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Alt 05.09.2006, 11:39
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Blauerschmetterling Blauerschmetterling ist offline
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Standard Traurigkeit ohne Ende

Meine Traurigkeit will einfach kein Ende finden. Immer wieder kehrt sie zurück und ich weiß nicht warum. Es geht mir doch gut. Wurde Nov. 04 brusterhaltend operiert, Sentinel und Lymphknoten nicht befallen und nachdem ich die Strahlentherapie abgeschlossen hatte bekam ich meinen Seelenfrieden wieder zurück, konnte die dunklen Schatten vertreiben, die ein Chaos der Gefühle verursachten. Mir half damals meine Gedanken aufzuschreiben und befreite mich dadurch von dem Ballast, den ich mit mir herumschleppte. Doch heute finde ich nicht die innere Ruhe um an der Fortsetzung meines Kindesbuches zu arbeiten. Wenn ich mich doch überwinden könnte, vielleicht ging es mir dann besser. Aber mein Kopf ist leer, Ideen bleiben aus. Und ich bin unzufrieden mit jedem und allem. Dabei habe ich eine Familie, mit der ich über alles reden kann, doch will ich sie nicht mit meinen Klagen nerven. Immer wieder bin ich traurig und kann ohne Grund zu weinen anfangen. Gedanken an eine Neuerkrankung, an ein Rezidiv oder Metastasen habe ich nicht. Ich meinte mich im Griff zu haben, doch meine innere Unruhe und zeitweise Hektik belasten mich. Sicher hatte ich in den letzten Jahren viel zu verarbeiten. Krankheiten und Tod waren meine Begleiter. Was schlummert in meiner Seele, das mich nicht ruhen lässt? Häufig fühle ich mich überfordert, bin oft erschöpft und ständig gereizt. Ich wage es garnicht zu schreiben, und dennoch, manchmal möchte ich meine Familie anschreien: Macht doch mal etwas selber. Meine drei Männer konnten sich immer auf mich verlassen, das sollen sie auch weiterhin, aber ein bisschen weniger Arbeit wäre ganz gut.
Was für mich unerträglich ist, während meiner Traurigkeit ist absolut nichts an Gedanken in meinem Kopf. Ein Hohlkörper auf meinen Schultern, lästig schwer und von Tinitus geplagt. Warum ist mir zum Weinen zumute? Nie finde ich meine so ersehnte Ruhe, auch wenn ich alleine bin. Ich bin wütend auf mich selber, mache Fehler bei der Arbeit, bin oft unkonzentriert. Lustlosigkeit kommt hinzu. Ich habe keine Angst vor der Zukunft, aber die Gegenwart ertrage ich in diesem Zustand nicht und ich stelle mir die Frage: Wie lange muss ich dieses Leben noch ertragen? Andererseits lebe ich gerne und erfreue mich auch an den vielfältigen Schönheiten. Meine Familie ist mir wichtig, dafür lohnt es sich zu leben. Ich würde mir nie etwas antun, dafür habe ich zuviel Achtung vor dem was kommt, danach. Und ich ärgere mich über diese negativen Gedanken. Genau so schnell wie die Traurigkeit gekommen ist, verschwindet sie wieder. Kann aber einige Tage dauern. Dann ist es so, als ob nichts gewesen wäre und ich bin wieder leistungsstark und belastbar.
Zu meiner inneren Beruhigung wollte ich des öfteren spazieren gehen, aber in Begleitung. Und da tagsüber niemand Zeit hat, habe ich einen Hund bekommen. Noch ist er sehr anstrengend, knapp vier Monate alt und muss noch lernen, dass er sein Geschäft draussen und nicht auf dem Balkon zu machen hat. Eines ist aber sehr positiv, der kleine Kerl bringt mich oft zum Lachen. Ich finde mein Lachen wieder, das ich verloren hatte.

Nun habe ich genug geschrieben und hoffe, niemanden damit genervt zu haben. Auf jeden Fall fühle ich mich jetzt wesentlich besser. Meine Kraft kehrt zurück unterstützt von dem Gedanken und festen Willen wieder frohgelaunt durchs Leben zu gehen.

Alles Liebe für Euch

Blauerschmetterling, der seine prachtvolle Farbe wiedergefunden hat.
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Geändert von Blauerschmetterling (10.09.2006 um 20:11 Uhr)
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