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Alt 24.05.2023, 10:41
Golfsierra2 Golfsierra2 ist offline
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Standard AW: Meine Sorgen und ich

Hallo Kim,
gerne begleiten wir Dich die nächste Zeit hier in diesem Forum. Ich wünsche Dir auch, dass die Diagnose keinen Krebs ergeben wird, das braucht wirklich niemand. Deine Schilderung hat mich aber an meine eigene Geschichte erinnert, die ich Dir kurz erzählen möchte:

Vor etwa 10 Jahren (ich war noch aktiver Soldat) hatte ich plötzlich geschwollene Mandeln ohne sonstige Erkältungssymptome. Nach einer Woche war es nicht besser geworden, und ich ging zu meinem Truppenarzt, immer noch völlig schmerzfrei. Der runzelte die Stirn und meinte, es wäre eine Mandelentzündung, auch ohne Schmerzen, gab mir etwas zum Gurgeln und ein paar Lutschpastillen. Wenn es nicht besser werden sollte, sollte ich in einer Woche wieder vorbeischauen.

Die nächste Woche ging ins Land und meine Mandeln blieben dick. Ich hatte Probleme beim sprechen und schlucken, so groß waren sie geworden. Nun überwies mich der Truppenarzt an eine örtliche HNO-Ärztin. Ich machte brav meinen Termin und ging hin. Auch sie runzelte die Stirn und fand keine Ursache. Sie meinte, in meinem Alter könnte ich mir die Mandeln ja entfernen lassen. Also machte ich einen Termin im nächsten Bundeswehrkrankenhaus.

Ein paar Wochen später war es soweit und die HNO-Ärztin im Bundeswehrkrankenhaus in Koblenz untersuchte mich vor dem Eingriff. Dann wurde sie mistrauisch und sagte "Ihre Mandeln sind völlig in Ordnung, sie reagieren nur auf etwas anderes." Sie tastete meine Lymphknoten am Hals ab und wurde auf der rechten Seite fündig. Sie nahm mit einer Nadel eine Probe für eine erste Begutachtung im Labor. Ich sollte auf das Ergebnis warten, es könnte Krebs sein. So verlies ich das Krankenhaus und vertrieb mir die Zeit am Deutschen Eck.

Krebs? Ich? Wieso? Mir gingen tausend Dinge durch den Kopf und mir wurde flau im Magen. Die vier Stunden Wartezeit zogen sich endlos hin. Dann kehrte ich zum Krankenhaus zurück und die HNO Ärztin bestätigte ihren Verdacht. Unter dem Mikroskop waren wohl Krebszellen erkennbar. Es wäre nun eine richtige Biopsie erforderlich, dafür machte ich für die kommende Woche einen OP-Termin ab.

Unter lokaler Betäubung wurden mir ein paar Lymphknoten aus der rechten Halsseite entfernt und sie schickten mich nach Hause. Ich bekam einen Termin in der Onkologie für die nächste Woche. Dort teilte mir die Onkologin den Befund und damit die bestätigte Krebsdiagnose mit. Ich stellte Fragen zur Behandlung und zu den Heilungschanchen und es war ein gutes, sachliches Gespräch. Die Ärztin versuchte nicht, die Krankheit schönzureden.

An die Rückfahrt nach Hause kann ich mich nicht mehr erinnern. Zuhause angekommen, informierte ich meine Frau (damals schon selber seit drei Jahren in Behandlung, schwarzer Hautkrebs). Ich goß mir einen sehr großen Cognac ein, setzte mich an den Computer und googelte alles, was ich über das Lymphom in Erfahrung bringen konnte. Behandlungsmethoden, Heilungschancen, Überlebensrate.

Rückblickend kann ich sagen, dass ich nie wirklich in Panik verfallen bin, denn die Onkologin hatte mir Mut gemacht und die Behandlung (Chemo, Nachsorge) genau erklärt. Ich denke, ich blieb einigermaßen ruhig, weil ich immer eine Chance zur Heilung gesehen habe.

Falls es Dich doch treffen sollte, verliere nie den Mut. Solange die Ärzte noch einen Pfeil im Köcher haben, besteht immer noch eine Chance. An meinem Beispiel kannst Du sehen, dass man auch Glück haben kann und alles wieder gut wird.

Ich drücke Dir die Daumen.
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17.06.13 Diagnose Foll. Lymphom IIIa Stadium I
6 x R-CHOP 21
2 x R-Mono
26.11.13 Volle Remission
Erhaltungstherapie mit Rituximab bis 12/2015
19.10.2018 12. Nachkontrolle OK

Geändert von Golfsierra2 (24.05.2023 um 10:49 Uhr)
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