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Alt 27.11.2004, 00:04
Gast
 
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Standard Hat jemand Erfahrung mit Morphin?

Hallo alle zusammen

Hier werden Erfahrungen und Wissen über Morphium gesucht, wir hoffen einen Beitrag dazu leisten zu können, als Betroffener und als Krankenschwester.

ich nehme seit November 2002 täglich Morphium in Form von MST retard und in Reserve Morphium Tropfen 2 oder 4%. Anfänglich waren es nur wenig heute ist es schon deutlich mehr, nicht weil das Mo nicht mehr wirkt, sondern weil die Schmerzen stärker werden.

Dazu kommen noch Celebrex und ein Antiepileptika (bei mir als Schmerzmittel und als Antiepileptika im Einsatz) gegen meine Tumor- und neuropathischen Schmerzen auf Grund der Entfernung von wichtigen grossen hauptversorgende Nerven direkt am Rückenmark sowie des Plexus brachialis (Armgeflechtes - ein Geflecht von Nerven die für den Arm zuständig sind). Somit wurden mir am Rückenmark 4 Nervenwurzeln getrennt und 10cm der nerven entfernt die meine Schulter linken Arm versorgen sollten. Dies nennt man Neuro-Amputation und führt zu den gefürchteten Phantomschmerzen die auch ich seither habe. So wie ich mit den Medikamenten eingestellt bin kann ich leben, bin aber nie ganz Schmerzfrei (vor allem die Phantomschmerzen) und es gibt Tage wo es sehr schlimm wird. Celebrex habe ich, weil VIOXX nicht mehr erhältlich ist und die entzündlichen Schmerzen besser auf Rheumaschmerzmittel ansprechen. Ich konnte so verhindern, dass ich vor ein paar noch ein Gips hätte bekommen sollen. Wenn Celebrex nicht mehr funktionieren sollte ist der Gips die einzige andere Variante, leider müssten sie den rechten Arm eingipsen - links bin ich seit der Op gelähmt. So könnte ich gar nichts mehr machen deshalb will man noch warten.

Verstopfung hatte ich nur zu Beginn der Therapie und musste eine Abführhilfe haben, seither geht es ohne trotz Erhöhung der Morphiums.

Soviel zu den Erfahrungen -

Grundsätzlich sollten Schmerzen immer nach dem Stufenplan der WHO durchgeführt werden, das heisst zuerst opiatefreie Schmerzmittel, bei Erreichung der Maximaldosis und Weiterbestehen der schmerzen schwache Opiate z.B. Tramal) und dann wenn diese nicht genügend Wirksam sind starke Opiate wie Mo. Sie sollten so eingestellt sein, dass die nächste Dosis verabreicht wird bevor der schmerz wieder da ist durch den Wirkungsnachlass des Medikamentes. Vor speziellen med. Handlungen wie Umlagern, ja sogar das Aufstehen, Aufsitzen um nur das Bett frisch zu machen, und Physiotherapie oder gewissen Eingriffen und Untersuchungen unter denen man weiss, dass sie Schmerzen auslösen, ist es sinnvoll vorher nochmals ein Schmerzmittel zu verabreichen. Auch hier zählt das WHO Schema. Ziel ist es den Wirkstoffspiegel konstant zu halten.

Mo wird eingesetzt der Schmerzbekämpfung und bei Atemnot, es hat KEINE obere Dosisbeschränkung und jeder Pat. reagiert anders, der eine braucht für die gleichen Schmerzen mehr der andere weniger.

Mo hat auch eine Hustenreizlinderung bei trockenem Reizhusten wenn keine Schleimbildung vorliegt - was zur Therapie von Atemnot und Husten gerne ausgenutzt wird gerade bei Lungenkrebs oder -metas.

