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Alt 26.10.2002, 18:32
Gast
 
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Standard Kübler-Ross und ihr Sterbephasen Modell

Lieber Lillebror,

Dir geht es darum das Menschen zu früh als Sterbend eingestuft werden, sehe ich richtig ja? Also ich gehe mal davon aus, das dem Krebspatienten von den Ärzten gesagt wird "wir können nichts mehr für sie tun, sie werden sterben" das ist nämlich der Fall den ich kenne, wenn Du was anderes meinst, beschreib mir ein Beispiel. Es gibt gewisse Umstände zumal wenn die Behandlung eingestellt wird, die zum Tod führen und wo wirklich klar ist, das man daran sterben wird. Wie lange man dann noch lebt hängt allein vom Überlebenswillen des einzelnen ab. Was dann kommt nennt man Sterbebegleitung. So habe ich das erlebt.

Für Menschen, wie mich, die dann aufeinmal vor der Aufgabe stehn jemanden "begleiten" zu müssen und auch zu wollen, sind diese Bücher voller hilfreicher Tipps. Wie gesagt ich habe nicht direkt KR gelesen, sondern ein Buch zur Sterbebegleitung, das sich unter anderem auf KR bezieht.

Machst Du Dir auch wirklich klar, das diese Phasen nicht in Chronologischer Reinfolge ablaufen und bei jedem Menschen anders sind??? Man kann mit Phase 5 starten danach in Phase 3 rutschen, niemals Phase 1 erreichen. In meinem Buch wird da deutlich daraufhin gewiesen. Das es diese Phasen gibt kann man glaube ich nicht leugnen, also eine Phase wird wohl immer stimmen, sei es "Auflehnen" oder "Annahme". Worauf ich hinauswill ist, das es für den Angehörigen gut ist zu wissen, das der Patient in Phasen steckt, die sich wandeln, wiederholen, mal länger mal kürzer dauern können. Sonst steht man doch völlig hilflos daneben und weiß nicht was man tun soll. Es ist doch auch gut zu wissen, das jemand der heute in "Depression" steckt morgen vielleicht nochmal in "Auflehnung" findet. Dass "zieht" man sich aus diesen Büchern zu verstehen was man da erlebt, ums "Behandeln" geht es meiner interpretation zur Folge nicht, nur ums verstehen.

Das Problem ist doch das die Angehörigen teilweise dieselben Phasen durchlaufen wie der Patient, auch Angehörige wollen es nicht warhaben und lehnen sich dagegen auf. Angehörige sind genauso Opfer. Kompliziert wird es wenn Angehörige und Patienten in unterschiedlichen Phasen stecken. Ich muste lernen zu akzeptieren, dass meine Mutter sterben wird, um es ihr leichter zu machen. Sie hat es angenommen und das konnte ich erst gar nicht verstehen.

Welche Phasen meine Mutter durchlaufen hat, kann ich nicht sagen denn ich habe sie nicht auf Phasen hin beobachtet, wie gesagt um Phasen habe ich mich nicht gekümmert. Aber ich kann Dir sagen das ich Phase 2 "Auflehnung" und Phase 5 "Annahme" selbst erlebt habe und das Teilweise gleichzeitig. Eine Freundin konnte das nicht verstehen, sie hatte keine Ahnung von irgendwelchen Phasen. Sie sagte mir ein halbes Jahr später, ich hätte mir damals selbst dreimal in einem Satz wiedersprochen und da hätte sie gar nicht gewust was sie sagen sollte. Sie wuste nicht, dass es nicht nötig war eine Antwort parat zu haben, das zuhören gereicht hätte. Sie hat den kontakt zu mir abgebrochen. Das nenne ich abschreiben. Jemanden allein lassen.

Ich hoffe das ich in einer solchen Situation Menschen bei mir hätte, die mich nehmen wie ich gerade bin, die meine Hand halten und bei mir sind. Meine persönliche Erfahrung sagt mir, dass wen man sich wirklich in Sterbephasen, das Bewustsein kann vielleicht leugnen, das Unterbewustsein wird es wissen, befindet, diese Dinge überhaubt keine Rolle mehr spielen. Man nimmt seine Angehörigen gar nicht mehr so wahr. Ihre Ängste, Sorgen und Nöte sind dann schon sehr weit weg. Da hätte ich keine Angst "falsch" Unterstüzt zu werden, ich würde es kaum merken.

Was ich persönlich zum Thema Krebs gelernt habe, ist das Heilung von Innen kommt. Wenn jemand kämpfen will, würde ich ihn immer darin unterstützen auch wenn die Ärzte aufgegeben haben. Genauso würde ich aber immer jemanden beim Sterben begleiten, wenn er sich für diesen Weg entschieden hat. Der Patient entscheidet und niemand sonst. Natürlich sind seine Äußerungen zu berücksichtigen, da stimm ich Dir zu.
Als meine Mutter zu meinem Vater sagte " Pack mir genug Unterhosen" ein, war uns dank KR klar, das sie sich gedanklich auf ihre Reise vorbereitet. Oder hätten wir sie wörtlich nehmen und ihr eine Tasche voller Unterhosen packen sollen? ;-)

Ich habe gelernt, dass die Möglichkeit sich auf den eigenen Tod vorzubereiten das Kostbarste ist, das wir haben. Wir können den Zeitpunkt nämlich sehr wohl selbst bestimmen. Das finde ich sehr tröstlich. In Frieden mit sich selbst zu gehen.

Ich betone lieber nochmal, dass ich von meinen Erfahrungen ausgehe. Erzähl doch mal wie Deine negativen Erfahrungen aussahen? Vielleicht wird Dein Standpunkt dann klarer. Meine Mutter ist zu Hause gestorben und wollte keine professionelle Unterstützung, ich weiß daher nicht wie im Krankenhaus oder im Hospitz mit KR umgegangen wird.

Gruß Tanja
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