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Alt 25.03.2008, 12:09
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Babyalina Babyalina ist offline
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Standard AW: 7-Stunden Wertheim-Meigs-OP hinter mir

Fortsetzung.........
Die Tage vom 05.02. bis zum 12.02. (Termin zur Aufnahme in die Klinik in Bremen) sind wir alle wieder nach Hause gefahren. Ich wollte in Ruhe alles Wichtige vorbereiten, denn bei so einer OP - weiß man ja nicht, ob man wieder aufwacht, oder zurück kommen kann.
Also habe ich alle Papiere vorbereitet, falls es einen traurigen Ausgan geben sollte, habe Listen von den besten Freunden und Kollegen erstellt, die angerufen werden müssen, habe alle Versicherungen geordnet und für meinen Mann und meine Tochter Vollmachten erstellt - habe mein Testament überprüft - schrecklich ich weiß - aber ich fand es richtig. Die übrige Zeit habe ich unendlich viel telefoniert, mit Familie aber hauptsächlich auch mit Freunden und mir nahestehenden lieben Kolleginnen und Kollegen.
Ich habe in dieser Zeit so viel Schönes erfahren - bei allem Negativen und bei aller Angst, war es dennoch unglaublich, was ich an mutmachenden und glückbringenden Reaktionen aus meinem Umfeld hatte.
Über wunderschöne Bücher, Fleurop-Blumen, unzählige richtige lange Briefe, Gedichte, Psalmen und natürlich Mails und Anrufe - das Spektrum ist unendlich.
Das schönste war von meinem Mann - ein Buch - ihr glaubt es nicht - ein Kinderbuch: Von Janosch: "Ich mach Dich gesund, sagte der Bär" Da habe ich geheult, denn die Signatur im Buch von meinem Mann am 09.02. lautete folgendermaßen:
Wohltuende kleine Spritze,
blauer Traum,
Operation vorbei,
nix gemerkt.
Schnuffel (das ist mein Spitzname) gesund!
Ich trage Dich dann nach Hause!
Dein Stefan


Heule heute immer noch vor Rührung und Liebe, wenn ich das lese.

Aber auch ganz toll schön, war ein Bild vom Kilimandscharo in Tansania, das mir meine Tochter schenkte mit einem wunderschönen Spruch unter dem Bild:
"Für viele ist es nur ein Gedanke. Für einige ist es nur ein Traum.
Für Dich ist es das Ziel: Lauf los!
Mein Vater hat etliche Jahre am Fusse des Berges in Tansania gelebt und gearbeitet - dieses Land und dieser Berg ist ein Ziel, ein Traum von mir.
Das weiß meine Tochter.


Oder eine Reisebüro-Mitarbeiterin, eine von denen, die mir sehr nahe stehen, sandte mir ein wunderschönes Buch mit einer Geschichte über einen Schutzengel, den wir alle haben. Einfach wunderschön und sehr sehr tröstend.

Insgesamt habe ich bislang weit über 100 Briefe, Päckchen, Karten usw. bekommen - es hört auch jetzt nicht auf - fast täglich erleben ich so kleine freudige Überraschungen, die die für wichtige, wertvolle Momente aus der Nachdenkerei holen und dich Freude empfinden lassen. Ich wußte vorher nicht, wie wichtig dies ist und sein kann.

Am 11.02. sind wir dann nach Nordenham, eine kleine Stadt nördlich von Bremen zu meiner ältesten Schwester gefahren - hier wollten mein Mann und meine Tochter mit Mann und Enkelkind die Zeit meines Krankenhausaufenthaltes in Bremen verbringen. Am 11.02. abends sind wir nochmal richtig schön essen gegangen - war trotz der bevorstehenden schweren Zeit - ein schöner harmonievoller und ruhiger Abend.
Am nächsten Morgen gings für mich ab in die Klinik nach Bremen - wieder
Untersuchungen - Gespräch mit Anästesisten (nicht mein Schwager - der durfte nicht, da ich verwandt mit ihm bin.)

