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Alt 25.12.2013, 03:04
Norma Norma ist offline
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Registriert seit: 06.11.2005
Beiträge: 1.158
Standard AW: ...ich schäme mich in Grund und Boden...

Liebe Claudia,

schön, dass du uns gefunden hast!

Ich wünsche dir ganz besonders schöne Weihnachten!

Deine Zeilen berühren mich sehr! Du hast ja krankheitsmäßig auch schon viel mitgemacht und ich werde mich hüten, meine Krebserkrankung über deine Leiden zu stellen. Jede Krankheit ist schlimm und gerade Lähmungen sind unendlich belastend. Inkontinenz ebenso.

Das Einzige, was uns unterscheidet, ist die Tatsache, dass über meinem Kopf (über allen Köpfen von Krebskranken) das Damoklesschwert hängt und jeden Tag runter zu fallen droht.
Es gibt Menschen, die gerne dann argumentieren, man könne ja auch täglich verunfallen oder vom Bus überrollt werden.
Dieser Vergleich hinkt.
Wenn ein plötzliches Ereignis das Leben beendet, hat man keine Zeit mehr, sich Gedanken zu machen. Von einer Sekunde zur anderen ist es vorbei.

Eine schwere Op über sich ergehen lassen zu müssen (so wie du oder auch Krebskranke, die ebenfalls operiert werden müssen), ist für alle Menschen angsteinflößend.

Eine Krebserkrankung endet selten mit dem sofortigen Tod; weder nach einer Op noch während anderer akuter Therapien. Wenn, dann kommt er oft schleichend langsam; quasi in Zeitlupe.

Mit dieser Tatsache leben zu müssen, ist alles andere als leicht. Die Psyche spielt lange Zeit völlig verrückt (auch nicht bei allen, aber bei ganz vielen) und es dauert sehr lange, bis man einigermaßen wieder zum Alltag zurückfindet.
Trotzdem gibt es immer wieder Rückschläge und dann gilt es, sich irgendwie abzulenken und den Überlebenskampf nicht aufzugeben.

Ich habe in den letzten 12 Jahren unendlich vielen Foristen "Lebewohl" sagen müssen und es ist bei jedem einzelnen schwer gefallen. Daran kann man sich wohl nie gewöhnen.

Der Tod einer jungen Frau, die mittlerweile seit über 5 Jahren nicht mehr unter uns weilt, ist mir ganz besonders nahe gegangen. 34 Jahre alt, 3 kleine Kinder... der Schock saß unglaublich tief. Für sie habe ich gestern, am Heiligen Abend, wieder eine Kerze angezündet. Mehr geht leider nicht mehr... vergessen werde ich Manuela nie.

Nein, du brauchst dich nicht zu schämen, liebe Claudia! Du lebst DEIN Leben, mit allen Höhen und Tiefen, die jedes Leben mit sich bringt.

Freu dich, dass dich noch banale Dinge ärgern können (aber stimmt schon, die Prioritäten haben sich bei mir wirklich verschoben) und genieße einfach, dass du wieder gut laufen kannst und keine finanziellen Sorgen hast (auch das ist ein Privileg, welches -leider- längst nicht alle Krebskranken haben). Deine schöne Wohnung... alles prima, alles fein!

DU bist DU! Nur Eines solltest du wirklich vergessen: Deine Selbstmordgedanken. Wenn sie dich quälen, geh raus in die Natur. Sie ist es, die dir zeigt, wie schön das Leben ist. Die Vögel, die auch im Winter hier zu beobachten sind. Oder die Bäume, die trotz kalter Temperaturen bereits erste zarte Knospen bilden. Nicht zu vergessen: Seit 3 Tagen werden die Nächte wieder kürzer und die Tage länger. Jeden Tag um eine Minute; ist das nichts?
Es geht immer wieder aufwärts... und wenn es abwärts geht, dann warte geduldig auf bessere Tage; sie werden kommen, versprochen!

Und was deine Antriebsschwäche angeht, so kann ich dir vergewissern: Die sollte man nicht immer mit aller Kraft bekämpfen. Lass sie ruhig zu, wenn es geht. Immer nur gegen etwas ankämpfen kann niemand. Ich auch nicht.
Aber lass nicht zu, dass sie dich völlig beherrscht. DU bist Diejenige, die bestimmt, wann es wieder gut ist... nicht die Antriebsschwäche.

Vergiss es bitte nicht.

In diesem Sinne:

Frohes Fest!

Liebe Grüße
Norma
Diagnose Brustkrebs Nov. 2001
Diagnose Darmkrebs Juni 2007 bei meinem Mann
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