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Alt 11.01.2009, 14:13
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo Heike,

Zitat:
Zitat von Heike_K Beitrag anzeigen
Ich weiß allerdings nicht ob mir solch drastischen Formulierungen nicht noch mehr Angst gemacht hätten als ich eh schon hatte.
Da ist halt jeder anders. Wenn etwas aussieht wie eine Ente, quakt wie eine Ente, und jeder weiss, dass es eine Ente ist... Dann kann man Ente dazu sagen oder es irgendwie höflich umschreiben. Ist alles OK. Ich weiss sehr wohl, dass ich oft konfrontativ und provokativ bin, auch in der Wortwahl. Glaube aber kaum, dass ich mich da auf meine alten Tage noch schnell mal ändern kann.

Zitat:
Ich persönlich denke nämlich, dass diese Formulierungen wenn man sie so liest wesentlich "brutaler" klingen als man sie dann tatsächlich empfindet wenn man es dann erlebt. Wisst ihr was ich meine?
Ich denke schon. Der Prozess des Sterbens meiner Frau war nicht in allen Aspekten schön und friedlich. Trotzdem bin ich dankbar dafür, dass sie mich dabei haben wollte und ich dabei sein durfte. Und die paar rein physisch unangenehmen Dinge beeinträchtigen doch nicht meine Gefühle für meine Frau, und es beschädigt auch nicht ihr Ansehen, die anzusprechen. Für mich ist selbstverständlich, dass ich wieder dabei wäre, daran ändert doch ein bischen Ekel und Würgereiz nichts. Weil ich das so will und es wichtig finde. Dass das Leben nunmal nicht immer schön und keimfrei ist, weiss doch wohl jeder Mensch. Wer das erwartet, noch dazu beim Sterbevorgang, für den ist es IMHO höchste Zeit, mal dem Leben ins Gesicht zu schauen. Und sich entsprechend zu entscheiden (wiegesagt, ich finde es überhaupt nicht schlimm, wenn jemand sowas nicht erträgt oder einfach nicht miterleben will).

Zitat:
Und wenn ich das hier alles so lese merke ich was für ein großes Glück es war, er durfte friedlich gehen.
Das durfte meine Frau auch. War zumindest mein Eindruck. Trotz Muskelkrämpfen und Erbrechen. Sie konnte loslassen und recht schnell gehen.

Zitat:
er hört einfach auf zu atmen, aber in absolut genau diesem Augenblick sah er schon ganz anders aus. Ich kann das gar nicht beschreiben, seelenlos trifft es vielleicht am ehesten obwohl es vielleicht bescheuert klingt. Aber in diesem Moment war der Körper einfach nur noch Hülle und er selbst war weg. Spürbar weg.
Meine Frau wollte 3 Tage lang aufgebahrt werden. Und ich dachte vorher, dass ich diese lange Zeit auch brauchen würde, um Abschied von ihr zu nehmen. Das war nicht so. Schon wenige Stunden nach ihrem Tod, spätestens, als die Hausärztin da war und pro forma nochmal den Herzschlag gefühlt hat... ab da war ich, als ich den Leichnam meiner Frau gesehen habe, ganz seltsam "gefühllos". Und dieser Zustand hat die nächsten Tage angehalten. Mir war schnell im Herzen klar, dass sie das nicht mehr ist - sondern da nur noch eine seelenlose Hülle liegt. Ich war selbst etwas erschrocken, dass ich meine Frau an diesen Tagen immer wieder gleich "teilnahmslos" anschauen und anfassen konnte.

Was sich noch 2 Tage lang gehalten hat (bei mir und meiner Schwägerin) war die Illusion (oder der Wunsch), dass meine Frau, kaum kommt man ins Totenzimmer, scheinbar noch atmet. Gleich öffnet sie die Augen und wacht wieder auf! Bis das (trotz besseren Wissens) vom Gefühl her angekommen war, hat es etwas Zeit gebraucht. Dann war auch das OK. Und der Bestatter konnte sie abholen kommen.

Zitat:
Ich bin dankbar dass er mich dabei sei ließ, ich bin überzeugt davon, er hätte es verhindern können wenn er es anders gewollt hätte, ich hab immerhin einige Stunden Autofahrt vor mir gehabt bis ich bei ihm war.
Aber er wusste bestimmt wie es mich gequält hätte wäre ich zu spät gewesen...
Genau so empfinde ich das bei meiner Frau auch. Dankbarkeit dafür, dass sie mich dabei haben wollte, und sich nicht "klammheimlich" vom Acker gemacht hat. Sie war halt die beste Ehefrau der Welt. Bis zuletzt.

Viele Grüße,
Stefan
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