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Alt 01.07.2003, 10:43
Gast
 
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Standard tja, wieder einer mit so einer diagnose...

Lieber Holger,
die Frage, "was wäre gewesen,wenn....." hilft hier leider nicht weiter. Es gibt immer wieder Dinge, die man im CT oder MRT nicht klar abgrenzen kann aber die man dann intraoperativ sieht / erfährt. Und wenn es einfach zu viele kleine oder kleinste Metastasen sind, geht vieles im operativen Bereich einfach nicht mehr.
Zur "Übersetzung" des Befundes: die Metastasierung ist im Vergleich zur Voruntersuchung vom 20.01.03 deutlich fortgeschritten, sowohl in Größenzunahme der bekannten Metastasen, sowie auch in der Abgrenzbarkeit neuer Herde in der Lunge und im Rippenfell. Ebenfalls neu hinzugekommen sind durch Metastasierung vergrößerte Lymphknoten im mittleren Bereich des Brustkorbes vor der Lufröhre und seitlich des Aortenbogens ( also im oberen Bereich der Hauptschlagader ). Die unveränderte narbige Struktur im rechten unteren, seitlichen Bereich der Lunge könnte durchaus von einer Vor-OP sein.

Und jetzt gibt es nur noch eines: nach vorne schauen, sich von der OP erholen und in der Zwischenzeit neu orientieren! Niemand lebt "EWIG", es gibt aber die Möglichkeit, Leben evtl. zu verlängern! Und es gibt die Möglichkeit, mit der Immun-Chemo evtl. das Wachstum der Metastasen einzudämmen! Ich wiederhole mich jetzt noch einmal: eine GARANTIE gibt es nie, aber es gibt eine 30-40%ige CHANCE, die in randomisierten Studien BEWIESEN ist!!! Und das hat Euch auch der Onkologe empfohlen! (Was Du von ihm nicht verstanden hast, ist vermutlich das Medikament 5 FU )

Wollt Ihr Euch "kampflos" ergeben???

Natürlich weiß niemand, WANN die Uhr abgelaufen ist. Und es weiß auch niemand ( VOR der Therapie ), ob die Therapie greift. Aber EINES weiß ICH ganz bestimmt: sie ist nur JETZT ( nachdem Dein Vater sich von der OP erholt hat UND seinen WILLEN wieder gefunden hat ) durchzuführen, NICHT mehr dann, wenn es ihm schlechter geht! JEDE andere naturheilkundliche Therapieform (oder auch JEDER andere Versuch mit diversen Mittelchen, die Ihr in Erwägung zieht )ist JEDERZEIT noch machbar. Und Psychotherapie ist IMMER parallel dazu durchzuführen!

Ich will Euch auf keinen Fall zu der Immun-Chemo überreden, dazu ist sie viel zu anstrengend und viel zu ernst, um jemanden dazu "überreden" zu können oder zu wollen. Aber Ihr werdet eine Entscheidung treffen müssen, so oder so. Es bringt nichts, kontinuierlich im Kreis zu laufen. Das kostet nur Kraft und Nerven, die Ihr bestimmt anderweitig braucht. Und bei der Entscheidung ist Dein Vater gefragt! Vielleicht nicht jetzt sofort, vielleicht braucht er noch Zeit ( bestimmt sogar ). Aber ER wird sich entscheiden müssen (ggf. nach Onko - Psychotherapie vielleicht in einer Klinik??, die ihn stärkt und so zu einer Entscheidung fähig macht ). Und er muß dazu um die Umstände wissen, um die verschiedenen Möglichkeiten, um die Begleitumstände, um die Chancen .....

Aber an erster Stelle ( bevor er sich damit auseinandersetzen kann ) wird er lernen müssen, daß es auch ein Leben MIT Krebs gibt. Und ich befürchte, daß IHR ihm das nicht vermitteln könnt. Womit ich nicht Euch persönlich meine, sondern allgemein spreche. Man kann einem Menschen, der so am Boden zerstört ist durch eine solche Diagnose nicht das "Leben schmackhaft machen" und ihn "aufmuntern", so sehr Ihr Euch das auch wünscht!
Ich weiß, daß Ihr "nur" helfen wollt in Eurer eigenen Verzweiflung. Aber Dein Vater braucht Zeit - Zeit zum Weinen, Zeit für seine Angst, Zeit für seine Trauer, Zeit für seine Verzweiflung.....Zeit sich wieder zu finden. Und das kann er nur, indem Ihr in lasst: weinen lasst, traurig sein lasst, reden lasst....
Und professionelle Hilfe würde ihm dabei bestimmt sehr gut tun. Wie steht Dein Vater dazu? MÖCHTE es solche Hilfe annehmen? Denn dann könnt Ihr etwas tun: Adressen abklappern, um eine freie Therapiestelle für ihn zu suchen ( oder Klinik ), damit er möglichst zügig in eine solche Therapie einsteigen kann.
Denn das ist es, was er im Moment m. E. als erstes braucht: "Seelenfestigung", um ohne PANIK über neue Möglichkeiten nachzudenken. KEINE Therapie, auch nicht die beste, hat gute Chanchen auf Erfolg, wenn der Patient sie ablehnt oder nur widerwillig, aufgezwungenerweise über sich ergehen lässt!
Gib Deinem Vater ZEIT !!! Und auch Ihr braucht Zeit, um die neue Situation anzunehmen, um REALISTISCH über Eure Möglichkeiten nachzudenken und um nicht in Panik zu verfallen, in der Ihr realistische Möglichkeiten in Eurer Panik überseht. Ansonsten dreht Ihr Euch wirklich nur im Kreis und verausgabt Euch bereits am Anfang!
In diesem Sinne liebe Grüße,
Ulrike
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