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Alt 25.07.2014, 01:02
berliner-engelchen berliner-engelchen ist offline
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Standard AW: Das Schicksal ist ein mieser Verräter...

LIebe Julia,

das tut mir so leid für dich. Ich weiss genau, wie es sich anfühlt, denn unsere Vater-Verlust-Geschichten sind sehr ähnlich.

Mein Vater hat an einem 10.10. erfahren, dass er ein kleinzelliges Bronchialkarzinom in fortgeschrittenem Zustand hat. Nur noch palliativ behandelbar. Es wurde eine Chemo beschlossen. Die Ärzte sagten, er hätte nur noch einige Monate zu leben. Er hat mir das telefonisch mitgeteilt, als wir im Urlaub waren. es war ein schlimmer Schock.

Wir sind am 18.10. zurückgekommen und ich habe am 19.10. mit meinem schwerkranken Säugling den 600 km Weg zu meinem Vater angetreten und am darauffolgenden Tag, 20.10. ist er gestorben. Plötzlich, einfach so.
Es hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen und ich habe nicht Wochen oder Monate gebraucht, damit ins Reine zu kommen, sondern Jahre.

Es ist ein entsetzliches Gefühl, jemanden so schockartig zu verlieren.

Bei Dir ist es noch gar nicht lange her. Gib Dir Zeit. Einfach nur Zeit, die vergehen muss.
Aber sei Dir gewiss: es ist für deinen Vater eine gute Art zu sterben. Vielleicht die, die er gewählt hätte, würde man wählen können (bei meinem Vater war das sicher so). An einem Brochialkarzinom zu versterben ist meist ein entsetzlicher Tod voller Qual, Leid und dem Gefühl, langsam und qualvoll zu ersticken.

Mein Vater ist an einer Lungenembolie gestorben. Aus einer nicht erkannten Thrombose löst sich dabei ein Blutgerinnsel und verursacht eine Blockade in einer der Hauptschlagadern - meist Lunge, da die ja angegriffen ist. Aber auch Herz oder Gehirn. Und die Wahrscheinlichkeit, dass Krebspatienten eine Thrombose erleiden, ist extrem erhöht. Wenn Dein Paps auch noch im Rollstuhl saß und dabei keine Heparinspritzen bekam, dann liegt die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass er auf diesem Weg verstorben ist.
Dabei leidet man nicht, hat keine Schmerzen etc. Es ist - so schrecklich das klingt, verzeih mir die Offenheit - eine gute Art des Sterbens.
Mittlerweile bin ich selbst unheilbar an Krebs erkrankt, habe kleine Kinder und wenn es mal soweit sein muss, dann würde ich auch diese Art wählen.

Du hast natürlich recht, nichts wird mehr wie früher sein, aber es kann trotzdem nach und nach wieder besser werden. Ich wünsche es Dir, dass Du es bald schaffst, Deinen Vater einfach in einer anderen Form in Deinem Leben zuzulassen und immer daran denken kannst, wieviel gutes und Schönes er dir mitgegeben hat.
Er würde es sicher wollen, dass du genau das siehst und nicht darauf siehst, wieviel schöner es wäre, wäre er noch lebendig. Er ist es nciht mehr, aber das heißt noch lange nicht, dass er nicht immer in Deiner Nähe sein wird.

Alles gute für dich
Birgit
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