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Alt 29.09.2003, 11:07
Gast
 
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Standard ich habe schuld

Lieber Rollo,

gerade hab ich mir nochmal alle deine Beiträge durchgelesen. Da fällt mir dein Verständnis für die Ärzte auf. Die meisten in deiner Situation würden die Ärzte verurteilen, ihre ganze Wut (die bei so einem Verlust genauso aufkommt wie die Verzweiflung)auf die Ärzte übertragen. Du machst das nicht - du hast die Wut auf dich, bestrafst dich selbst, aber das ist nicht richtig, du tust dir damit nur noch zusätzlich weh

**Ich alleine habe die Entscheidung für meine Frau getroffen und die Entscheidung war falsch. Auf mich hat sie vertraut, die Ärzte haben getan was sie konnten, ich habe zuviel gekonnt.

Doch du hast nur das getan, was die Ärzte dir geraten haben - was sonst hättest du tun können (offenbar bist du kein Chirurg oder Anästhesist), als denen zu vertrauen, die es wissen müssen.

**Instinktiv hat meine Frau das Richtige geahnt und nur weil sie halt dieses unbegrenzte Vertrauen in mich hatte, hat sie der Op. zugestimmt.

Vielleicht hat sie aber auch nur Angst gehabt. Hast du sie wirklich noch nie vorher zu etwas überredet, das sie nicht wollte - wovor sie Angst hatte? Und wo sie danach froh war, es doch getan zu haben, auf dich gehört zu haben? Hätte sie es wirklich nicht gewollt, hätte sie abgelehnt. Aber in solchen Situationen, ist es doch so, dass man selbst einfach nicht weiß was man wollen soll. Du hast nach deinem besstem Wissen und Gewissen und mit all deiner Liebe gehandelt. Du kannst nichts dafür, dass es so ausgegangen ist - und ich bin sicher, im Grunde deiner Seele weißt du das auch ganz genau.

**Ich habe nicht darüber nachgedacht, auch weil ich es nicht wusste, warum diese Dominoleber (ich nenne sie so) ausgerechnet meiner Frau gegeben wurde

Wenn das Krankenhaus, in dem ein Organ zur Verfügung steht, selbst einen Patienten hat, der es dringend braucht, dann geht es nicht über Eurotransplant. Denn je kürzer die Transportzeit (kalte Ischämie) umso größer die Erfolgschancen. Und wenn in diesem KH mehrere Patienten sind, die auf das Organ warten, dann bekommt es der, dessen genetische Übereinstimmung (HLA-match)am größten ist (unabhängig von der Wartezeit)

Zu deinen Kindern hast du geschrieben:
**Dazu kommt das sie alle ihre eigenen Familien haben und nicht dauernd diese depressive Stimmung ertragen wollen. Das kann sogar ich verstehen.

Wenn ich da an den Umgang mit meiner Mutter denke - nein, ganz so ist es nicht Rollo. Es ist vielmehr so, dass man Angst hat, das Thema anzusprechen, um nicht dem geliebten Elternteil noch mehr Schmerz zuzufügen. Wenn meine Mutter bei so einem Gespräch in Tränen ausbricht, fühle ich mich schuldig, sie zu sehr daran erinnert zu haben (denke mir, hätte ich nur nichts gesagt), obwohl ich weiß, wie befreiend Tränen sein können.
Es ist immer dasselbe: der verbliebene Elternteil will seine Kinder mit seiner Trauer nicht belasten, und die Kinder wollen den Schmerz des Elternteils nicht wieder aufrühren. Aus Angst wird dann das Thema vermieden, oder sogar der Kontakt reduziert.

Aber hier ist es gut, dass du das Forum gefunden hast. Hier kannst du dir allen Schmerz von der Seele schreiben, ohne die Angst jemanden zu belasten. Wer sich angesprochen fühlt wird es lesen, nur wer wirklich will, dir antworten. Und wenn du dann mal keine Lust hast zurückzuschreiben, ist es auch gut (hier versteht das jeder)

** Sicher ist jedenfalls, das sie da nicht gestorben wäre.

Das kann man leider nicht wissen - und nie erfahren.
Aber,ich denke du spürst es selbst - du drehst dich im Kreis, und es gibt so kein Entkommen.

**Doch man muss auch wollen. Ich habe bisher nicht gewollt, oder nicht gekonnt.

Das ist genau der Punkt. Du musst wollen!! Das allerdings kostet sehr, sehr viel Kraft (es erfordert schließlich auch ein radikales Umdenken), und diese Kraft hattest du bisher noch nicht (10 Monate sind keine Zeit um den Verlust um eine große Liebe zu verkraften)

**Da ist kein zusammen aufwachen, kein Gespräch kein lachen mehr und meine Frau konnte so schön Lachen. Da ist kein Rücken kraulen mehr, keine kalten Füsse massieren, nichts mehr ausser Erinnerung.

Ja, das ist das, was einfach fehlt, was dir einfach nicht wieder gegeben werden kann. Aber da ist noch vieles anderes, was dir dieses Fehlen erleichtern kann:

**Nachdem meine Frau beerdigt wurde, klingelte bei mir für ca 1 Woche zu allen denkbaren Zeiten das Telefon. Niemals hat sich jemand gemeldet. Es wurde auch keine Telefonnummer angezeigt

Hast du dir nie überlegt (damit meine ich genau überlegt) wie so etwas technisch möglich sein kann? Und wenn es technisch nicht möglich ist, was ist es dann - du hast es dir schließlich nicht eingebildet. Bist du nicht neugierig? Wenn die Seele deiner Frau weiterexistiert, was gäbe es da für Erklärungen dazu. Was ist die Seele, was ist Bewußtsein und nicht zuletzt was sind Gefühle. Damit meine ich nicht die Erklärungen, die wir alle gelernt haben - spüre in dich, suche seriöse Quellen.
Versuche deinen Gedanken eine Richtung zu geben. Dabei bleibt deine Frau im Mittelpunkt deiner Gedanken, aber es findet eine Entwicklung statt.

Vielleicht hast du Lust im Thread "sie ist immer noch da" ein bisschen zu lesen.
http://www.krebskompass.de/Forum/sho...3381&eintrag=0

Oder vielleicht die Geschichte von Peter, der seine Frau verloren hat.
http://www.jenseits-de.com/g/wie.htm

Es gibt so viel zu entdecken, Rollo - und ich bin sicher, es wird dich - spirituell - zu deiner Frau führen.

Versuch's mal - es sein lassen kannst du immer noch.
Kannst mich auch gerne persönlich anmailen: smilie@aonmail.at

Ich wünsch dir alles Liebe und viel Kraft
Afra
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