Mo. wird nicht nur bei Tumorerkrankungen (so auch bei MS, und vielen anderen Erkrankungen z.B. MS, akute Schmerzen bei Unfällen, postoperativ, etc.) gegeben. Gegeben wird es weil kaum NW ausser diese Darmträgheit (Darm"lähmung" und Abführprobleme hat vergleichbar jetzt z.B. Paracetamol welches bei hoher Dosis und einer gewissen Therapiedauer zu irreparablen Leberschäden führt, gute Schmerzbekämpfungsrate aufweist und billig ist.

Wenn es unter Mo. zu Übelkeit, Halluzinationen (bei Mo. wenn überhaupt nur flüchtig) , euphorisierender Rauscheffekt oder Sinnesstörungen kommt ist es für die Schmerzintensität zu hoch dosiert, zur falschen Zeit, als wenn die Schmerzen wieder zu stark sind und eine rasche Wirkung nötig ist und falsch appliziert (z.B. als Injektion, zu rascher Wirkungseintritt) wurde.

Leider gibt es keine fixe Standarddosis, sondern die muss durch langsames Steigern der Dosis herausgefunden werden wo die optimale Wirkung ist und wann diese Beschwerden auftreten.

Atemkompression, also die Einschränkung der Atemfunktion durch Lahmlegung des Atemzentrums ist vor allem wenn Mo. via Venen (i.V.)zugeführt wird, deshalb muss es bei i.V. Verabreichung immer unter med. Kontrolle sein, man versucht es deshalb wenn möglich anders zu verabreichen.

Müdigkeit unter Mo. ist meist nur zu Beginn der Therapie und ist nicht zwingend eine NW von Mo., sondern weil die Patienten / Ärzte meist zu lange zugewartet haben bis sie Mo. bekommen / verschreiben und die Pat. zu lange ihre Schmerzen ausgehalten haben, sie sind dann meist schon sehr übernächtigt und erschöpft. Weichen die Schmerzen endlich kommt ein enormer Schlafnachholbedarf. Deshalb schlafen sie oft und viel zu Beginn der Therapie, sie erholen sich von der Zeit bevor die Schmerzen richtig bekämpft wurden. Auch unbehandelte Atemnot führt durch den o2-Mangel zu Müdigkeit. Bei Tumorerkrankungen und gewisse andere Krankheiten spielt die damit verbundene "Chronische Fatigue" eine grosse Rollen, wird aber oft nicht auf die Krankheit selber zurück geführt, sondern auf das Mo.

Früher hat man bewusst Mo. überdosiert um Menschen in der Endphase die Atemnot zu erleichtern und ihnen das Bewusstsein einzutrüben, damit sie die Atemnot nicht erleben, heute sollte dies wenn möglich und wenn die Fachperson gut über Mo. bescheid weiss nicht mehr sein. Sollte jemand an einer Atemlähmung durch das Lähmen des Atemzentrums im Gehirn sterben ist es ein Behandlungsfehler.

Wir kennen jemand, eine junge Studentin die Mo. nicht wegen eines Tumors bekommt und 4,000mg/Tag benötigt, Velo und Auto fährt und normal am Leben und Studium teilnimmt.

In akuten Situationen (Notfall, schweren Verletzungen etc.) wird oft hoch dosiert mit Einkalkulierung, dass man etwas "neben den Schuhen ist" dafür Schmerzfrei oder -arm.

Weitere Infos .....

http://www.schmerzkreis.net/fragen/medika.htm#a4

http://www.schmerz.ch/html/de/2.112_therapie.html

sonst gibt es noch viele gute Infos wenn man googelt!

Waren die Verabreichungsmethoden Spritzen bei euren Angehörigen die Krebs hatten / haben? Diese Grundsatzfrage muss immer gestellt werden, wenn man von Mo. und NW wie Bewusstseinsstörungen, Halluzinationen etc. redet.

Wären froh wenn ihr uns mitteilen würdet ob injiziert wurde oder nicht?

Wir hoffen so ein paar Erfas und Infos geben zu können.

LG Liz und Willy
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