Thema: Zuversicht
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Alt 07.04.2005, 16:02
Gast
 
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Standard Zuversicht

Hallo an Alle,

ich habe mich nun schon sehr lange Zeit nicht mehr gemeldet. Obwohl ich jeden Tag im Forum gelesen habe, hatte ich nicht die Kraft etwas zu schreiben. Die Verzweiflung ist im Moment bei meiner Tochter und mir so groß, daß wir zu gar nichts anderem mehr fähig sind, als automatisch unsere Arbeit zu verrichten, uns um meinen Mann (ihren Dad) zu kümmern und todmüde ins Bett zu fallen und doch nur schlecht zu schlafen. Seit 2 Tagen ist er nun wieder bei mir zu Hause und ich bin sehr froh darüber, aber der schlimmste Augenblick ist morgens wenn ich aufwache. Zuerst halte ich den Atem an, um zu hören, ob er noch atmet und dann blicke ich in sein Gesicht. Pergamentartig spannt die Haut über den Knochen und die Verzweiflung überfällt mich. Gedanken zwischen.. Mitleid, "warum gerade er" und unbändige Liebe lähmen mich. Ich wußte, daß es schnell gehen kann, aber so schnell. Nach der Diagnose am 17.12. Tumor von 2x2 cm und Pfortaderthrombose und es ging ihm so gut und nun ist er nur noch im Krankenhaus und besteht von der Brust aufwärts nur aus Knochen und abwärts nur aus Wasser.

Bis jetzt hat er nur 2 Chemos erhalten und wer weiß, ob es noch mehr werden.
Am 16. März bekam er die 2.Blutung. Da sie nicht so stark war, sind wir mit dem Taxi ins Krankenhaus, damit er auch in das Richtige kommt. Auf der Aufnahme-Intensivstation lag er mit dem Mann von Eva-Maria aus dem Cup-Syndrom Thread für einen Tag zusammen (ja,ja der Krebs Kompass trifft sich auch mal durch Zufall). Er bekam wieder zwei Bluttransfusionen und als er nach 7 Tagen nach Hause kam, war er nicht mehr derselbe. Nur noch schlapp und abgemagert und schon 7 Tage später am Dienstag nach Ostern wieder Chaos in der Nacht. Bereits seit 2 Tagen war er nervlich am Ende und niemand wußte warum und auf die Nerventabl. vom Arzt schlief er nur noch und konnte deshalb nichts essen und trank zuwenig. Dann bekam er Durchfall und konnte nicht mehr urinieren. Daraufhin rief ich den Notarzt. Statt ihm kam dann der Sanitäter und teilte mir mit, daß ich den Krankentransport selbst zahlen muß. Manchmal sind die Ereignisse so bizarr, daß man es kaum glauben kann und es kam noch besser. In der Notaufnahme wurde mir mitgeteilt, daß sie nichts für ihn tun könnten, wir müßten rauf zum Urologen. Dort bekam er einen Katheder gesetzt und der Arzt meint, nun könne ich ihn wieder mit nach Hause nehmen. Erst auf meinen Protest, daß mein Mann im Moment dehydriert und ohne Nahrung wäre und außerdem würde er nicht richtig atmen (ich als Asthmatiker kann das nun wirklich sehr genau beurteilen, wenn jemand beim atmen zieht) wurde nochmal in der Notaufnahme angerufen und er durfte dort bleiben. Natürlich wurde mir auch dort nochmals versichert,daß das nun wirklich nicht nötig wäre. Als ich um 4°° ging war er müde, aber sonst ganz OK.
Am nächsten Vormittag ging ich mit meiner Tochter rein und dachte mich trifft der Schlag. Der Mann, den ich doch mit nach Hause nehmen sollte weil ihm nichts fehlt lag im Bett mit Sauerstoffmaske und bekam kaum Luft. Seine Augen waren panisch aufgerissen und er hatte Fieber. Ich schnappte mir sofort einen Arzt und erfuhr, daß er eine schwere Infektion hatte. Es stellte sich später heraus, daß sich der Stent verschlossen hatte und nach dem Herausnehmen sah man, daß darunter alles voll Eiter war. Nun lag er also wieder eine Woche drin und bekam Tag und Nacht Infusionen. Konnte nur mehr verwirrt sprechen und nicht mehr laufen. Er sieht nun leider langsam selbst ein, wie schlecht es ihm geht und das ist das Schlimmste. Der Arzt wollte mit mir sprechen, weil mein Mann eine Patientenverfügung hat. Er wollte wissen, wie weit sie noch etwas machen sollen, weil die Varizen immer poröser werden und die nächste Blutung vor der Tür steht. Er meint, bei einer größeren Blutung wäre es sowieso zu spät, bis er in Behandlung käme. Natürlich möchte ich nicht, daß er noch mehr leiden muß als es jetzt schon der Fall ist. Und der neue Arztbericht ist so viel schlechter, als der vor einer Woche. Nun vergrößert sich das Herz, die Milz und Leber usw. und die Aszites wird auch so schlimm. Er kann auch nicht mehr sehr viel essen und wird noch dünner werden.

Da wir im 4.Stock ohne Lift wohnen, ist er nun einverstanden, daß er einen Rollstuhl für die Spaziergänge bekommt und nun warten wir auf seinen "Rolls Royce".

Ich liebe ihn und nächsten Sonntag wird er 56. Im August haben wir unseren 39. Jahrestag. Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber die Frage ob er dann noch bei mir sein wird, stellt sich jeden Tag. Auch ich glaube den Prognosen der Ärzte nicht, aber ich sehe wie schnell er verfällt und jedesmal wenn er aus dem Krankenhaus kommt ist er etwas schlechter beisammen und kann weniger machen und seine Hoffnung in den Augen läßt nach. Ich sehe auch in den Arztberichten was sich wieder alles verschlechtert hat und wie wenig noch bleibt. Ich möchte ihn bei mir behalten und wünsche ihm doch im Moment ein kurzes Leiden.

Warum müssen wir und auch ihr alle nur so viel leiden. Ich hoffe bald wieder etwas positiver schreiben zu können.

Bis dann

Delia
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