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Alt 20.03.2003, 23:12
Gast
 
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Standard Es ist zum wahnsinnig werden...

Vielen, vielen lieben Dank für die vielen Beileidsbekundungen!
Auch wenn ich das vorher niemals geglaubt hätte, muss ich doch sagen, es hat mir sehr geholfen. Natürlich auch die Kommentare in der Zeit davor. Nochmals danke.
Als mein Vater starb, hatte ich eigentlich gedacht, ich würde nichts mehr im Forum schreiben, aber ich denke, ich bleibe doch noch ein wenig dabei. Es lindert einfach den Schmerz - wenn auch nur ein kleines bißchen.

Zwei kleine Nachträge noch:

Ich weiss (heute), dass BSDK mit bildgebenden Verfahren kaum zu erkennen ist, und wenn, dann nicht sicher. Aber das hätte der Radiologe auch wissen müssen. In seiner schriftlichen Diagnose hat er festgehalten, dass es keinen Anhaltspunkt für Krebs gab (es gab sehr wohl den einen oder anderen) und meinem Vater hat er gesagt, dass er sich keine Sorgen zu machen braucht. Ein Radiologe darf NIEMALS BSDK zweifelsfrei diagnostiziren oder ausschließen. Eine Raumforderung war deutlich zu sehen, das hat er auch festgehalten, 6 cm groß, der Radiologe hat sie als Zyste interpretiert. Später wurde bei meinem Vater ein Tumor gefunden, 6 cm groß. Soviel dazu.
Ich habe auch von keinem Arzt erwartet, dass er mir genau sagt, wann mein Vater stirbt. Es hat uns nur leider keiner darauf vorbereitet, dass es sein KANN, dass es so schnell geht. Wir haben uns auf einen langen Leidenweg eingestellt, wussten nicht, ob er ab dem erwähnten Wochenende drei Wochen oder sechs Monate dauern würde, nur auf wenige Tage waren wir einfach nicht gefasst. Hätte mein Vater gewusst, dass die Möglichkeit besteht, dass es so schnell geht, hätte er sich vielleicht halbwegs darauf einstellen und sich noch verabschieden können.

Resistenz bei Chemotherapie: Das gibt es prinzipiell. Irgendwann lernt der Tumor, sich gegen das Gift zur Wehr zu setzen. Wann das ist, kann niemand sagen. Bei manchen Krebsarten geht der Tumor auch vorher zu Grunde. Außerdem finde ich die Formulierung "Chemo schlägt nur einmal an" sehr irreführend. Was ist einmal? Bei BSDK wird in der Regel einmal pro Woche eine Infusion durchgeführt. Das drei Wochen lang, dann ist eine Woche Pause. Das nennt man einen Zyklus, wenn ich mich nicht irre. Die Ärzte in Tübingen haben uns gesagt, erst nach dem zweiten Zyklus (d.h. nach 8 Wochen) kann man sagen, ob die Therapie anschlägt. Dann kann die Therapie (wenn sie anspricht und keine allzu großen Nebenwirkungen auftreten) noch Monate durchgeführt werden. Wie es bei Rebeccas Vater genau ist, kann man natürlich so nicht sagen, aber man muss ja nicht immer gleich vom schlimmsten ausgehen.

Lasst Euch bloß nicht unterkriegen. Ich habe in Tübingen auch viele Krebspatienten gesehen, die seit langer Zeit eine ambulante Chemotherapie bekommen haben und auf den ersten Blick quietschfidel waren. Meine Schwester hat mir von anderen erzählt, die sie öfters trifft, denen sieht man zwar die Krankheit an, aber auch sie gehen aufrecht durchs Leben, haben die Schmerzen im Griff und halten sich ganz gut und manchen geht es auch mit der Zeit besser.
Jeder Fall ist anders. Macht Euch auf alles gefasst, auch auf das schlimmste. Seid für Eure Angehörigen da, helft ihnen, aber verzweifelt nicht, davon haben sie nämlich nichts. Als ich meinen Vater eines Abends kurz vor dem Gehen gefragt habe, ob er noch etwas braucht, was wir am nächsten Tag mitbringen könnten hat er einen Augenblick überlegt und dann geantwortet "Gute Laune. Bringt gute Laune mit. Schlecht habe ich selber genug."
Das war nur sehr schwer zu Hause zu finden, aber wir haben ihm ein bißchen davon mitgebracht.

Gerd

"Shirts in the closet,
shoes in the hall
Mama's in the kitchen,
baby and all
Everything is everything
Everything is everything
But you're missing

Coffee cups on the counter,
jackets on the chair
Papers on the doorstep,
but you're not there
Everything is everything
Everything is everything
But you're missing"

B. Springsteen
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