Einzelnen Beitrag anzeigen
  #8  
Alt 01.02.2005, 11:23
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Hinterbliebene/ Wien

Liebe Maria Judith,

mein aufrichtiges Beileid zum Tod deiner Mutter. Vielleicht kann ich dir ein bisschen mit meiner Geschichte weiterhelfen.

Meine Mutter starb im Alter von 56 Jahren und ist jetzt seit 12 Jahren tod. Lange Zeit konnte ich mich nicht mit ihren Tod und noch weniger damit abfinden, wie sie gestorben ist. So gerne hätte ich gewusst, was ihre Gedanken und Gefühle vor ihrem Tod waren. Leider hat sie nie darüber gesprochen, obwohl wir ansonsten ein sehr inniges Verhältnis gehabt haben. Sie musste sehr leiden und die letzten 2 Wochen haben wir schon um ihren Tod gebetet. Natütrlich war ich sehr traurig, aber wirklich mit ihrem Tod hab ich mich nicht auseinandergesetzt. Lange Zeit hab ich mir auch Vorwürfe gemacht, dass wir sie noch in ein anderes Krankenhaus verlegt habe. Dort wurde wirklich alles für sie getan, aber eine Chance hatte sie nie. Im Endeffekt hab ich mich dafür schuldig gefühlt, dass wir ihr Leiden verlängert haben.
Vor 2 Jahren bin ich (46) an Eierstockkrebs erkrankt und anfangs hatte ich große Angst, dass ich es wohl nicht schaffen würde. Erst da hab ich dann angefangen, den Tod meiner Mutter zu verarbeiten. Ich habe erkannt, wieviele wertvolle Hilfe ich immer noch von ihr bekomme. Sie hat mich geformt und mir die Werte des Lebens vermittelt. Bei vielen täglichen Handgriffen ist sie einfach gegenwärtig und ich spreche auch jetzt sehr viel mit ihr. Ich hoffe, dass ich meinen beiden Kindern ebenfalls soviel mitgeben kann wie sie mir. Ganz bewusst nehme ich mir für meine Kinder Zeit um Momente zu schaffen, die ihnen einfach in Erinnerung bleiben. Jetzt wo ich mehr darauf achte gibt es für mich viele dieser kostbaren Erinnerungen.
Natürlich tut es mir auch noch immer weh, dass sie so früh sterben musste. Durch meine eigene Erkrankung bin ich aber dankbar geworden, dass wir eine so schöne Zeit hatten. Ich weiß, dass meine Mutter stolz auf mich ist und dass ich mein Leben so erfüllt leben kann ist auch ihr Verdienst.

Lass dir Zeit mit deiner Trauer, das erste Jahr ist da wohl am schlimmsten. Es gibt viele schwere Stunden und Tage im ersten Jahr zu überstehen, sei es nun der Tag der Diagnose oder der erste Geburtstag ohne sie. Aber es kommen auch wieder fröhliche Tage, denn der Tod gehört nun mal zu unserem Leben. Auch du wirst eines Tages ohne Schmerz an sie denken können und es werden dir viele gemeinsame glückliche Stunden einfallen.

Oft ertappe ich mich, dass ich ganz genau wie meine Mutter reagiere und zu meinen Kindern spreche - dann bin ich einfach nur glücklich!

Recht liebe Grüße und alles Gute für dich!
Margit B.
Mit Zitat antworten