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Alt 06.02.2019, 04:31
lotol lotol ist offline
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Standard AW: Osteosarkom im hohen Alter?

Lieber Alter Stassfurter,

es ist immer eine recht schwierige und auch individuell unterschiedliche Sache, wie man innerfamiliär miteinander umgeht.

Dazu bedarf es gewisser "Feinfühligkeiten", zu denen man als Außenstehender konkret leider rein gar nichts sagen/raten kann.

Es besteht natürlich zwischen Eltern und Kindern auch immer eine Diskrepanz an Lebenserfahrungen.
Die manche Eltern dazu veranlasst, aus ihren Erfahrungen evtl. falsche Rückschlüsse zu ziehen.
Umgekehrt gilt das natürlich genau so.

Zitat:
Die Haltung meines Vaters resultiert eventuell daraus, dass er mehr weiß, als er zugeben will. Seine Sorge besteht nicht darin, was aus ihm wird,sondern,was aus seiner Heidi würde, wenn er nicht mehr für sie da sein kann. für mich als seinen Sohn steht außer Frage, seine Wünsche zu achten. Ich hab lediglich versucht, mit ihm über eventuelle Therapien zu reden. Hier fängt er aber an, zu blocken. Nicht aggressiv, aber bestimmt. Ich weiss von seiner COPD, seinen Lungenproblemen, der Gicht, den 3 Stands, Zucker...daraus resultiert für mich eine gewisse Resignation meines Vaters. Er sagte mir, "Junge, was soll ich noch vom Leben erwarten? Ich habe über 42 wundervolle Jahre mit der Heidi gehabt." Wenn ich dann sage, es könne ja auch noch etwas länger werden, "lacht" er traurig. Das schaffe er nicht mehr. Die Veränderungen in seiner körperlichen Leistungsfähigkeit lassen sich ja nicht einfach ignorieren. Die E-Mails änderten sich an dem Tag, als er mir von seiner "Entdeckung" schrieb. Ich denke, er war mental am Boden.
Ich weiß nicht so recht, was das bedeuten soll:
Da sprichst Du mal davon, daß Dein Vater mehr weiß als er zugeben will und dann von "Entdeckung" von ihm, nach der sich etwas veränderte.

Worum genau geht es dabei?
Hast Du das Deinen Vater schon mal klipp und klar gefragt?

Falls nicht, kann ich Dir nur raten, das schnellstmöglich zu tun.
Damit Du es nicht irgendwann bereuen mußt, das nicht getan zu haben.

Um es mal ganz unverblümt zu formulieren:

1) Wenn jemand "abgekratzt" ist, ist damit auch jede Chance "vertan", um noch irgendwas klären zu können.

2) Es gibt Unterschiede zwischen Generationen darin, worüber die jeweils bereit sind, überhaupt reden zu wollen.

Jüngere Generationen haben diesbzgl. m.E. eine gewisse "Bringschuld" darin, "verhärtete" Positionen älterer Generationen "aufweichen" zu müssen.
Ungefähr so nach dem Motto:
"Steter Tropfen höhlt den Stein".

"Bohr" also bei Deinem Vater unermüdlich nach.
Konfrontier ihn mit Deinen Fragen, die nur er Dir beantworten kann.

Ansonsten ist es ja schön und gut, daß Dein Vater 42 wundervolle Jahre mit seiner Heidi verleben konnte und durfte.
Fast wäre ich geneigt dazu, zu sagen, daß dies ein beneidenswerter Ausnahmefall zu sein scheint.

Ist jedoch momentan hier nicht das Thema.
Rein arithmetisch ergibt sich aus 82-42 = 40.

Welche Interessen hatte Dein Vater in den 40 Jahren vor Heidi?
Und konnten diese Interessen durch Heidi wirklich komplett verdrängt worden sein?

Sowas kann ich mir wirklich nicht vorstellen.
Weil uns unser Leben eine ganze Menge unterschiedlich gelagerter "Glücks-Empfindungen" zu bieten vermag.
All das nur auf eine partnerschaftliche zu reduzieren, ist für mich unvorstellbar.

Wenn Dein Vater meint, er könne etwas nicht mehr schaffen, dann akzeptier das.
Frag ihn dabei aber auch gleichzeitig, was er sich noch zutraut, schaffen zu können.

Und dann unterstütz ihn dabei, das auch "durchziehen" zu können.
Halt dabei Deine Ansichten dazu bitte nicht im Verborgenen.
Sondern sag Deinem Vater, was Sache ist.

Damit er lernen kann, damit bestmöglich umgehen zu können.

Manchmal denke ich, daß sich zwischen den Generationen die Dinge umkehren:
Unsere Eltern ziehen uns aus dem Nichts heraus groß und wir Kinder begleiten unsere Eltern dann in das Abgleiten in das Nichts.

Ersteres ist progressiv und Letzteres degressiv.
Ist an sich das Normalste auf unserer Welt.
Können wir alljährlich auch in der Natur beobachten:
Das ewige "Kommen" und "Vergehen".

Darum muß man nicht unbedingt recht viel Aufhebens machen.
Sondern eher versuchen, es so hinzunehmen, wie es ist:
Vorbestimmt durch die Natur.
Auch bei uns menschlichen Säugetieren.

Liebe Grüße
lotol
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Krieger haben Narben.
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1. Therapie (2016): 6 Zyklen R-CHOP (Standard) => CR
Nach ca. 3 Jahren Rezidiv

2. Therapie (2019/2020): 6 Zyklen Obinutuzumab + Bendamustin => CR
Nach ca. 1 Jahr Rezidiv, räumlich begrenzt in der rechten Achsel

3. Therapie (2021): Bestrahlung
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