel zu wenig informiert, auch wenn man nachfragt erhält man leider immer noch ungenügende Antworten. Oft wird nicht darauf hingeweisen, dass sie bleibend sind. Wir z.B. wurden nie darüber informiert, dass eine Sterilität eintreten wird, dass es zu bleibenden Neuropathien führne kann oder durch die Bestrahlung die Zähne zerstört werden und ausfallen können. Das sind nur 2 Beispiele von ganz vielen. Im Gegensatz zu euch können wir offiziell leider nicht einmal den Fackel nachlesen den Willy unterzeichnen musste mit der angeblichen "Aufklärung" - wir bekamen nie offiziell eine Kopie davon. Wir hatten aber Glück, wir haben ihn ca. 1 Jahr später doch erhalten, denn wir haben darauf bestanden die Akten vollständig in Kopieform haben zu wollen. Hier ist er drin, aber auch ein Blatt, das uns sehr betroffen machte - das hatten wir schon gelesen als wir die Krankengeschichte (bei Onko Patienten ist das keine Krankenmappe, sondern ein Ordner) vom Aufnahmebüro auf die Onkologie bringen mussten - also als sie noch ganz leer war, gefüllt nur mit den leeren Blättern die es im Laufe der Krankheit galt auszufüllen und Berichte, Laborresultate etc. die sich dann auch noch ansammeln werden. Das oberste Blatt war ein leeres, noch nicht ausgefülltes Formular wo es galt einzutragen wann, wie und warum der Patient starb. War sehr ausmunternd dies zu lesen, aber eben, die Klinik geht ja davon aus, dass der Pat. diese Akten nie sieht.... und doch wer lässt den Deckel des Ordners zu und schaut nicht rein.... ichs owieso, da ich Krankenschwester bin.

Von Impotenz ist in unserer Aufklärung keine Silbe genannt, oder gar offen gelassen unter einem wisch-waschi Begriff wie weiteren Funktionsstörungen.

Ich glaube wir haben weit mehr Mühe gehabt zu akzeptieren, dass man nicht ehrlich informiert wird wie mit der Tatsache, dass er nicht mehr mag oder kann. Dieses Nichtehrlichsein der Docs ist für uns ein schwerer und grober Vertrauensbruch denn wir gerade in dieser schwersten Lebenskrise dringend gebraucht haben.

@ Lima-Mail

Du hast es sehr treffend geschrieben mit dem Beispiel der Puzzlesteine - das ist das was wir versuchten aufzuzeigen, du hast es aber einfach und sehr gut auf den Punkt gebracht. Ach wenn bei Krebs alles doch nur so einfach wäre?

Der Krebs hat uns allen hier, als Betroffene und Angehörigen so viel gestohlen. und wir werden es wohl nie mehr zurück bekommen. Ebene viele Puzzlesteien unseres Lebens fehlen, werden immer fehlen. Oder sie passen nicht mehr, weil sie verändert wurden.

Auch deine Schilderungen bezüglich Impotenz, und dass dies die Sorgen deines Mannes sind udn nicht deine, sind für uns beide nachvollziehbar, denn es ging und geht uns gleich. Erstmal, weil Männlein und Weiblein wahrscheinlich wirklich grundsätzlich ne andere Einstellung zu Sexualität haben und diese für sich persönlich mit anderen Stellenwertpositionen definieren. Ein Mann ist in gesunden Tagen ja auch immer wieder mal fordernder (möchten dies als nicht negativ abtun, sondern als Feststellung), ein Verhalten, dass nicht zwingend zur Frau gehört - nicht umsonst gibt es immer wieder die Diskussionen um den Spruch "Bitte nein, ich mag jetzt nicht etc..." - der ist ja doch allen bestens bekannt oder? - zumindest wenn wir alle ehrlich sind!!!

Klar ist Sexualität eine Thema für beide und wird geteilt, aber jeder hat seinem Geschlecht spezifisch eine etwas andere Einstellung und Stellenwert dazu.

Auch ich habe Willy nie Forderungen gestellt, würde mir nie in den Sinn kommen - wie gesagt wir haben heute andere Prioritäten die es uns erlauben dem nicht nach zu trauern. Aber ich mag mich noch daran erinenrn, als die erste Phase der Krankheit, eben diese Lebenskrise vorbei war, dauerte auch über ein Jahr, da war es für ihn doch nicht so einfach zu realisieren und akzeptieren - es geht nicht mehr. Heute trifft es uns beide - denn meien MS mahct nun auch mir einen Strich durch die Rechnung.

Heute sind wir einfach froh, dass Willy noch hier ist und lebt (Prognose am Heiligabend 2002 - 2-3 Monate!) und er die Folgejahren mit den vielen Komplikationen und Rezidiven (nun abgekapslet) nun zur Vergangenheit zählen kann. Seit einem Jahr dürfen wir sagen er ist stabil und es geht ihm gut, auch wenn er immer noch Atemnot hat, Sauerstoff braucht, starke Schmerzen hat und gelähmt ist - seither hat er - nein haben wir - auch wieder begonnen zu leben und nicht nur zu funktionieren. Der Krebs sitzt jetzt "nur noch im Nacken" und ist nicht das Zentrum des Lebens das es gilt zu überleben. Wir haben auch nicht merh die Angst, dass in den näcshten Minuten oder Stunden wieder ein Fieberschub mit allem drum udn dran uns in die KLinik führt und unser Leben fest im Griff hat. Wir haben unser Leben wieder im Griff und nicht der Krebs. Das hat hat aber mehr als 4 Jahre gedauert. Eine Zeit die wir nur als die Hölle bezeichnen können, auch wenn es sehr sinnliche udn schöne Momente gab die wir wahrscheinlcih nie so erlebt hätten gäbe es den Krebs nicht - hört sich so paradox an!

Liebe Grüsse s'Doppelpäggli
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Willy 54 J. LK Pancoast Tumor Adeno. ES 8/02 ED 11/02, Radio-Chemo, Op. 2/03 seither Teilgelähmt, O2-abhängig
Liz MS im Rolli. Gebärm.ca. 8/05
Mami 10.4.1934 - 7.9.2009
inoper. Hirntumor 10/07, Blasenkrebs 1/09
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