Einzelnen Beitrag anzeigen
  #20  
Alt 26.04.2009, 00:36
Juli95 Juli95 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 25.04.2009
Beiträge: 35
Lächeln AW: ich nun leider auch

Hi Kerdy,
ich bin heut das erste mal in diesem Forum gewesen, eigentlich durch Zufall, hab dann aber hier mal bisschen rumgelesen und bin bei deiner Nachricht gelandet.
Ich bin Anfang 2006 am Ovarial-CA erkrankt (mit 24), die Erstdiagnose ist grade drei Jahre her, und da kann ich vielleicht schon bisschen berichten wie der Verlauf auf längerer Sicht so war.
Meine Erstdiagnose in meinem Heimat-KH war gar nicht so gut. NAch Feststellung eines Tumors am Eierstock wurde ich direkt operiert, da der Tumor schon ca handballgroß war. Operiert ist etwas übertrieben, da die Ärzte bei der OP merkten, dass es so großflächig ist, dass sie gar nicht operieren können. Es blieb bei einer Biopsie und Bauch wurde wieder zu gemacht. Es sollte nun eine Chemo folgen, die den Tumor verkleinern sollte, um anschließend zu operieren. Ein toller Arzt in dem KH hat sich aber dafür stark gemacht mich in die Charite nach Berlin zu schicken, da er Dr. Köhler und Prof. Schneider kannte und wusste dass die sich an diese Tumorgröße (auch IIIC) dran wagen, und er davon überzeugt war, dass nur diese (wenn auch radikale) OP mir helfen würde. Und so war es auch. Wie du siehst bist du in der Charite bei Dr. Köhler in den besten Händen. So wie die operieren (können), ist es in vielen anderen (kleinen) KH noch nicht möglich! Super, dass du direkt vor Ort warst!
Da ich im Vorfeld in meinem Heimat-KH auch schon eine Thrombose und eine Lungenembolie bekommen hatte, gab es auch nach der OP in der Charite einige Komplikationen (Nachblutungen, Not-OP etc.), so dass ich 5 Wochen dort verbracht habe bis ich in die Heimat konnte um hier (in einem anderen KH als bei der ersten OP) meine Chemo zu bekommen. Dort habe ich dann auch sofort vor der ersten Chemo einen Port bekommen (wurde bei mir ambulant, also ohne Vollnarkose gemacht). Wie die anderen hier schon berichtet haben: Pflich! Hat nur Vorteile, und er stört mich gar nicht, hab ihn bis heut noch.
Durch die ganzen Komplikationen rund um die OPs hatte ich bereits vor Chemobeginn über 10 Kilo abgenommen und nach den ersten beiden Chemos und weiteren Komplikationen folgten nochmal 10, so dass ich auch unter 50 Kilo war. Das Essen und Trinken war auch lange eines meiner größten Probleme. Aber auch mir haben die Ärzte gesagt: Hauptsache es kommt was rein, egal was. Gesund geht später noch. NAch der dritten Chemo konnte ich mein Gewicht wenigstens halten (ja auch bei mir waren die ersten beiden Chemos schlimm und ab der dritten wurds besser). Da ich vor allem nicht viel auf einmal Essen konnte, habe ich viele kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt. Da überhaupt kein Appetit auf irgend etwas da war und ich eine Dauerübelkeit hatte, war es grad am Anfang schwer zu sagen, was überhaupt rein geht. Verschiedenes Ausprobieren! Irgendwann ging dann bei mir Kartoffeln mit Möhren und so haben wir uns langsam weitergetastet. Und: Bisschen hiervon, ein Löffel davon: "Kleinvieh macht auch Mist".Am Anfang hat auch geholfen aufzuschreiben was ich gegessen und getrunken habe, so konnte ich sehen wo vielleicht hier und da noch was rein geht. Und wirklich hochkalorisches essen, wenn schon nicht viel geht. Es gibt Drinks (die mir aber gar nicht schmeckten), Pulver, dass man ins normale Essen mischen kann, und sonst halt alles was dick macht. Und: Gewicht halten ist auch schon gut. Nach den ganzen Chemos kommt das wohl alles von alleine wieder.
Bei mir war es ein Vorteil, dass ich durch die Erkrankung wieder bei meinen Eltern einziehen musste, und dort von meiner Mutter gut gepflegt und bekocht wurde. Da komme ich auch zum nächsten Punkt bei dir, da du ja MAnn und Kinder hast. Toll, dass sich dein MAnn um alles kümmert, aber scheu dich nicht auch andere Hilfe anzunehmen. Diese kleinen Hilfen im Alltag können so viel helfen! Grad auf lange Sicht! Frag mal im Krankenhaus nach einer Sozialarbeiterin/Case-Managerin o.ä. Die können in diesen praktischen Dingen viel helfen, du hast bestimmt auch Anspruch auf eine Haushaltshilfe o.ä. Ausserdem können die auch in emotionalen Angelegenheiten ein offenes Ohr haben. Später helfen sie auch in Sachen Reha etc.Psychologen gibt es sonst auch noch im KH.
Mit Schmerzem im Narbenbereich musst du einfach geduld haben (so blöd es klingt). Ich kenne auch die Schmerzen unterm Brustbein, die das Atmen erschweren. Es geht vorbei! Hier und da kann es noch lange mal zwicken, aber es geht vorbei. Mit Lebensmittel die Blähungen auslösen muss ich heut noch bisschen aufpassen, da sie Bauchkrämpfe auslösen können, aber damit kann ich gut leben, nachdem was alles war.
