Einzelnen Beitrag anzeigen
  #35  
Alt 10.12.2012, 14:27
AnneMelanie AnneMelanie ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 28.08.2012
Beiträge: 15
Standard AW: Oligodendrogliom WHO II-WHO III

Liebe Silke, liebe Chaoskatze!

Melde mich nach langem wieder und danke für eure lieben Worte, schön zu wissen, dass es "Leidensgenossen" gibt, die auch ohne viele Worte verstehen wie es einem geht und in einem aussieht!

Es gibt viel zu berichten, wir bekamen einen Platz auf der Palliativstation und ich muss sagen, er war dort sehr gut aufgehoben und es erleichterte uns den Alltag sehr.

In dieser Zeit war es uns auch möglich vieles zu regeln, meine Mum hat die rechtliche Betreuung bekommen und auch eine Patientenverfügung wurde aufgesetzt, mein Vater konnte in einem wachen Moment zum Ausdruck bringen, dass er keine weitere OP mehr wünscht und das können wir respektieren, auch wenn man gerne alles mögliche machen möchte, um die Zeit zu verlängern.

Die Palliativ behielt ihn lange bei sich, aber auch hier war der zeitliche Aufenthalt begrenzt, wir rutschten unglaublich schnell auf Platz eins der Hospizwarteliste.

Zum aktuellen Zustand meines Dad's-er hat sehr grosse kognitive Einschränkungen, Motorik top, Kurzzeitgedächtnis fast bei Null, Langzeitgedächntis nur bedingt zu Teilen abrufbar, zeitliche Orientierung eingeschränkt, ebenso Situativ, zur Person und Örtlichkeit keine Probleme.

In Geprächen mit ihm wurde klar deutlich, dass er auf keinen Fall in das Hospiz möchte, durch seine Wesensveränderungen wird er schnell laut und zornig, was dann für meine Mum schlechter händelbar ist.

Wir mussten ihn also in die Kurzzeitpflege in ein Heim geben, da eine 24-Std.Betreuung zu Hause nicht möglich ist, meine Mum ist allein, ich bin zu weit weg und wir können nicht ständig Nachbarn fragen, ob sie ihn in Obhut nehmen können, wenn meine Mum zum Beispiel Besorgungen tätigt.

Er ist durch sein eingeschränktes Sichtfeld stark Sturz gefährdet und leider fehlt ja an der einen Schädelseite ein Stück Schädelplatte, so dass man noch mehr aufpassen muss was er tut und wo er hinläuft.

Leider ist er in dem Heim so depressiv geworden, dass er seit dem 08.12. zu Hause ist und auch dort bleibt, er rief uns alle paar Stunden an, weinte bitterlich und wurde auch sehr wütend am Telefon weil ihm jegliches Verständnis zur Situation fehlt.

Für meine Mama ist eine absolute Ausnahmesituation, aber sie meistert es sehr gut, sie hat für Juni eine Reise für die beiden gebucht-ohne Reiserücktritt-an's Nordkap, es war immer ihr Wunsch dort hin zu reisen, nun will sie es mit ihm in den Angriff nehmen, wie sagte sie so schön am Telefon: und wenn ich ihn im Rollstuhl dahin schieben muss, wir fahren.

Bei der letzten Kontrolluntersuchung vor ein paar Wochen kam das Ergebnis, dass der Tumor insgesamt stillsteht, vielleicht hat sich die Gehirnhautentzündung doch auf das BIEST gesetzt-nur eben zu welchem Preis.

Aber wenn man bedenkt welche Phasen wir bereits durchlebt haben, von NotOP über "Wachkoma" bis hin zur absoluten Desorientierung, können wir froh sein ihn noch bei uns zu haben, wenn der Weg des Verstehens auch noch lang sein wird.
Er wird eben nicht mehr der ALTE sein, aber ist da!!!

Im Februar reise ich für 4 Wochen nach Thailand und hoffe da ein wenig zur Ruhe zu kommen und Kraft zu schöpfen, denn ihr habt Recht, man verliert sich schnell selbst aus den Augen und stürzt sich absichtlich in Alltagsstress um einen gewissen Grad an Ablenkung zu bekommen.
Weinen tut man leise, heimlich und allein, teils auch innerlich, dann schnürren einem alle Gedanken den Hals zu und man ist wie gelähmt, aber man muss sich immer wieder motivieren zu LEBEN.

Wir haben nur dieses eine zur Verfügung gestellt bekommen...

Geändert von AnneMelanie (10.12.2012 um 14:30 Uhr)
Mit Zitat antworten