Einzelnen Beitrag anzeigen
  #22  
Alt 18.10.2007, 16:56
Gabriele M. Gabriele M. ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 21.09.2007
Beiträge: 75
Standard AW: Die Hilflosigkeit ist so groß

Hallo,

ich habe eine schwere Last auf dem Herzen.

Am Dienstag hat meine Mutti die erste Chemo bekommen. Sie hat die Chemo mit viel Hoffnung begonnen. Die Übelkeit und die Kopfschmerzen nimmt sie klaglos hin. Ich merke aber, dass sie alles sehr beschäftigt, aber sie redet mit uns nicht darüber. Sie macht alles mit sich selbst ab. Vati redet wenigstens ab und zu darüber, wie schwer ihn alles belastet, wie stark er jetzt schon bei dem Gedanken leidet, wenn Mutti nicht mehr da sein wird. Er hat sich seinen Lebensabend mit Mutti anders vorgestellt. Er war Monteur, viele Jahre ihrer Ehe war er im Ausland und jetzt wo beide ihr Leben zusammen geniessen könnten - jetzt ist Mutti so krank und wird sterben. Ich kann ihm aber nicht helfen, was soll ich ihm sagen, mir laufen dann doch auch die Tränen und wie soll ich ihn trösten, wenn ich selbst getröstet werden möchte?

Jetzt hatte ich mir gedacht, ich wende mich an den Hospiz. Die Dame war auch sehr freundlich, verständnisvoll und nett. Ich habe ihr gesagt, dass es in erster Linie um Vati geht - er braucht jemanden, bei dem er sich aussprechen kann, der ihm zur Seite steht. Mutti weiß, dass es ihr sehr schlecht geht, aber sie hat doch jetzt wieder so große Hoffnung und ich habe Angst, dass sie genau diese Hoffnung aufgibt, wenn man ihr vom Hospiz sagt, dass sie zur Sterbebegleitung kommen. Ich möchte für Mutti keine Sterbebegleitung sondern jemanden, bei dem sie ihre Sorgen, die sie hat, abladen kann. Der ihr verständnisvoll zuhört und nicht sofort mit den Tränen kämpft. Mit anderen Worten - Vati: Sterbebegleitung ja, Mutti: auf keinen Fall auch nur ein Wort bezüglich Sterbebegleitung. Vom Hospiz sagte man mir, dass man diese Gratwanderung nicht macht. Sie haben sich die Offenheit auf's Banner geschrieben und sie könnten nicht mit Mutti sprechen ohne ihr zu sagen, dass die Hoffnung absolut gering ist.

Ich weiß nicht, ob der Hospiz die richtige Einrichtung ist. Ich war vor 3 Wochen die treibende Kraft, dass Mutti erfährt, dass sie unheilbar erkrankt ist. Genauso wehement wehre ich mich jetzt dagegen, ihr zu sagen, dass die Hoffnung so klein ist und sie sich mit dem herannahenden Tod beschäftigen muss. Die Ärztin im KKH hat vor 3 Wochen schon gesagt, dass Mutti nur noch Stunden hat - jetzt hat sie schon so viele Stunden dazu bekommen. Wenn der Hospiz ihr jetzt sagt, dass sie zur Sterbebegleitung kommen - ich glaube Mutti wird dann den Funken Hoffnung verlieren, der aufgrund der Chemo bei ihr glimmt. Und jeder weiß - kein Arzt und kein Medikamt ist so stark wie die Hoffnung und der Wille zu Leben.

Jetzt weiß ich nicht, was ich machen soll - wer kann mir Erfahrungen mit dem Hospiz nennen? Gibt es vielleicht noch jemand anderes (eine andere Einrichtung) an die ich mich wenden kann?

Liebe Grüße
Gabi
Mit Zitat antworten