Das OP-Team für den nächsten Tag stand fest: Professor und Chefarzt der Gynäkologie in Verbindung mit einer fantastischen Oberärtztin aus dieser Klinik - mit 2 weiteren Assistenzärzten und einem Prof. Chefarzt der Anästesie in dieser Klinik. Was für ein Glück für mich.
Eine wichtige Blutuntersuchung in der Klinik hatte noch ergeben, dass ich Antikörper im Blut - sogenannte Kälteaglutinide habe - d.h. eine eventuell notwendige Bluttransfusionwährend der OP, muss die gleiche Temperatur haben oder so ähnlich wie mein Blut - da es sonst zu Verklumpungen kommen kann, wenn ich die Transfusion erhalte.
Es wurden mehrere Kreuzproben im Vorfeld der OP gemacht - beruhigend zu wissen - dennoch auh ein wenig erschreckend, wußte ich doch nicht, dass ich solche Antikörper im Blut habe.

Am 13.02. um 06:30 Uhr bekam ich eine Beruhigstablette und wurde um 07:15
abgeholt zur Anästesie.
Ich bekam 2 Arten von Narkose - zuerst wurde bei mir eine Peridual-Anästesie im Rücken gelegt - dies wurde mir, auch wegen der weiteren Schmerztherapie nach der OP empfohlen. Der Schlauch blieb nach OP liegen (ist ein ganz feiner dünner Schlauch, der nicht stört, wenn man draufliegt - wird über den Rücken nach oben gelegt und fixiert.)

Die periduale Anästesie muss bei Bewußtsein des Patienten gelegt werden, da durch Reaktionen nach Legen zu klären ist, ob sie richtig liegt.

Danach bekam ich dann zusätzlich die Vollnarkose über einen Venenkatheder an der linken Hand.
Und weg war ich.

7 Stunden dauerte die OP - 7 Stunden - alles wurde rausgenommen, alles was nur irgend ging - die Ärzte haben sich wirklich wirklich riesig bemüht.
Ich wachte dann irgendwann ganz kurz auf der Intensivstation auf - meinen Mann am Ohr, der mir eine Liebeserklärung machte - meine Tochter, die mir Zuversicht signalisierte - das hieß, ich hatte es zumindest bis hierhin geschafft - war wieder da.
Nach einer weiteren - etwas unruhigen Nacht - kam ich wieder auf die normale Station in ein Zweibettzimmer mit einer netten jungen Frau, der ein Myom entfert worden war.

Die sich daran anschließende Woche, war teilweise ziemlich heftig - am 3. Tag bin ich das erste Mal am Bett aufgestellt worden, des Kreislaufes wegen - gut gemeistert. Am 4.Tag bin ich morgens zum Fenster und zurück am Arm einer Schwester marschiert - immerhin ca. 6m gesamt. War stolz.

In mir waren folgende Schläuche:

Ein normaler Harnkatheder aus dem Harnleiter.
Ein Harnkatheder durch die Bauchdecke.
Zwei Drainagen für den Wundflüssigkeitsablauf und Ablauf der Lymphflüssigkeit
rechts und links im Unterbauch.
Ein Herz-Venenkatheder an der linken Halsseite
Ein Peridualschlauch über das Rückenmark
Ein Venenzugang an der linken Hand
Ein Venenzugang an der rechten Hand.

8 Schläuche - damit muss man erst mal laufen.

Außerdem mußte ich am 4. Tag auf die Toilette - Darmentleerung war notwendig und ich wollte es auch unbedingt versuchen.
Eine Schwester begeltete mich zur Toilette - ich bat sie dann rauszugehen, da ich sonst gar nichts konnte - sie verließ mich mit dem Hinweis auf die Klingel, und offene Türen, wenn irgendwass nicht in Ordnung wäre.
Hab ich gar nicht so eng gesehen.

Aber dann sackte tatsächlich mein Kreislauf ab - ich kollabierte auf der Toilette und konnte gerade noch die Klingel drücken, bevor ich fast ganz wegsackte. War ganz furchtbar komisch - das Bad entfernte sich immer mehr von mir - in mir war alles ganz hohl und leer - kalter Schweiß auf der ganzen Haut - die war gelb - ich habe mich fixiert auf meine Hand an der Wand - tief geatmet - zumindest versucht - aber es ging immer weiter weg.