Das Taubheitsgefühl in Bein und Fuss hatte ich auch. Bei mir kam es einmal durch eine Nervenstörung im linken Bein, die nach der OP aufgetreten ist (vermutlich lagerungsbedingt), zum anderen löst das Taxol in der Chemo eine leichte Nervenstörung bei vielen aus (das wird wohl bei dir der Fall sein). Das geht nach der Chemo aber wieder weg (ca. halbes Jahr nach Chemo Ende). Nur die lagerungsbedingte Nervenstörung und eine damit verbundene Fußheberschwäche hat bei mir länger angehalten bzw ist leicht noch heute da (nehme sie aber kaum noch war). Da hilft Krankengymnastik. Ich weiß nicht genau wie stark es bei dir ist, aber frag mal nach. Verschiedenste Massagen, Elektrotherapie etc. können das Disempfinden angenehmer machen.
Im Krankenhaus nach den OPs hatte ich auch mal eine Schwellung neben der Brust, ist von alleine wieder weggegangen. Hatte auch mal Wasser in der Lunge, was punktiert wurde und mehrmals Lymphflüssigkeit im Bauch was auch punktiert wurde. Sind wohl alles Nebenwirkungen die dazu gehören können, aber behandelbar sind. Bzw bei der Lymphflüssigkeit im Bauch (hatte sich immer in einer Zyste gesammelt), sind wir nach mehrmaligem Punktieren dazu übergegangen es einfach mal zu lassen (da sich die Flüssigkeit in immr kürzeren Abständen ansammelte). Und so zeigte sich dass mein Körper die Sache nach einiger Zeit selbst in den Griff bekommen hat.
Glaub mir, nach einiger Zeit bekommst du auch ein immer besseres Gefühl für deinen Körper. Und scheu dich nie die Ärzte was zu fragen. Egal wo es zwickt oder wo dir was Unsicherheiten bereitet:sagen,fragen.
Nach der Chemozeit, merkte ich auch Monat für Monat wie die Kräfte (und die Haare und Geschmack) wieder kamen. Aber auch da musste ich lernen mich nicht zu überfordern. Aber man kann lernen auf seinen Körper zu hören. Mir tat und tut viel Krankengym und später Sport gut. Nach der Chemo war ich 4 Wochen in Reha (gibts auch für Mütter mit Kindern). Ich wußte erst nicht richtig was ich davon halten soll, sie hat mir aber sehr gut getan. Kenne mehrere die sich erst gegen eine Reha streuben (grade Mütter mit Kindern), aber im Nachhinein berichten doch fast alle wie gut es getan hat, vor allem, dass man da Gleichgesinnte trifft, die (so wie hier) all die Strapazen kennen. Wer so eine Krankheit nicht erlebt hat, kann einfach vieles nicht nachvollziehen. Aber das soll ja jetzt auch noch nicht dran sein. Konzentrier dich erst einmal auf die Chemozeit.
Zum Thema NAchsorge hast du hier ja schon Links bekommen. Normalerweise hat man nach Chemo-Ende die ersten 2 Jahre alle drei Monate Nachsorge, anschließend halbjährlich. Kann aber individuell variieren. Ich habe die ersten zwei JAhre alle drei Monate bei meiner Frauenärztin die Nachsorge-untersuchungen (mit Tumormarkermessung) gehabt und einmal jährlich wurde ein MRT und Mammographie gemacht. Nun habe ich alle vier Monate Nachsorge (da ich eine erbliche Vorbelastung für Brust- und Eierstockkrebs habe). Den Port habe ich vorsorglich immer noch, er muss lediglich alle drei Monate gespült werden (kenne aber viele, wo er nach Chemoende sofort entfernt wurde). Bei meiner Hausärztin wurde mein Blutbild solange monatlich geprüft bis es stabil/normal war (jetzt nur noch parallel zur Nachsorge). Einmal im Monat wird bis heute noch Urin getestet, da ich eine leichte Blasenstörung zurückbehalten habe. Bei dir kommen wohll noch andere Untersuchungen wg dem Stoma hinzu (wird er nach der Chemo zurückgelegt?). Aber wie gesagt, dass ist jetzt noch alles nicht dran.
Ich hoffe dich erschlagen diese ganzen Infos jetzt nicht.
Ich konnte mir damals nach den OPs und kompletten Muskelabbau auch nicht vorstellen jemals wieder Kraft zum Laufen zu haben, und es ging Schritt für Schritt wieder. Wenn mich die ganzen Schmerzen und die Übelkeit und das Thema Essen immer kraftloser gemacht haben, dachte ich ich werde nie wieder richtig essen können und ich konnte mir gar nicht mehr vorstellen je wieder ohne Schmerzen in Ruhe liegen zu können und normal schlafen zu können. Aber es ging irgendwann wieder. Wenn mich die Ärzte beruhigt haben, dass alles irgendwann wieder funktioniert, dachte ich oft: Ihr wisst doch gar nicht wie das wirklich ist, wie sich das anfühlt, wenn es einfach nicht geht. Aber sie sollten recht behalten. Ich kann jetzt auf die Zeit zurückblicken und ich weiß, dass ich mit Geduld vieles durchhalten konnte. Und die kleinen Dinge des Alltags lernt man auch ganz neu zu genießen und anders zu sehen. Und viele "Problemchen" werden banaler.
Ich wünsche dir und deiner Familie für die jetzige und kommende Zeit viel viel Kraft! Galub daran, dass du diese Kraft in dir Hast! Man kann soviel mehr als man manchmal denkt!
Alles gute und Liebe Grüße!
Mit Zitat antworten