Drei Schwestern kamen angerannt - zerrten mein Bett zur Toilettentür - hievten mich hoch und legten mich in Schocklage in mein Bett - das hat eigentlich fast sofort geholfen - ich kam langsam wieder zurück - Blutdruck erst 70 zu 40 - dann wieder schnell auf 100 zu 60. Puls 60.
Mann ich war so froh.

Die Schwestern sagten mir, dass der erste Stuhlgang-Tag oft ein wenig problematisch sei - ich sollte mir keine Sorgen machen. Allerdings stellte sich an diesem Tag noch heraus, dass mein Blutdruck immer wieder absackte bis runter auf 60 zu 40 - in der dann folgenden Nacht saß ein Notarzt vom Christopher stundenweise an meinem Bett zur Kontrolle - spritzte mir ab und zu ein Kreislaufmittel in den Herz-Venenkatheder am Hals.

Ich vertrage die medikamentöse Schmerzbehanlung über den peridualen Zugang im Rücken nicht, teilten mir die Ärzte am nächsten Morgen bei der Visite mit - und zogen diesen Zugang - Komisch aber nicht schlimm - ganz kurzer kleiner hohler Schmerz - dann war dieser Schlauch schon mal raus.

Ab sofort erhielt ich Schmerzmittel über den Tropf durch den Hals-Venenkatheder.
Am 5. Tag wurden auch die beiden Wund-Drainagen gezogen - einer schmerzhaft, denn er war innen bereits ein bißchen festgewachsen, einer harmlos - mit kurzem, hohlem Schmerz beim rausziehen.
Die Drainagen sollten nicht zu lange liegen, sagten die Ärzte, da sich das sonst verwachsen kann - aber vielleicht wurden sie bei mir doch zu früh entfernt, denn 1 Woche nach OP - am 20.02. wurde bei einer SoNo des Bauches rechts eine Lymphozele festgestellt. Lymphozelen entstehen, wenn die Lymphflüssigkeit im Bauch nicht mehr abfliessen kann - dies pasiert, da bei der OP so viel wie möglich Lymphknoten im Bauch entfernt werden.

Eine Lymphozele ist wie ein geschlossener Ballon im Bauch und muß, wenn sie zu groß wird und stört, punktiert werden. Na toll!

Ich hatte riesige Angst - in meinen frisch operierten Bauch - mit Schnitt vom Schambein bis fast zum Brustbein, sollte jetzt eine Punktion erfolgen.

Hier habe ich zum ersten Mal vor Angst geheult - aber meine tolle Oberärztin hat zusammen mit einer Ass.-ärztin und einer Schwester diese Punktion gemacht.
Die Lymphozele wird erst mit Ultraschall lokalisiert, örtlich betäubt und dann mit einer Hohlnadel punktiert - durch diese Hohlnadel wird ein Schläuchlein eingeführt, durch den die punktierte Flüssigkeit dann abfliessen kann.

150 ml waren es glaube ich. Leider bilden sich diese Lymphozelen häufig wieder, so das es nicht ausgeschlossen wurde, dass diese Punktion wiederholt werden müßte. Oh jeh - davor hatte ich Angst.

Nach dieser Punktion wurde ich zum Professor der mich operiert hatte, berufen. Der Befund war gekommen.
Da er mich schon vor seiner Tür zum Besprechungszimmer in Empfang nahm und lächelte, dachte ich, der Befund kann doch nicht ganz so schlimm sein!

Folgende Beurteilung gab es:
85 Lymphknoten wurden entfernt - unglaublich.
Uterus mit beiden Adnexen und Scheidenmanschette mit einem bis 3,5 cm großen, mäßig differenzierten, ausgedehnt ulzerierten Plattenepithelkarzinom der Zervix uteri, mit einer Infiltration des Myometriums und der Scheidenmanschette, ohne Infiltration der Parametrien (pT2a)

Die Resektionsränder sind tumorfrei (R0-Resektion)
Die beiden anhängenden Adnexen sind ebenfalls tumorfrei.

NM-Klassifikation: pT2a / pNX / pMX / G2 / R0


Fortsetzung 2 folgt..........
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